Mobiler Roboter arbeitet überall
Roboport macht mobil und den Industrieroboter beweglich. Er bekommt zwar keine Flügel, aber durch ein fahrerloses Transport-Fahrzeug (FTF) immerhin Räder. Standard-Komponenten werden zu einem beweglichen Roboter-System „Robolix“ zusammengeführt, das Werkstücke rund um die Uhr handhabt.
Pfiffigkeit zeichnet Asterix und die Gallier aus im Kampf gegen Rom. So muss denn wohl auch die Namensgebung „Robolix“ zu verstehen sein. In der Tat, es ist eine pfiffige Idee, einen Roboter auf ein automatisches Flurförderfahrzeug zu setzen und damit zu den unterschiedlichen Einsätzen in der Werkhalle zu fahren. Aber neu ist die Idee nicht, denn schon in den 80er Jahren hatten sich Fraunhofer-Institute mit dieser Thematik beschäftigt. Vielleicht kommt Robolix auch einmal ins Deutsche Museum wie das Gerät vom Stuttgarter Fraunhofer-IPA. Die wirkten diesmal nur bei einer Sensorentwicklung mit, die dem verfahrbaren Roboter den richtigen Andockpunkt für seine Touren durch die Werkstatt liefert.
Rolf Kleck, Geschäftsführer der Roboport GmbH, Ravensburg, erzählt wie „sein“ Robolix entstand: „Wir hatten eine konkrete Kundenanfrage, wo drei Maschinen durch Roboter bestückt werden sollten.“ Nach althergebrachter Weise wären sechs Roboter auf Linear-Achsen notwendig gewesen, was nicht nur ein Investment von 10 Mio. DM, sondern auch einen großen Aufwand für die Sicherheitstechnik erfordert hätte. Und aufgrund der langen Bearbeitungszeiten an den Maschinen wären die sechs Roboter nicht ausgelastet gewesen, vielmehr würden sie die meiste Zeit wartend verbringen.
„Wenn Roboter durch die Halle laufen könnten“, formuliert Rolf Kleck den Denkansatz zur Lösung, „würden wir nur einen brauchen.“ Er müsste aber einen fahrbaren Untersatz haben, der ihn frei von Schienen und Fahrdraht durch die Halle fahren könnte. Also hat Kleck die Spezialisten vom IPA mit ins Boot geholt und sich deren Erfahrungen zu Nutze gemacht. Die hatten nämlich schon 1986 einen Roboter auf ein fahrerloses Transport-Fahrzeug gesetzt und frei navigierend durch die Halle fahren lassen. Die IPA-Lösung entsprach denn auch mehr einem Versuchsaufbau. In Zusammenarbeit mit Jungheinrich wurde ein kleiner Roboter auf ein Standard-FTF gesetzt, um eine Werkzeug-Maschine mit Werkzeugen zu beliefern. Eine Idee hatte Form angenommen. Es dauerte dann noch 14 Jahre, bis eine industrielle Anwendung diese Idee nutzen würde. Beim heutigen Robolix stimmt denn auch mit dem IPA-Versuch nur noch das Prinzip überein.
Der erste Robolix, dem andere in anderen Größen folgen sollen, besteht aus einem fahrerlosen Transport-Fahrzeug von 4,5 m Länge und 1,4 m Breite, einem Kuka-Roboter KR 60, mehreren PC“s, die über OPC verbunden sind, und der notwendigen Sensortechnik. Das FTF – dessen Basistechnologie auf einem Standard-Produkt aufbaut, das in der Automobilindustrie Rohkarossen transportiert – wurde von Voest Alpine Tech TMS geliefert, das den Roboter in der Mitte aufnimmt und vorn und hinten jeweils eine Euro-Palette auf einer Rollenbahn aufnimmt.
Leer wiegt das Gerät 3, 5 t, kann aber eine Zuladung von 1 t bewältigen. Die Tragkraft des Roboters beträgt beim Prototypen 60 kg. Es lässt sich aber auch jeder andere Roboter einsetzen. Die Typbezeichnung RX 60/1.000 steht für die Tragkraft des Systems: 60 kg für den Roboter und 1000 kg für das FTF. Robolix kann Werkstücke zu Maschinen bringen, fertig bearbeitete wieder abholen, ebenso Werkzeuge. Er kann aber auch Verpackungen aufnehmen und auf den Paletten auf „seinem“ FTF abstapeln. Selbst Kommissionieren ist denkbar – der Roboter braucht nur ein passendes Greifersystem.
Rolf Kleck war von Anfang an klar, dass die Logistik und die Steuerung der gesamten Automatisierungs-Lösung eine wichtige Rolle spielt. Denn der Roboter muss immer im richtigen Moment am richtigen Ort sein, um die Effektivität der anzufahrenden Stationen positiv zu beeinflussen. Und der Roboter muss „sehen“ können. „Wir mussten ein völlig neues Vision-System entwickeln“, beschreibt Kleck eine zentrale Aufgabe für die Problemlösung, „das sehr schnell ist und mit nur einer Kamera auskommt.“ Dabei sollte auch nur eine Messung nötig und trotzdem die Objekt-Erkennung integriert sein. Wie gut das vom Roboport-Team entwickelte kameragestützte Koordinaten-Korrektur-System arbeitet, demonstriert Kleck in seiner Montagehalle.
Robolix fährt vor eine Demo-Wand, die mit 40 Metallstiften bestückt ist. In nur 1,2 s orientiert sich das System, und der Roboter ist in der Lage, mit einem Messtaster nach Vorgabe jeden Metallstift präzise anzufahren. Daraus resultiert eine Arbeitsgenauigkeit von +/- 0,1 mm, die erreicht wird, obwohl das FTF nur mit einer Positioniergenauigkeit von +/- 1 cm fahren und andocken kann. Für die reine Übergabe von Paletten reicht diese Genauigkeit auch vollständig aus.
Den Kontakt zum Leitrechner hält das Gerät über ein Funk-LAN, das ihm die Arbeitsaufträge erteilt. Ebenso wurde eine offene Schnittstelle zu PPS und Warenwirtschaftssystemen installiert. Desgleichen verfügt Robolix über ein Selbst-Diagnose-System, das sich automatisch über SMS, E-Mail oder Telefon meldet. Ferner ist Robolix fernwartbar über Internet oder Daten-Fern-Übertragung.
Das Investitions-Volumen, das Kleck mit 1,4 Mio. DM angibt, steht in keinem Verhältnis zu den 10 Mio. DM, die ohne diese pfiffige Lösung notwendig gewesen wären. Rolf Kleck ist so vom Erfolg seines ersten Robolix-Kindes überzeugt, dass er die Umsatz-Erwartung für seine Roboport GmbH für 2003 mit 40 Mio. DM beziffert. Den allergrößten Teil davon sollen 35 bis 40 Robolix-Anlagen bringen. NORBERT SCHMIDT/KÄM
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