Betriebssystem Linux ist reif für professionelle Maschinensteuerung
Der frei verfügbare Programmcode („Open Source“) und das Betriebssystem Linux sind längst in die Industrie vorgedrungen. Was das für den Maschinenbau und die Automatisierungsindustrie bedeutet, war Thema der Konferenz „Open Source meets Industry“ auf der Hannover Messe 2008.
Open Source ermöglicht eine kraftvolle Form der Kollaboration“, betonte Open-Source-„Anhänger“ Bruce Perens. Herausgekommen seien mit dieser Form der Zusammenarbeit sehr innovative Projekte wie Firefox, Apache, Linux oder Wikipedia. Als großer Vorteil könnten sich viele Unternehmen Kosten und Risiko einer Entwicklung aufteilen.
Dabei sind Linus Torwalds als Erfinder von Linux und die einstigen „Crazy Internet Guys“ längst geschäftsfähig geworden. Bestand die Linux-Community anfangs überwiegend aus freiwillig zusammenarbeitenden unbezahlten Enthusiasten, werden die meisten Linux-Kernel-Entwickler mittlerweile von Unternehmen wie Red Hat, Novell, IBM oder Intel bezahlt, wie eine aktuelle Studie der Linux Foundation feststellt. Unbezahlt arbeiten demnach nur noch 13,9 % der Linux-Kernel-Entwickler.
Trotzdem stellt sich die Frage: Warum sollten Unternehmen ihren Konkurrenten den Quellcode ihrer mühsam entwickelten Software auf dem Silbertablett servieren? Bruce Perens versuchte in Hannover eine Antwort: „Nur 5 % aller in Unternehmen eingesetzten Software spiegelt das exklusive Know-how eines Unternehmens wieder. Diese 5 % gehören nicht in den Open-Source-Topf, sondern müssen unternehmensintern bleiben. Die übrigen 95 % aber lösen Probleme, die alle Unternehmen haben“, betonte Perens. Und diese Software sollte nicht jedes Unternehmen für sich alleine entwickeln, sondern müsse Open Source sein.
Zumal offene Software durch die kollaborative Arbeitsweise immer besser sei als ihr proprietäres Pendant, das seinen Quellcode nicht freigibt – davon waren alle Redner überzeugt. „Kein Unternehmen kann sich mit unserer Veränderungsrate messen, betonte Perens stellvertretend mit anderen führenden Linux-Kernel-Entwickler wie Alan Cox, Thomas Gleixner, Greg Kroah-Hartmann und Andrew Morton.
Und die einstigen „Crazy Internet Guys“ – ein Zitat des Linux-Entwicklers Alan Cox – haben noch mehr geschafft. „Open Source hat viele Lehrsätze verändert“, betonte Carsten Emde. Hätte es früher in Informatikvorlesungen geheißen: Verschiedene Systeme brauchen verschiedene Betriebssysteme, so habe sich das als falsch erwiesen: „Linux läuft überall, auch im industriellen Umfeld“.
Carsten Emde ist Geschäftsführer der Genossenschaft Open Source Automation Development Lab (OSADL), eine eingetragene Genossenschaft mit dem Ziel, offene Betriebssysteme so zu erweitern, dass sie für den Einsatz in der Industrie geeignet sind.
„Eine Voraussetzung dafür ist die Echtzeitfähigkeit des Betriebssystems, die bis 2006 auch in der Linux-Community noch für nicht realisierbar gehalten wurde“, berichtete Emde. Heute ist Linux zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung echtzeitfähig. Damit ist eine der Voraussetzungen für die industrielle Nutzung erreicht: Seit Ende 2007 sind große Teile des „Real Time Preemption Patch“ in den Linux-Kernel integriert worden. Gearbeitet wird derzeit noch an einer besseren Performance, die durch die Echtzeitfähigkeit etwas gelitten habe, so Emde.
Worum sich ein Unternehmen, das den Einsatz von Open-Source-Software plant, unbedingt kümmern sollte, sind die Lizenzmodelle, hier zum Beispiel die GNU Public Licence (GPL). Darauf verwies Till Jaeger als Rechtsanwalt und Experte für Open-Source-Recht. „Was freie Software ausmacht, ist nicht das Entwicklungsmodell, sondern das Lizenzmodell“, betonte er in seinem Vortrag über die rechtlichen Perspektiven. Entscheidend sei die Rechtseinräumung, also das Recht, die Software zu kopieren, zu verbreiten und zu verändern. BARBARA LANGE
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