Angst vorm Roboter?
Japaner spielen unbefangen mit neuen Technologien – wir lieber mit unseren Ängsten.
Lydia Haustein zeigte sich erleichtert. Nachdem sie einen Blick auf den Stand der realen Robotik geworfen hatte, diagnostizierte die Kunsthistorikerin vom Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ einen großen Abstand zu den Fähigkeiten der Roboter, die unsere Literatur und vor allem die Leinwand bevölkern. Die dort beschriebene Machtübernahme durch die Maschinen stünde offenbar nicht unmittelbar bevor. „Wir haben wohl noch Zeit“, so Haustein.
Wer so denkt, hat eigentlich nur wenige Perspektiven für die Zukunft, etwa solche: Vorbereiten auf die Entscheidungsschlacht mit den Terminatoren ein partnerschaftliches Verhältnis zu den mechanischen Dienstboten entwickeln die drohende Entwicklung verzögern.
Sachbezogener Roboterforschung sind solche Gedanken fremd, derweil das Feuilleton den menschlichen Gefühlen – zu Recht – Raum gibt sich zu artikulieren.
Diese zwei Seiten der Technik wurden auf der Konferenz „Robotics in Progress“ Ende Februar bei DaimlerChrysler in Bremen diskutiert mit dem Ergebnis, dass kreative Science-Fiction-Szenarien sich als bloße Zukunftsängste entpuppten. Denn durchaus überschaubar ist die Entwicklung der Roboter. In der von der Bremer Design GmbH organisierten Diskussionsrunde skizzierte Peter Steinhaus von der Universität Karlsruhe die Trends. Bei Industrierobotern geht es demnach in erster Linie darum, die Bedienung zu vereinfachen, z. B. durch multimodale Interaktion. Die Roboter sollen Sprache und Gesten verstehen lernen. Menschen müssten sie dann nicht mehr durch komplizierte Befehle programmieren, sondern könnten ihnen das gewünschte Verhalten einfach vormachen. Angestrebt ist ein gemeinsamer Arbeitsbereich von Mensch und Roboter.
Im Unterschied zur Industrie, so Steinhaus, ist bei Robotern, die in Betrieb und Gewerbe eingesetzt werden, ein höherer Grad an Autonomie gefordert. Schließlich sind hier die Umweltbedingungen nur noch teilweise an die Bedürfnisse der Maschinen angepasst, die hier ihre Dienste als Boten, Wachposten oder Reinigungsroboter verrichten sollen.
Im privaten Anwendungsbereich schließlich muss sich der Roboter in einer Umgebung bewähren, die überhaupt nicht auf ihn eingestellt ist. Hierin sieht Steinhaus einen der wichtigsten Gründe, zweibeinige Roboter mit humanoider Gestalt zu bauen: Die menschliche Form soll es ihnen erleichtern, in einer auf menschliche Bedürfnisse zugeschnittenen Umwelt zurechtzukommen. Außerdem ist die humanoide Form für Steinhaus eine zentrale Voraussetzung für die Akzeptanz bei Anwendern.
Diese These scheint gewagt angesichts der Popularität, die auch nicht-humanoide Roboter, etwa R2D2, in Filmen wie „Star Wars“ genießen. Ralf Sander von stern.de unterstrich das in Bremen eindrucksvoll mit Filmszenen. Einige der beängstigendsten Leinwandroboter dagegen sind von Menschen überhaupt nicht zu unterscheiden, etwa in „Terminator“, „Blade Runner“ oder „Alien“.
Minoru Asada aus Osaka, Präsident der RoboCup-Fußball-Federation, bestreitet denn auch die Bedeutung der humanoiden Gestalt für die Akzeptanz von Robotern. „Ausschlaggebend ist, wie gut man mit ihnen kommunizieren kann“, sagt er. „Wer Erfahrungen mit Robotern hat“, so Asada, „braucht sie nicht zu fürchten.“
An Gelegenheiten, solche Erfahrungen zu sammeln, fehlt es derzeit aber noch. „Die meisten Menschen haben noch keinen echten Roboter gesehen“, stellt Martina Haitz vom Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie fest. Die Ingenieurin und Mitbegründerin der Künstlergruppe „robotlab“ präsentiert daher seit längerem Installationen im öffentlichen Raum, etwa wie ein Roboterarm mit einem Messer zwischen die Finger einer gemalten menschlichen Hand sticht.
Thomas Christaller, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Autonome Intelligente Systeme (AIS), will von kultureller Kluft überhaupt nichts wissen. Er bestreitet eine generelle Technologiefeindlichkeit in der Bevölkerung, diese werde lediglich behauptet, ohne durch empirische Daten abgesichert zu sein. Die Entwicklung der Robotik werde eher durch eine im Markt bestehende Kluft zwischen billigen, aber auch sehr einfachen Systemen im Spielzeug- und Unterhaltungsbereich und sehr teuren, komplexen Robotern behindert. Diese Lücke glaubt Christaller durch den Einsatz von Robotern in der Ausbildung, sowohl an Hochschulen wie auch im Betrieb, füllen zu können.
HANS-ARTHUR MARSISKE/KÄM
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