Antriebe bieten noch reichlich Sparpotenzial
Energieeffizienz gerade bei Antrieben wurde auf der Nürnberger SPS/IPC/Drives vom 23. bis 25. November 2010 groß geschrieben. Da der Anteil der Energiekosten an den Lebenszykluskosten eines Motors in der Regel bei über 90 % liegt, machen sich hier auch „kleine“ Wirkungs gradsteigerungen im Bereich von 1 % bis 3 % schnell bezahlt. Die Lösungen lauten: Standby-Management, Frequenzumrichter-Einsatz, Kennliniensteuerung sowie genauere Antriebsdimensionierung.
In der Praxis lassen sich durch intelligentes Steuern, z. B. mittels Energiemanagementsystem, einzelne Prozesse herunterfahren oder komplett stoppen, wenn diese nicht benötigt werden, so Eberle. Untersuchungen hätten nämlich gezeigt, dass selbst an produktionsfreien Wochenenden der Energiebedarf einer Fabrik im Vergleich zu regulären Betriebszeiten immer noch 60 % betragen kann. Um darüber hinaus im Standy-by-Modus Verluste zu vermeiden, sollten Anlagen(teile) wo möglich komplett über Schalt- und Schutzgeräte vom Netz getrennt werden. Das Problem dabei: Kritische Prozesse lassen sich nicht immer so leicht prozesssicher anfahren bzw. herunterfahren.
„Nur wer die Applikation genau kennt und die Zusammenhänge der Teilprozesse versteht, kann die richtigen Teilprozesse modular abschalten, ohne die Verfügbarkeit der Gesamtapplikation einzuschränken“, sagte Eberle. Der Experte glaubt, dass die Herausforderung der Zukunft darin bestehen wird, noch intelligentere Soft- und Hardwarelösungen zu entwickeln, um auch diese Prozesse unter energetischen Aspekten zu verbessern.
Heiko Stichweh und Albert Einhaus von Lenze Drives, Aerzen, berichteten auf dem Kongress über die energieeffiziente Regelung von Asynchronmaschinen mittels Frequenzumrichter: Konkret stellten die beiden Fachleute ein Verfahren zur Regelung vor, mit dem eine erhebliche Steigerung des Wirkungsgrads für Anwendungen im Teillastbereich möglich wird – etwa in der horizontalen Fördertechnik oder Lüftertechnik. Die Methode fußt auf der energieeffizienten und leicht umzusetzenden U/f-Kennliniensteuerung und erweitert dieses Verfahren gleichzeitig um eine Regelung des Leistungsfaktors. Diese bewirkt eine gezielte Anpassung des Rotorflusses, wodurch die Kupferverluste im Rotor und Stator im Teillastbereich auf ihr Minimum reduziert werden. „Exemplarisch ließ sich dadurch für einen 2,2 kW-Motor eine Wirkungsgradverbesserung von bis zu 20 % erzielen,“ ergänzte Stichweh.
Horizontale Fördersysteme zählen in der Industrie zu den häufigsten Anwendungen von elektrischen Antrieben: In hochautomatisierten Massenfertigungen werden über 50 % aller Antriebe hierfür eingesetzt, in der Intralogistik sind es sogar über 90 %. Somit enthält ein typisches Lagersystem schnell einige 100 bis zu mehreren 1000 solcher Fördersegmente: Dazu zählen etwa Rollenförderer für Paletten, die meist bei sehr niedriger Teillast betrieben werden. Thorsten Hohnsbein, Uwe Klaus und Edwin Kiel vom Innovationsbereich bei Lenze, haben hierfür verschiedene Antriebe in einem typischen Anwendungsszenario getestet: Das zeichnet sich beim Fördern durch eine sehr niedrige Rollreibung sowie einen sehr kleinen Leistungsbedarf aus, der zu einer extremen Teillast der Antriebe führt. Bei den heute üblichen Antrieben mit
0,55 kW bzw. 0,75 kW Leistung seien durch einen konsequenten Umrichtereinsatz deutlich niedrigere Nennleistungen möglich, so Hohnsbein. Mittels einer genaueren Dimensionierung des Antriebs kann dieser sowohl deutlich kleiner gewählt werden und er lässt sich in einem Bereich besseren Wirkungsgrades mit weniger Teillast betreiben. „Wegen der starken Teillast lässt sich die Effizienz hier durch den Einsatz einer Energiesparregelung mit einem Frequenzumrichter noch einmal deutlich verbessern,“ weiß Hohnsbein.
An neuen Bewertungsmethoden für die Energieeffizienz eines elektrischen Antriebssystems arbeitet hat sich Jörg Roth-Stielow vom Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe, Universität Stuttgart, Gedanken gemacht: Denn im Bereich der Automatisierungs- und Handhabungstechnik befinden sich viele Antriebssysteme im nicht stationären Betrieb – sie beschleunigen und bremsen zyklisch. Bei diesen Antrieben ist besonders im Bereich kleiner Leistungen von nur wenigen Kilowatt der Vergleich der Energieeffizienz wenig verbreitet. Wo jedoch eine große Zahl solcher Antriebe im Einsatz ist, macht sich das in der Summe deutlich bemerkbar.
Da aber die aufgenommene und die abgegebene Leistung nicht konstant sind, würde ein ermittelter Wirkungsgrad lediglich für einen bestimmten Betriebspunkt gelten. Roth-Stielow schlug stattdessen eine Bewertungsmethode vor, welche die Energieeffizienz nach der benötigten elektrische Energie pro Bewegungszyklus als Vergleichsgröße bestimmt. „Durch eine Simulation mit dem Modell eines kompletten Antriebssystems lässt sich diese Energie für den nicht stationären Betrieb leicht bestimmen.“ Voraussetzung hierfür sei allerdings ein energieexaktes Simulationsmodell des Antriebssystems, in welchem alle signifikanten Verluste modelliert sind.“ E. LANGE/KIP
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