Robotik 09.07.1999, 17:22 Uhr

„Feigling, Feigling, räumt ihn weg …“

Aus 800 Kehlen schallt Empörung. Die Zuschauer im großen Hörsaal wollen den Wettbewerb der selbgebauten Roboter sehen. Doch die Tatiker blockieren sich gegenseitig.

Was haben eine Dose Ananas, ein Kondom und eine Mausefalle gemeinsam? Dies alles waren Bauteile beim diesjährigen International Design Contest (IDC) an der TU Darmstadt.
Im Hörsaal 31/08 der TU-Darmstadt herrscht Anarchie auf einem fünf Quadratmeter großen Spielfeld. Etwa 800 Zuschauer feuern ohrenbetäubend zwei kleine Roboter an. „Keiler“ und „Zig Zag“ rollen auf jeweils vier Rädern, sind ferngesteuert und drohen sich mit ihren in der Luft fuchtelnden Greifarmen. Doch das ist nicht Zweck der Konstruktion. Die Greifarme dienen dazu, rote und gelbe Plastikbälle einzusammeln, sie in eine von drei 50 cm hohen Röhren zu versenken.
Keiler ist nach dem Startschuß schnell mit zwei Kugeln in Führung gegangen. Nun nimmt er seinen Gegner in einer Ecke der Arena in die Mangel. An ein Entkommen ist nicht zu denken. Zig Zags Elektromotoren surren auf Hochtouren bis sie plötzlich verstummen. Ein technischer Defekt zwingt Peter Holrick und Matthias Roggendorf, nach 70 Sekunden aufzugeben. Zähneknirschend nehmen sie das unvermeidliche hin: Team Keiler zieht ins Finale ein.
Die Regeln des von den VDI nachrichten gesponserten Wettbewerbs sind einfach und hart: Was zählt, ist mit den ferngesteuerten Fahrmaschinen möglichst viele Bälle der eigenen Mannschaftsfarbe in drei Körbe zu packen. Insgesamt gibt es 17 gelbe und 17 rote Plastikkugeln. Locht Team Rot einen gelben Ball ein, kassiert der Gegner den Punkt. Rempeleien und Karambolagen nutzen viele der Studenten-Teams als probates Mittel zum Sieg – meistens mit Erfolg. IDC-Organisator und Schiedsrichter Olaf Weger läßt vieles durchgehen: „Ohne Härte geht es nicht.“
Der Ehrgeiz der Kontrahenten ist verständlich. Schließlich winkt den drei Siegerteams Reisen nach Japan. Dort findet das internationale Finale des Wettbewerbs statt. Außerdem ist viel Mühe und Gehirnschmalz in die Entwicklung der Maschinen geflossen. Bereits vor 5 Wochen erhielten 16 Mannschaften à 2 Studenten jeweils einen Baukasten gleichen Inhaltes. 80 mehr oder weniger nützliche Teile (siehe Kasten) stellten Phantasie und Konstruktionsfertigkeit der Teilnehmer auf eine harte Probe.
Diana Geissel und Charlotte Karpa etwa, die einzigen weiblichen Starter, verfluchten mehrfach ihre eigene Planung: „Während der Bauphase merkten wir schnell, wo die Schwächen lagen“, erinnert sich die 21-jährige Charlotte: „Trotzdem haben wir unser Gabelstapler-Konzept nicht gleich über den Haufen geworfen, sondern versucht, es systematisch zu verbessern.“ Mit wenig Erfolg: Bereits in der Vorrunde schieden die beiden aus. Ein Roboter mit dem verheißungsvollen Namen BlowJob wurde ihnen zum Verhängnis. Er hatte mehr Bälle ins Ziel gepustet.
Chancenlos blieb auch die Biene Maja der Maschinenbaustudenten Florian Schmidt und Tobias Niemz – trotz des „genialen“ Einfalls ein „kombiniertes Bagger-Wurf-Prinzip“ einzusetzen. „Mit einer Art Schaufel baggern wir erstmal möglichst viele Bälle auf eine Ladefläche des Roboters, egal, ob sie gelb oder rot sind“, erklärt Niemz. „Über ein Rad transportieren wir sie dann auf unseren Wurfarm. Handelt es sich um einen eigenen Ball, versuchen wir das Ziel zu treffen. Ist es ein gegnerischer, feuern wir bewußt daneben.“ Daß es am Ende nicht für einen Platz unter den letzten acht reichte, begründet Niemz mit der schlechten Qualität der Druckluftkompressoren: „Der Luftdruck, der unseren Wurfarm antreibt, ist nicht immer konstant“, beschwert er sich.
