Robotik 21.04.2000, 17:25 Uhr

Roboter montiert mit geübter Hand

Wie lernt ein „Produktionsassistent“ intelligentes Verhalten? Der Fachmann belehrt durch Vormachen der Funktionen. Und dann macht sie der maschinelle Handlanger aufgrund der gespeicherten Kraftverläufe nach. Wenn der Roboter beim Fügen nachgibt, dann steigt die Kraft kontinuierlich an; damit erhält man eine praktische Regelgröße.

Menschenähnlicher sollen die Roboter werden. Dazu benötigen sie das, was wir alle von Natur aus haben, ein leistungsstarkes Kommunikations-, Interaktions- und Verhaltensrepertoire. Anthropomorph heißt in diesem Sinne auch, dass „Fühlen“ in die Interaktion zwischen Mensch und Maschinen einbezogen werden soll.
Das Wahrnehmen und Reagieren auf Kräfte ist für manche Roboter inzwischen schon Alltag, vor allem für solche im BMBF-Förderprojekt „Morpha“. Laut Ralph Schmidt vom Projektträger Deutsches Zentrum für Luft.- und Raumfahrt (DLR), Berlin, soll Morpha den Weg ebnen für neuartige Assistenzsysteme in Produktion sowie in Haushalt und Pflege, z. B. als Montagehilfe oder als mechatronischer Assistent im Bereich Rehabilitation. Morpha folgt dem Projekt „Neuronale Skills intelligenter Robotersysteme“ (gefördert bis 1999).
Typischer industrieller Einsatzfall eines solchen eingeübten Produktionsassistenten ist das Einstecken von Bolzen in Löcher, wenn weder die exakte Position oder Ausrichtung des Werkstücks noch das genaue Timing feststehen. Mit seinen Kameraaugen sucht der sensible Monteur sein Ziel und bestimmt den Ort für seine Fügeaufgabe. Während er den Greifer mit dem Bolzen in Position bringt, beobachtet er seine Umgebung und passt seine Bewegungen an – Fließbandarbeiten sind somit ein Leichtes.
Aber die Wissenschaftler haben noch mehr mit ihrem sensiblen Greifer vor: „Das Besondere an ihm ist ja, dass er Kraftverläufe gelernt hat und nicht harte räumliche Positionen“, erklärt DLR-Mitarbeiter Ralf Koeppe . „Wenn man in seine Aktionen eingreift, reagiert er absolut nachgiebig, denn er übt ja weiter nur seine gelernte Kraft aus.“ Er führt vor, was das bedeutet: Langsam zieht er dem Roboter dem Klotz weg, in den dieser gerade einen Bolzen fügt.
Kein Problem, der Greifer wandert mit. Der Klotz wandert in die Höhe – der Greifer geht mit und fügt brav weiter. Jetzt wird der Wissenschaftler richtig gemein und zieht den Bolzen mitsamt dem Roboterarm wieder ein Stück aus der Bohrung heraus. Auch das funktioniert problemlos, die Maschine fügt weiter, sobald ihr Arm wieder frei ist.
Der Robot-Handlanger arbeitet also nicht wie in der klassischen Industrierobotik mithoher Positionier- und Wiederholungsgenauigkeit. Der Standardweg zu diesem Ziel führt über möglichst starre Konstruktionen, die ohne Regelung, blind und ohne Gefühl, ausschließlich auf der Basis ihrer Steuerprogramme arbeiten. Gute Industrieroboter erreichen so Fertigungstoleranzen von wenigen tausendstel Millimetern. Muss jedoch bei Fügeproblemen ein bestimmtes Kraftprofil eingehalten werden, z. B. beim Eindrehen von Schrauben und zum Einfügen von Bolzen in Bohrungen – oder auch beim Staub wischen – so stoßen starre Roboter an ihre Grenzen
Beim Bolzen-Loch-Problem in der Industrie findet man daher Fügeprobleme von beliebiger Komplexität – je nach Bohrungsrand, Materialeigenschaften der Objekte, Toleranzen zwischen Bolzen und Loch und Fügestrategie. Ralf Koeppe vom Institut für Robotik und Mechatronik des DLR in Oberpfaffenhofen beschreibt den neuen Ansatz so: „In einem starren System kann ein Kraftsensor nur Sprünge messen: keine Kraft – maximale Kraft. Gibt der Roboter aber etwas nach, dann steigt die Kraft – und wir haben eine hervorragende Regelgröße.“
Sehende und fühlende Roboter sollen nicht nur im richtigen Moment am richtigen Ort sein, sondern zusätzlich die auftretenden Kräfte und Momente unter Kontrolle bringen. Dazu haben die Wissenschaftler des DLR ihr System mit einem ganzen Bündel von Sensoren ausgestattet: Zusätzlich zu den Kraft-Momenten-Sensoren hat es eine räumliche Wahrnehmung. Kameraaugen verraten die Position im Raum und relativ zu Dingen, die es zur Erfüllung der Aufgabe benötigt werden.
Um die von diesen Sensoren generierte Datenflut unter Kontrolle zu bringen und zur Lösung von Bolzen-Loch-Problemen zu nutzen, haben die Wissenschaftler ein altes Konzept der Robotik wieder aufgegriffen: den Bewegungsablauf nicht zu programmieren, sondern den Industrieroboter zu „teachen“. Ein geübter Trainer soll die Bewegung möglichst ungestört vormachen. „Dabei kann er natürlich nicht den ganzen Roboterarm mit herumschwenken“, beschreibt Ralf Koeppe die Situation. Darum bekommt der Roboter-Lehrer ein spezielles Unterrichtsmaterial an die Hand, den Kraft-Momenten-Sensorgriff. Er wird an dem Bolzen befestigt und hilft dem „Schüler“, den Fügevorgang zu beobachten. Führt der Roboter die Bewegung selber aus, vergleicht er seine gelernten Positions-Kraft-Daten mit den gemessenen und korrigiert Abweichungen sensorgeführt. ANDREA VOGEL/KÄM
Internet: http/www.Morpha.de
Feinfühlig wie ein Mensch montiert der Roboter, nachdem der Kraft-Momenten-Verlauf in der Sensorkugel aufgenommen und die Position im Raum über den Tracking-Sensor „Polhemus“ gespeichert wurde.

 

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