Exoskelett als Kraftverstärker
Exoskelette als Kraftverstärker können Menschen beim Gehen unterstützen oder Lagerarbeitern zu mehr Kraft und Ausdauer verhelfen, wie vorige Woche auf einer Messe in Tokio zu sehen war. Aber auch die Militärforschung setzt auf Exoskelette, weil Soldaten damit viel leistungsfähiger werden – US-Superman lässt grüßen.
Nachdem alle anderen Waffen gegen das außerirdische Monster versagt haben, steigt Sigourney Weaver am Ende des Films „Aliens“ in eine Art humanoiden Gabelstapler. Mit einigen hydraulisch verstärkten Kinnhaken kann sie der blutrünstigen Kreatur Respekt beibringen. Auf der Kinoleinwand sah das sehr gut aus, in der Realität dagegen scheiterten Versuche, „Roboter zum Anziehen“, also Robot- Suits zu bauen.
Inzwischen jedoch sind die Computer schneller geworden, die Energiequellen kompakter, die Aktuatoren oder elektromechanischen Muskeln kleiner und geschmeidiger. Damit sind auch die tragbaren Kraftverstärker in den Bereich der Machbarkeit vorgedrungen.
Auf einer Hightech-Messe am 13. und 14. Juli in Tokio stellte das japanische Unternehmen Cyberdyne Inc., Tsukuba, daher die neueste Version ihres „Robot Suit Hal-5“ vor. Prof. Yoshiyuki Sankai von der University Tsukuba lässt keinen Zweifel daran, dass HAL – Hybrid Assistive Limb – kurz vor der Markteinführung steht. Noch in diesem Jahr soll die Produktionsanlage für Exoskelette eingerichtet werden. Das Handelshaus Mitsui and Co. sowie 30 Firmen aus Tokio planen eine Kooperation mit Cyberdyne. Zunächst sollen in Japan weitere Erfahrungen mit der Technologie gesammelt werden. In Europa dürfte HAL-5 kaum vor 2008 erhältlich sein.
Die neue Technik braucht einen langen Atem, weiß auch John A. Main, der bei der Forschungsbehörde des US-Militärs Darpa (Defense Advanced Research Projects Agency) das Exoskelett-Programm leitet. „Bei Exoskeletten hieß es immer: Es geht einfach nicht“, sagt er.
Ein Forschungsteam der University of California, Berkeley, arbeitet an einem Prototyp, der es erlaubt, 40 kg Ausrüstung 6 h lang mit hoher Gehgeschwindigkeit (bis zu 7 km/h) zu transportieren. Das Konkurrenzteam des Forschungsinstituts Sarcos in Salt Lake City hat sogar ein Exoskelett für die unteren und oberen Extremitäten angekündigt, das eine Last von 60 kg und bis zu 30 h Betriebsdauer ermöglichen soll.
Zivile Forschungsprojekte konzentrieren sich eher auf medizinische Anwendungen. „Das hat den Vorteil, dass die Systeme sich zunächst auf eine genau definierte Umgebung stützen können“, sagt Christian Fleischer von der TU Berlin, der beim dortigen Exoskelett-Projekt mitarbeitet. Krankenschwestern etwa könnte ein Exoskelett beim Umbetten von Patienten helfen.
Besonders schwierig ist die Steuerung des Exoskeletts. Der am Körper getragene Roboter kann seine Befehle nicht über Joystick, Maus oder ähnliches bekommen, sondern muss frühzeitig die beabsichtigten Bewegungen des Nutzers erkennen und in Signale für die Aktuatoren umsetzen. Das Berliner Projekt nutzt dafür Sensoren auf der Hautoberfläche. Sie registrieren die schwachen elektrischen Ströme, die bei der Aktivierung der Muskeln durch das Gehirn entstehen. Das in Berkeley entwickelte Exoskelett verwendet dagegen Sensoren, die erst auf eine tatsächliche Bewegung des Nutzers reagieren. HAMAR/BODR/KÄM
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