So spannend kann Technik sein
VDI nachrichten, Hannover, 25. 4. 08, Fr – Ob Technik zum Anfassen, Entscheidungshilfen bei der Berufs- oder Stellenwahl, Job- oder Karriereangebote – in Halle 26 der Hannover Messe ist die ganze Palette zu einem jungen Kosmos vereint.
Klar kennen sie Einstein. Und von schwarzen Löchern haben sie zumindest so viel Ahnung, dass diese ihnen unheimlich sind. Doch das ist nicht der Grund, weshalb Amina, Aylin, Dilek, Julia und Laura den Relativitäts-Talk des Physik-Professors nicht hören mögen, obwohl der sich wie ein Bandleader auf der gigantischen Bühne der Halle 26 mit witzigen Beispielen und flotter Intonation um die Zuhörer müht. „Workshops haben wir auch in der Schule“, konstatiert Aylin.
Die fünf Mädchen, Schülerinnen der 11. Klasse eines sauerländischen Gymnasiums, sind – eingeladen von der Initiative TectoYou – mit klaren Vorstellungen nach Hannover gekommen. „Hier wollen wir Roboter sehen, technische Experimente und eine geführte Tour durch die Forschungshalle 2 machen“, erklärt Laura. Sie mögen Technik, auch Naturwissenschaften, haben aber „ziemlich Respekt“ davor, wie Dilek gesteht. „Hier ist das ganz anders die Leute auf den Ständen sind richtig nett und herzlich.“ Das macht Mut.
Herzen erobern, um technischen Nachwuchs zu gewinnen. In Halle 26, einem Mix zwischen Science Center und Labor mit Stellenmarkt und Berufswettbewerben, könnte das klappen. TectoYou-Partner aus Industrie, Wissenschaft, Verbänden und Schulen haben sich einiges einfallen lassen, um die zur Messe geladenen 20 000 Jugendlichen für Technik zu faszinieren und zu aktivieren.
Während auf dem Fraunhofer-Stand jeweils zwölf Schüler eine Stunde lang einen Roboter programmieren und das Ergebnis praktisch erproben, ereifern sich vor den blinkenden Touchscreen-Experimenten bei Sick Sensor Intelligence selbst die Mitschüler von Amina, obwohl diese jungen Männer ansonsten sehr auf ihre lässige Schnoddrigkeit achten.
Halle 26 hält für viele etwas bereit. „Für mich ist das hier wie ein Inputladen, in dem ich Ideen tanken kann“, gesteht der Bochumer Maschinenbau-Student Stefan Weber, der auf einem TectoYou-Stand mit seiner Kommilitonin Jennifer Ostermann eine Lampe zusammenlötet. Dem Nachwuchs wird sogar ein roter Teppich ausgebreitet – markantes Symbol der Verzweiflung, mit der nach qualifizierten Fachkräften und Ingenieuren gesucht wird. Über diesen Teppich lässt sich auch die beeindruckend lange Reihe der Stellenangebote abschreiten, die an den Jobwänden des Job&Career Markets direkt neben den Experimentierstationen hängen. Ein Trip wie durch Aktienkurse bei absoluter Hausse: Audi hat 800 qualifizierte Stellen zu vergeben, Brose 9950, Brunel allein 300 für Hochschulabsolventen, EuroEngineering 500, Ferchau 900, Rexroth 300, Rücker 250…
Rund 50 Industriefirmen, Stellenvermittler, Hochschulen, Weiterbildungsinstitute bieten auf diesem 3000 m2 großen Markt Ingenieurjobs, Praktika, Diplomarbeiten, qualifizierte Azubistellen, Information und Beratung. Bei Ferchau zupft ein Jugendlicher das Angebot für einen Abteilungsleiter Technische Redaktion Maschinen- und Anlagenbau von der Jobwand ab.
Sein Kumpel möchte eher auf Manager in Luft- und Raumfahrt machen, „aber nur so angedacht“, weil ihm ein Raumfahrtexperiment so gefallen hat. Überzeugungsarbeit läuft offenbar auf vielen, auch verschlungenen Wegen. Vielleicht auch über die Riesenfete am letzten Messetag, die den Technikspaß in Bauch und Hirn der Jugendlichen einbrennen will. Oder mit der CareerNight-Party für Studierende und Absolventen am Messemittwoch.
„Die Erlebnisfülle der Halle 26 erschlägt einerseits die Jugendlichen“, resümiert der Mathe- und Physiklehrer Friedel Fiedler, der mit seiner Klasse schon im letzten Jahr zur Messe gefahren ist. „Andererseits sehen die jungen Menschen weder in der Schule noch in der Freizeit die hier ausgebreitete Vielfalt der Technik, die ihnen Impulse geben kann.“ RUTH-KUNTZ BRUNNER
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