„Keiler“ machte es anders- Sein Prinzip besticht durch einen ausgeklügelten Greifarm, der präzise nur einen Ball greifen und ihn anschließend versenken kann. Seine großen Räder machen ihn zu einem der schnellsten Bällesammler des Starterfeldes. In der entscheidenden Runde treffen die Keiler-Konstrukteure Frank Eckstein und Magnus Euler auf Take Five von Philipp Putschbach und Marc Möller. Ihr Gefährt ist ebenfalls mit einem Schwenkarm ausgerüstet, an dessen Ende ein Rohr plaziert ist. Durch geschicktes Lenken versucht die Take-Five-Crew bis zu fünf Bälle in diesen Behälter zu bugsieren, um sie alle auf einmal hochzuheben und ins Ziel plumpsen zu lassen. „Fünf auf einen Streich sozusagen“, kommentiert Putschbach.
Und tatsächlich: Nach dem Startschuß kann sich Take Five gut gegen das Erfolgsmodell Keiler durchsetzen. Eine rote Digitaluhr zählt penibel die Spieldauer, vom Null bis zum Ende bei 120 Sekunden. Mit dem ersten Streich kann Take-Five gleich viermal Punkten. Doch Keiler schläft nicht. Ball für Ball setzt er nach – präzise, sicher, schnell. Da ändert die Take-Five-Mannschaft überraschend ihr Taktik. Sie lenkt ihr Gefährt direkt vor die Zielröhre. Mit Hilfe eines beweglichen Metalldorns boxen sie bereits von Keiler versenkte Bälle heraus. Nicht gerade die feine englische Art, aber regelgerecht. Verzweifelt versucht Keiler die entfleuchten Bälle wieder einzusammeln – vergeblich. 20 Sekunden vor dem Schlußpfiff sind die Take-Five-Konstrukteure jedoch zu siegessicher. Ein ums andere Mal kicken sie plötzlich auch ihre eigenen Bälle aus dem Zielbehälter heraus. Bis der verdutzte Putschbach seinem etwas behäbigen Roboter den Stop-Befehl übermitteln kann, nimmt die Niederlage ihren Lauf. Gleichstand – Keiler führt – Keiler gewinnt, begleitet vom tosenden Applaus der Keiler-Fankurve.
JÖRN PATERAK
Regelerklärung für den Präsidenten der TU Darmstadt, Johann-Dietrich Wörner (rechts). Dahinter die Partner vom französischen Teil des IDC-Wettbewerbs.
Mit der lautstarken Unterstützung einer Fan-Gruppe machte der Wettbewerb noch mehr Spaß. Insgesamt feuerten rund 800 Studenten ihre Freunde an.
Die Kommunikation fördern, ist ein Ziel des Wettbewerbs. Zur Feier traf man sich unter der Linde des Instituts für Maschinenelemente und Konstruktion.
Eine Japanreise als Sonderpreis der VDI nachrichten für (v.r.) Oliver Volkering und Stephan Bächtle, überreicht von VDI-Direktor Fuchs und Chefredakteur Schulze.
Bälle sammeln, über die Stufe auf die weiße Fläche fahren, Bälle in eine Schüssel werfen. Wer seinen Vorsprung eingefahren hatte, behinderte oft den Wettbewerber, erntete Buh-Rufe. Im Internet zu besichtigen unter: http://www.vdi-nachrichten.com/info-service/idc.asp
Ob die Mannschaft es schafft? Einen Samstagnachmittag lang gab es Technik, die begeistert, an der TU Darmstadt.
Ein Fest auch für den Sponsor VDI nachrichten. Besonders begehrt waren die T-Shirts mit den Aufdrucken des International Design Contest (IDC). Gewonnen. Frank Eckstein und Magnus Euler haben als Erstplazierte zwei der sechs Flugticket zur internationalen Endausscheidung des IDC in Japan errungen.
Mit professioneller Unterstützung aus der Institutswerkstatt wurde manch kompliziertes Teil gefertigt.

 

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