Krisenforschung 13.03.2009, 19:40 Uhr

Wirtschaftsprophetie auf wackligem Fundament  

Statt sich mit empirisch kaum fundierten Prognosen hervorzutun, sollten sich Wirtschaftswissenschaftler auf Fakten konzentrieren, lautet die Kritik aus den eigenen Reihen. VDI nachrichten, Düsseldorf, 13. 3. 09, ws

„Die Wirtschaftsdisziplinen brauchen eine wissenschaftliche Revolution“, verkündete Jean-Philippe Bouchaud, Finanzmanager und Dozent an der Pariser Elitehochschule Ecole Polytechnique, im vergangenen Oktober im prominenten Fachorgan „Nature“.

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Die Revolution scheint mittlerweile in vollem Gange. Die Schlüsselbegriffe, mit denen die Gelehrten das Wirtschaftsleben zu erklären versuchen, sind nicht mehr Derivate, Hedgefonds, Leerverkäufe, also technische Instrumente, sondern lebendige Tugenden und Untugenden wie Gier ohne Grenzen, Fairness und Vertrauen, Management mit Moral.

Als der Bonner Professor Armin Falk Mitte der 90er Jahre seine Diplomarbeit über die „Ökonomie des Vertrauens“ schreiben wollte, fand er dafür keinen Prüfer. „Stattdessen habe ich dann etwas ganz Furchtbares gemacht: eine Arbeit über Finanzmarktinnovationen.“

Ende März erhält Falk den 2,5 Mio. € schweren Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sozusagen den deutschen Nobelpreis für seine verhaltenspsychologischen Untersuchungen vom Geben und Nehmen und Zusammenspiel im Wirtschaftsleben.

Einer von Falks Tests im Bonner „Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung“ (Econlab) ist das Ultimatum-Spiel: Ein Spieler soll einem zweiten etwas von 10 € abgeben, wobei beide wissen, dass keiner etwas davon hat, wenn der Zweite ein unfair erscheinendes Angebot beleidigt ablehnt. Falk: „Schon wenn der Erste nur 4 € rausrücken will, platzt der Deal in der Regel.“

Diese Erfahrung widerspricht der Lehrbuch-Figur des homo oeconomicus, des rein rationalen Nutzenmaximierers ohne Fleisch und Blut. Ein Paradigmenwechsel also von dogmatischen Phantomen zur Verhaltensforschung.

Auf diesem Wege versucht Falk mittels bildgebender Verfahren festzustellen, wie es im Gehirn zu Entscheidungen kommt. Sein Kollege Brian Knutson von der Stanford Universität in Kalifornien gibt einen ersten Hinweis: „Fürs Geld sind im Gehirn dieselben Schaltkreise zuständig wie für Drogen und Sex.“

Ungleich schwieriger wird die experimentelle Forschung allerdings, wenn es nicht um die Entscheidungsbildung einer Einzelperson, sondern in einer Familie oder einem Unternehmensvorstand geht. Dabei kommen widerstreitende Interessen ins Spiel. Und je nachdem kommen Ergebnisse heraus, die kein einzelner Beteiligter verantworten kann oder will, sondern nur das Gremium. „Das ist ein noch weithin unerschlossenes Feld der Forschung“, erläutert Heike Schmidt vom Bonner Econlab – wenn sich denn Vorstandssitzungen überhaupt wirklichkeitsnah im Labor simulieren lassen.

Erfolgversprechende Simulation oder Experimente setzen die Wiederholbarkeit und Regelmäßigkeit der untersuchten Ereignisse, also Routinehandlungen voraus – aus denen aber nicht die besondere Dynamik des Wirtschaftslebens hervorgeht. Vielmehr verwies der Physiker Isaac Newton schon vor 300 Jahren auf die „Verrücktheiten der Menschen“, die schwerer vorherzusagen seien als die gesetzmäßigen Bewegungen der Planeten.

Anders gesagt: Märkte gehören wie das Wetter zu den „sensiblen Systemen“ der modernen Chaostheorie, in denen eine geringe Veränderung der Ausgangslage zu ungeahnten Folgen führen kann. Zum Beispiel der Flügelschlag eines Schmetterlings zu einem Sturm oder die Zahlungsunfähigkeit der Investmentbank Lehmann zur Weltwirtschaftskrise.

Was sollten Wirtschaftswissenschaftler vernünftigerweise tun? Weniger mit Prognosen oder Tipps zum ergebnisoffenen Spielverlauf hervortreten, sondern faire Spielregeln vorschlagen und den veränderlichen Gegebenheiten anpassen. Das, so der Kölner Altmeister Hans Willgerodt, ist die traditionelle wissenschaftliche Wirtschaftspolitik, aus Lebenserfahrung wertende Wissenschaft. Daran aber wollen sich nach Willgerodts Beobachtung heute viele Kollegen nicht die Finger verbrennen. Sie spielen lieber mit abstrakten Modellen, die den Anschein der Exaktheit erwecken und damit unangreifbar erscheinen können – bis sie, wie zurzeit, an der Realität jämmerlich scheitern. H. HORSTKOTTE

Ein Beitrag von:

  • Hermann Horstkotte

    Hermann Horstkotte ist freier Journalist und  lehrte als Privatdozent an der RWTH Aachen. In Bonn arbeitet er als Bildungs- und Wissenschaftsjournalist.

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