Bochum glänzt mit elektronischer Bauakte
VDI nachrichten, Düsseldorf, 17.12.04 -Gesetze und Verordnungen lassen sich leichter einführen als abschaffen. In Nordrhein-Westfalen gingen zwölf Kommunen deshalb drei Jahre lang einen anderen Weg – sie versuchten nicht, staatliche Regeln zu beseitigen, sondern ihren Vollzug zu beschleunigen. Die Bilanz fällt positiv aus.
Um der lokalen Wirtschaft das Arbeiten zu erleichtern, haben in NRW das Landeswirtschaftsministerium und Kommunen vor drei Jahren das Projekt „Mittelstandsfreundliche Verwaltung“ ins Leben gerufen. Bis Ende 2004 nahmen sich neun Städte und drei Kreise jeweils Reformprojekte vor, Unternehmer in Projektbeiräten machten mit. Gemeinsames Ziel: Verwaltungsabläufe beschleunigen.
Die Ideen waren nicht revolutionär, aber zum großen Teil erfolgreich. „Mit ganz konkreten, praktischen Verbesserungen im Verwaltungsalltag wurde ein Stück Bürokratieabbau erreicht“, sagt Landeswirtschaftsminister Harald Schartau.
In Dortmund haben Unternehmer nicht mehr viele Behördengänge, sondern nur noch einen: Im Dienstleistungszentrum Wirtschaft im Zentrum der Stadt sind die für Unternehmensbelange zuständigen Amtsvertreter versammelt.
Feste Ansprechpartner bietet Bochum seinen Unternehmern: „Die Lotsen werden gut angenommen“, sagt Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz. Im Rhein-Kreis Neuss beantragen Handwerker nur noch einen Parkausweis – und dürfen damit in sieben Gemeinden parken.
Viele Projekte zielen darauf, das Internet zu nutzen: Im Kreis Recklinghausen gibt es einen Gewerbeflächenatlas online, in Remscheid einen nach Frage-Antwort strukturierten Behördenführer. In Bochum laufen Baugenehmigungsverfahren – das wichtigste Anliegen von Unternehmern – digital. Der Weg der elektronischen Bauakte ist online nachvollziehbar: Der Unternehmer sieht, wo sein Antrag derzeit liegt, das erhöht den Bearbeitungsdruck auf die gar nicht mehr anonyme Verwaltung.
Gerade haben die Kommunen die Abschlussbilanz vorgelegt: Unter den insgesamt 2 445 repräsentativ befragten Mittelständlern verbesserte sich demnach seit Projektbeginn die Schulnote für die Kommunalverwaltungen von 3,3 auf 3,0 (2004).
Am stärksten legte der Kreis Recklinghausen zu, dessen Gemeinden sich dank serviceorientierter Baugenehmigungsverfahren von 3,5 auf 2,9 verbesserten.
Die meisten der Anliegen, die Unternehmer an ihre Kommune richten, werden nun besser bearbeitet als vorher. Ob die Punkte „Gewerbeflächen/-immobilien“ oder „Verkehr/ Parkplatzsituation/ÖPNV“- die Zufriedenheit ist gestiegen. Nachholbedarf gibt es bei der „Gewerbean-, -um- und -abmeldung“, mit der offenbar viele Ich-AG-Unternehmer ihre Schwierigkeiten haben.
Auch nach Ende der Projektförderung durch die Landesregierung wollen die Kommunen ihre Projekte weiterführen und in Kontakt bleiben. Denn bereits jetzt haben die Kommunen voneinander Ideen wie den übergreifenden Parkausweis übernommen.
Ab Frühjahr 2005 wollen die ersten Kommunen ihre „Mittelstandsfreundlichkeit“ zertifizieren lassen und per Gütezeichen des Deutschen Instituts für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) damit werben. „Das Gütezeichen soll unternehmerfreundliche Verwaltungen als einen wichtigen Standortfaktor im Wettbewerb der Kommunen herausstellen“, so Schartau.
THILO GROSSER
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