Automatisieren mit Feingefühl
VDI nachrichten, Düsseldorf, 13. 4. 07, ciu – Mit kreativen Lösungen können auch kleine Firmen Produktion und Montage kostengünstig automatisieren. So lässt sich viel flexibler auf neue Marktanforderungen reagieren.
Vielfältig wird die Auswahl an Automatisierungslösungen sein, die vom 16. bis 20. April auf der Hannover Messe gezeigt wird. „So viel Automation wie nötig, so viel Flexibilität wie möglich“, ist da die Devise von Gerhard Bastet, Leiter Produktion der Viessmann Werke in Allendorf (Eder). Der Hersteller heiztechnischer Systeme hat vormals hoch automatisierte Fertigungsstraßen durch flexible Fertigungssysteme ersetzt. Vorteile: Bis zu 40 % weniger Produktionsfläche sind nötig, die Durchlaufzeiten wurden um rund 80 % und die Herstellungskosten im zweistelligen Prozentbereich reduziert. Bastet: „Wir können uns schnell an sich verändernde Marktbedingungen anpassen und unsere Kunden noch schneller und flexibler bedienen.“
Einfachautomatisierung heißt das Erfolgskonzept inzwischen für viele Firmen: „Wo geringe Stückzahlen oder große Taktzeiten die Fertigung bestimmen, kann der Einsatz von weniger maschinellen Abläufen die wirtschaftlichere Lösung sein“, so Hubert Reinisch, Entwicklungsleiter beim Systemspezialisten Teamtechnik, Freiberg am Neckar. Vorteile für den Anwender: Geringe Investition mit kurzen Realisierungszeiten, schnelle Umrüstbarkeit, hohe Bedarfsflexibilität zwischen Handarbeit und automatisierten Prozessen.
In Hannover werden solche Lösungen im „Application Park“ in Halle 17 zu sehen sein, wo z. B. die ZBV Automation aus Troisdorf flexible Monatagezellen und Zuführtechnik zeigen wird.
Für Viessmann zahlt sich die Flexibilität bereits aus. Beispielsweise erstellte der Heiztechnikhersteller in der Vergangenheit alle Verkleidungen für Wandgeräte in einer zentralen Blechbearbeitung, von wo aus sie an die Endmontage geliefert wurden . Bastet: „Dadurch entstand ein erheblicher Transportaufwand.“ Heute erfolgt die Herstellung der Verkleidungen synchron in der Endmontage. An den Endmontagepunkten erstellen die Mitarbeiter mit flexiblen Umformvorrichtungen dann das spezifische Chassis.
Dass sich die Besinnung auf das Wesentliche lohnt, bestätigten auch die Erfahrung beim Dürr-Konzern. Der Stuttgarter Anbieter von Systemen und Dienstleistungen für die Automobilfertigung stellt derzeit seine Geschäftsprozesse weltweit auf den Prüfstand. „Wir analysieren Schnittstellen, wertschöpfende und nicht wertschöpfende Tätigkeiten und eliminieren überflüssige Arbeiten, also Verschwendung“, erläuterte Vorstandsvorsitzender Ralf W. Dieter. Ein erstes Resultat: „In einigen Bereichen ließen sich die Durchlaufzeiten bei Auftragsabwicklung und Montage um bis zu 30 % zu reduzieren.“
Die Grundidee zur Low Cost Automation (LCA) kommt aus Japan. In der Urform steckt dahinter die Automatisierung einer Handarbeit mit einfachsten Mitteln und oft sogar im Eigenbau. „Dortige Firmen überlegen gezielt bei einzelnen manuellen Tätigkeiten, wie sie optimiert werden und welche Aufgaben Automaten dabei übernehmen können“, berichtete Peter Teufel, Geschäftsführer von Syncro Consult in Eschborn. Oft handelt es sich um einfache Tätigkeiten wie das Be- und Entladen von Maschinen. Das Resultat sei ein effizientes Zusammenwirken von Mensch und Maschine.
Vorbild ist Toyota: Der japanische Automobilbauer entwickelte in über 50 Jahren ein auf die Verbesserung der organisatorischen Abläufe getrimmtes Produktionsverfahren. Ziel ist die „Produktion im Kundentakt“. Mit schnellen Werkzeugwechseln hält der Prozessspezialist dabei die Produktion kleinerer Losgrößen wirtschaftlich.
Das Toyota-Produktionsprinzip hat auch die Cherry GmbH in Auerbach adaptiert. Durch eine intelligente Kombination von Automatisierung und Mitarbeiterintegration in Gruppenarbeit realisiert der Hersteller von Computereingabegeräten, Schaltern und Automobilelektronik damit selbst bei einer Nachfrageschwankung von 40 % unter bis 40 % über Durchschnitt Aufträge schnell und termingetreu.
Mit Baukastensystemen, aus denen sich rasch individuelle Automatisierungslösungen zusammenstellen lassen, reagiert die Automationsbranche auf neue Anforderungen. Nahezu alle größeren Aussteller sowie einige kleinere Unternehmen werden in Hannover dazu aufeinander abgestimmte Module mit standardisierten Schnittstellen präsentieren. Unternehmer Gerd Eckelmann, Vorsitzender des gleichnamigen Automatisierungsspezialisten aus Wiesbaden, sieht darin eine Chance für mittelständische Anbieter : „Die Kleinen veredeln die Produkte der Großen zu individuell adaptierbaren Lösungen.“ A. PREUSS/CIU
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