Ununterbrochener Landweg vom Mittelmeer zum Nordkap
Schweden ist ab morgen per Straße und Schiene mit Dänemark und dem europäischen Festland verbunden. Mit der feierlichen Inbetrieb- nahme der Verkehrsverbindung über den Öresund durch Königin Margrethe II. von Dänemark und König Carl XVI. Gustaf von Schweden erhält ein weiterer wichtiger Teil Skandinaviens Anschluss an Europa.
Dank bereits bestehender Landverbindungen zwischen den dänischen Inseln Jütland, Fünen und Seeland heißt es am 1. Juli bei der Einweihung der Öresund-Querung zwischen Dänemark und Schweden: Ein weiterer großer Teil Skandinaviens ist mit dem europäischen Festland verbunden. Wie bei den dänischen Brückenschlägen handelt es sich bei der Öresund-Verbindung um einen kombinierten Fahrweg für den Straßen- und Schienenverkehr, der sich vom Kopenhagener Flughafen Kastrup über eine aufgeschüttete Insel bis zum schwedischen Ort Lernacken erstreckt. Bautechnisch betrachtet besteht das Projekt also aus drei Teilen: Von Dänemark aus beginnt ein 3,5 km langer Tunnel, dann folgt ein 4 km langer Streckenabschnitt auf der künstlichen Insel, danach werden Straße und Schiene von einem 8 km langen Viadukt getragen.
Auch wenn der Schlägkabelteil der Brückenkonstruktion als markanter Blickfang in einer Höhe von 57 m über dem Meeresspiegel auf einer Länge von 490 m die „Flint-Fahrrinne“ frei überspannt, ist das unterseeische Teilstück der Strecke zumindest ebenso spektakulär wie die Schrägkabelbrücke. Dieser sogenannte „Drogden-Tunnel“ besteht aus insgesamt 20 vorgefertigten Stahlbetonelementen mit einer Länge von 178 m. Jedes dieser Teilstücke besteht wiederum aus acht Segmenten von je 22 m Länge. Die Herstellung eines einzelnen Segmentes nahm rund 24 Stunden in Anspruch, erinnert man sich bei der verantwortlichen Firma „Oeresund Tunnel Contractor“, die mit großem Aufwand ein eigenes Beton- und Fertigteilwerk vor Ort errichten ließ. Nach dem Aushärten wurden die Einzelstücke ausgeschalt und hydraulisch auf einer Gleitschiene aus dem Fertigungsbereich geschoben. Wenn alle acht Segmente hergestellt und miteinander verbunden waren, wurde das Tunnelteilstück in den sogenannten Aufmarschbereich verbracht. Zuvor hatten die Leute vom Bau die einzelnen Segmente mit Hilfe von Dichtungsschläuchen untereinander wasserdicht versiegelt.
In einem nächsten Arbeitsschritt wurden die beiden Enden der Tunnelteilstücke mit Gummiprofilen versehen und die Teilstücke provisorisch mit Stahlschotten verschlossen. Nachdem an die Tunnelstücke Ballastbehälter angebracht worden waren, wurde die Schleuse zum Fertigungsbereich geschlossen, das Bassin geflutet und die Teilstücke zur Einbaustelle mit Hilfe von Schleppern ausgeschwommen.
Die Schleppentfernung zum Tunnelgraben betrugt dabei rund 20 km, wobei man – erinnert sich ein Sprecher von Öresund Tunnel Contractors – die Route so ausgesucht hatte, dass ständig „mindestens 1 m Wasser unter dem Kiel des Teilstücks war“. Da unmittelbar nach dem Anschwimmen das Absenken begann, befanden sich bereits ein Doppelrumpfponton und die erforderlichen Hebebeschläge fest am jeweiligen Teilstück. Das Absenken selbst begann mit der Flutung der jeweiligen Teilstücke bis zur negativen Schwimmkraft. Die Hebevorrichtungen wurden zum Zwecke der Horizontal- und Vertikalstabilität über Stahlseile mit dem Querträger des Doppelrumpfpontons verbunden. Danach senkte man das Tunnelelement in kleinen Schritten ab, wobei die Kontrolle der Bewegungen mehr und mehr intensiviert wurde.
Im Tunnelgraben platzierten die Leute vom Bau die Teilstücke auf einer ebenen Steinbettung . Wenn die endgültige Position erreicht war, pumpten sie das Wasser im abgesenkten Teilstück durch ein Ventil im Schott ab. Durch den hydrostatischen Druck wurde jetzt die zwischen zwei Caisson-Elementen angeordnete Gummidichtung zusammengepresst und so das Teilstück an Ort und Stelle festgehalten. In einem letzten Arbeitsschritt bedeckten die Tunnelbauer das abgesenkte Teilstück mit einer Schutzschicht aus Steinen, um – so die mit Bagger- und Erdbewegungsarbeiten betraute Öresund Marine Joint Venture (ÖMJV) – den Tunnel vor Beschädigungen durch geworfene Anker oder auch durch ein möglicherweise gesunkenes Schiff wirkungsvoll zu sichern.
Ebenso, wie der Drogden-Tunnel, der derzeit längste im Caisson-Verfahren hergestellte Unterwassertunnel der Welt, ist auch die anschließende Öresund-Brücke ein Bauwerk der Superlative. Mit einer Höhe von mehr als 200 m schon weithin sichtbar flankieren die beiden Pylonpaare des zentralen Brückenbauwerkes das Fahrwasser der Flintrinne. In einer Höhe von 57 m über dem Meeresspiegel überqueren hier in zweigeschossiger Bauweise Autobahn und Schiene die für die skandinavische Seeschifffahrt wichtige und damit auch viel befahrene Wasserstraße. Die Hauptkabel der Brücke sind im klassischen Parallel-Schrägmuster angeordnet und im Überbaufachwerk in 20 m Abstand zueinander verankert. Die Gesamtlänge der Schrägkabelbrücke zwischen den Dehnungsfugen an den Übergängen beträgt 1092 m.
