Auf der Hannover Messe machen sich die Roboter breit
Dieses Jahr vom 19. bis 24. April, nächstes Jahr vom 20. bis 25. März.
Hinterher sind alle klüger. Nein, diese Alltagsweisheit gilt für Hannover nicht. Daß das neue Messekonzept „Fabrikautomation“ nicht sofort zum neuen Dauerbrenner werden würde, war allen klar. „Vor dem Hintergrund der eher schwächeren Konjunktur wurden die Erwartungen aber meist übertroffen“, gibt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) als Mit-Initiator dieser Schau nach Abschluß der Hannover Messe bekannt. Der VDMA und die Messe AG wollen das Konzept in den nächsten Jahren weiterentwickeln.
Daß diese Messebilanz insgesamt positiv gewertet werden kann, ist auch auf die grundsätzlich gute Konjunktur für Fabrikautomation zurückzuführen, die – vor allem bei Robotik und Automation – besonders rund läuft.
Während der VDMA – so Präsident Eberhard Reuther auf der Messe – 1998 Einbrüche im Auftragseingang von 10 % bis 15 % zu verzeichnen hatte, kann die Fachgemeinschaft Robotik und Automation im VDMA auch für 1999 positive Zahlen erwarten. Der Auftragseingang im ersten Quartal mit einem Plus von 20 % stärkt die Prognose, daß sich die Wachstums-Dynamik der Branche vergleichsweise robust verhält.
Mit 4400 Einheiten jährlich ist die Automobil-Industrie wichtigster Abnehmer von Robotern in Deutschland. Allerdings wurden die Zuwächse für 1998 in anderen Industriebereichen erzielt, die den Roboter als flexibles Automatisierungs-Modul erkannt haben. Der Einsatz wächst in der Montage, beim Handhaben, Kommissionieren und Palettieren. Dazu tragen die technischen Entwicklungen im Sensorik- und Vision-Bereich – sowie die gesunkenen Kosten dafür – erheblich bei.
Mit dem auf der Hannover Messe erstmals ausgestellten Hochleistungs-Kommissionier-Roboter für Kleinteile, dem IRB 340, geht ABB völlig neue Wege. Das Gerät hat nichts mit dem Knickarm- oder Scara-Prinzip gemein, es besteht im wesentlichen aus einem Sockel, der die Antriebsaggregate enthält, und drei spinnenbeinähnlichen Armen, die auf eine Greifer-Plattform wirken.
Der FlexPicker, so nennen die ABB-Ingenieure ihre Entwicklung, ist für schnelles Handling konzipiert, er soll 7200 Arbeitsspiele pro Stunde schaffen – also pro Sekunde zwei. DieTeile dürfen bis zu 1 kg schwer sein. ABB will mit dem kleinen „Flitzer“ vor allem Arznei- und Nahrungs-Mittel sowie Drogeriewaren von Transportbändern in Verpackungen befördern. Dafür reicht der zylindrische Arbeitsbereich, denn ABB mit 250 mm Durchmesser und 1130 mm Höhe angibt, sicher aus.
Dieser Arbeitsbereich wird von einem intelligenten Vision-System von Cognex erfaßt. Erste Erfahrungen sollen beim Verpacken von Schokoladen-Plätzchen gesammelt werden.
Den klassischen Bereich des Punktschweißens will Fanuc mit seinem neuen Gerät F-200i erobern. Denn dieser Roboter mit ganz neuer Kinematik geht nach Hersteller-Angaben äußerst sparsam mit der Energie um: Der Parallel-Mechanismus auf Stewart-Plattform nimmt nur 20 % der elektrischen Leistung eines vergleichbar starken konventionellen Roboters auf. Das liegt zum Großteil am Verhältnis von Traglast zu Eigengewicht, das mit 1:1,7 um Klassen besser ist als bei üblichen Industrierobotern, bei denen dieses Verhältnis in der Größenordnung von 1:10 und darüber liegt.
In der Reichweite sind dem neuen Fanuc F-200i allerdings Grenzen gesetzt. Dafür kann er aufgrund seines geringen Platzbedarfes auch unter sehr beengten Verhältnissen stehend oder hängend eingesetzt werden. Allzu viel Schnelligkeit darf man allerdings nicht erwarten, seine „Höchstgeschwindigkeit“ wird mit 200 mm/s vertikal und 300 mm/s horizontal angegeben.
Nicht abgesprochen, und doch auf demselben Weg befinden sich Reis, Obernburg, und Stäubli, Bayreuth: Beide Hersteller setzen auf Windows-Technik. Damit besteht für den Anwender die Möglichkeit, seine Roboter unter der Windows-Oberfläche (95 und NT) zu programmieren. Mit der Reis-PC-Software RobOffice läuft auf dem PC die identische Steuerungs-Software der Robotstar V in Echtzeit ab. Als Programmieroberfläche wird dabei das Programmier-Handgerät in einer fotorealistischen Darstellung mit Display und mausbedienbaren Tasten auf dem PC-Bildschirm abgebildet. So sind Programm-Erstellung, -Test und -Ausführung in Echtzeit am PC möglich. Man kann vorab Zykluszeiten ermitteln, Bewegungsparameter optimieren und Programme auf Laufzeitfehler prüfen, ohne daß der Roboter dazu seine Arbeit unterbrechen muß.
Kuka, dieses Unternehmen stellt mit 5000 produzierten Robotern allein rund die Hälfte der deutschen Jahres-Produktion, setzt auch auf Windows . „Diese Software, die in allen Bereichen der modernen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken ist“, so KukaGeschäftsführer Stefan Müller, „trägt ganz entscheidend dazu bei, die Hemmschwelle für den Roboter-Einsatz zu senken.“ So konnte man denn auch in einem Praxisbeispiel den Roboter als Möbelmonteur vorstellen.
Mit dem Systempartner IBG wurde eine flexible Roboterzelle für die Komplettmontage von Korpusteilen entwickelt. Vorkommissionierte Möbelteile wurden von zwei Robotern, einem KR 15 und einem KR 30, aus der Hängebahn entnommen, optisch vermessen und mit Konstruktionsbohrungen versehen. Ferner werden Anbauteile befestigt und Kleber aufgebracht. Ablaufoptimiert erreichen die Roboter – bei Komplettmontage von Varianten in beliebiger Reihenfolge und Losgröße 1 – eine Taktzeit von nur 60 s.
NORBERT SCHMIDT/KÄM
Rohes Ei läuft nicht aus: Feinfühlig fräst der Roboter „Caspar“ von Orto Maquet auf dem Stand von Sträubli die Kalkschale durch bis zum Schalenhäutchen. 35 dieser Operationssysteme sind inzwischen in Betrieb und führen 300 Hüftgelenk-Operationen pro Monat durch.
Hexapod trägt 100 kg bei nur 170 kg Eigengewicht. Fanuc zeigte das platzsparende Modell F-200i beim Punktschweißen.
Die Laufmaschine “ Lauron II“ des Forschungszentrums Informatik, Karlsruhe, konnte sich in der wohlstrukturierten Halle 17 leicht zurechtfinden.
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