Jeder Pylon besteht aus einem vor Ort hochgezogenen Betondoppelschenkel, der sich bis in 204 m Höhe über dem Meeresspiegel erstreckt. Die Kabellagerflächen sind vertikal angeordnet, was Querträger zwischen den Türmen überflüssig macht. Die Seitenfelder der Brücke bestehen aus einfachen, vorgefertigten Betonkastenteilstücken mit auf der Oberseite vorgesehenen Lagern für den Brückenträger. Die Verankerungspfeiler sind mit Niederhaltevorrichtungen zur Kompensierung der aufwärts verlaufenden Kräfte des Überbaus versehen.
Zur Gründung der Pylone und Seitenfelder haben die Grundbauer vorgefertigte Betoncaissons 13 m bis 17 m unter dem Meeresboden im Kopenhagener Kalk platziert. Jede der Gründungen ist von einem Unterwasserschutzwall umgeben, um die starken Kräfte abzufangen, die sonst im Falle einer Kollision mit dem Pfeiler auf die Konstruktion einwirken würden.
Um die Brücke zu erreichen, wird der Verkehr von Westen über eine 3014 m lange Zufahrtsbrücke geleitet. Sie besteht aus insgesamt 22 Feldern, von denen achtzehn eine Länge von 140 m und vier eine Länge von 120 m erreichen. Die östliche Zufahrtsbrücke ist 3739 m lang. Sie besteht aus insgesamt 27 Feldern, von denen 24 eine Länge von 140 m und drei von 120 m erreichen.
Wie die Öresund-Brücke selbst bestehen auch die Zufahrtsbrücken aus einer Betonkastenkonstruktion, durch die der Bahnverkehr geführt wird, während der Autoverkehr über die Decke der Konstruktion rollt. Der gesamte Oberbau ist in Dehnungsteilstücke von etwa 1270 m Länge aufgeteilt, die wiederum aus neun Feldern mit Dehnungsfugen an den Übergangspfeilern zwischen den einzelnen Teilstücken bestehen. Die horizontale Krümmung der Brückenlinienführung wird durch geringe Änderungen des linearen Winkels der Fachwerkteilstücke zueinander an jedem Pfeiler erreicht.
Im Zuge der Bauarbeiten für die Öresund-Querung wurde zudem eine künstliche Insel angelegt, die als Übergang vom Tunnel- zum Brückenbauwerk dient. Sie erreicht ein Ausmaß von 1,3 km2 und hatte während der Bauarbeiten noch eine andere Funktion: Hier konnte das bei den Unterwasser-Baggerarbeiten geförderte Material entsorgt werden. Jetzt erfüllt die Insel eine weitere Aufgabe: Hier besteht die einzige Möglichkeit, Züge im Bereich der Sund-Querung zu rangieren.
Die aus Aushubmaterial bestehende Insel wird von ebenfalls künstlich errichteten Steinwällen geschützt. Diese Wälle wurden auf ihrer Innenseite mit geotextilen Membranen hinterlegt, um das Austreten von Sediment-Schwebstoffen zu verhindern. Beim Auffüllen habe besondere Sorgfalt walten müssen, erinnert man sich bei der ÖMJV, und zwar um eventuelle Bodensetzungen zu verhindern, die den Bahnverkehr, geschweige den Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen in Frage gestellt hätten. Besonderes Augenmerk galt auch der Anlage von Bodenschüttungen mit Schichten aus Filtersteinen. Diese Schüttungen schützen den Tunnel gegen Wassereinbruch bei Stürmen und Hochwasser. TORSTEN HANSEN
Per Straße und Schiene läuft ab 1. Juli der Verkehr zwischen Dänemark und Schweden unter und über der Ostsee. Im Tunnel liegen Autobahn und Bahngleise nebeneinander (links), im Brückenbereich (rechts) übereinander.
Dreigeteiltes Projekt: Zur Querung der Öresund-Meeresenge entstanden ein Tunnel, eine künstliche Insel und ein Viadukt mit Schrägkabelbrücke.
Querung des Öresunds
Mit Auto und Bahn auf dem Landweg von Dänemark nach Schweden
Die 16 km lange landfeste Querung des Öresunds zwischen Kopenhagen und Malmö besteht aus drei Abschnitten: einer Untertunnelung, einer künstlichen Insel und einem Brückenzug. Auf dänischer Seite beginnt die Querung am Flughafen Kopenhagen-Kastrup mit dem 3,5 km langen Tunnel, der auf der künstlichen Insel Peberholm wieder auftaucht und 4 km ebenerdig verläuft. Danach erhebt sich die Trasse auf eine 8 km lange Brücke, die an ihrer höchsten Stelle 57 m über dem Wasserspiegel verläuft und von zwei 200 m hohen Pylonen getragen wird. Die Mautstelle für beide Fahrtrichtungen befindet sich am schwedischen Ufer in Lernacken. Die Gebühr für Autofahrer beträgt je Strecke 63 DM, mit Wohnwagen 137 DM und für Motorradfahrer 34 DM. Die Bahnfahrt zwischen den Hauptbahnhöfen von Kopenhagen und Malmö dauert 35 min. Regionalzüge werden im 20-min-Takt pendeln. Außerdem fahren die schwedischen Hochgeschwindigkeitszüge X2000 künftig mehrmals täglich von Kopenhagen nach Stockholm, und stellen Anschlüsse zu den EC-Zügen Hamburg-Kopenhagen her. EW
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