Ingenieur-Ausbildung setzt Maßstäbe
Laut Studentenschaft haben sich deutsche Hochschulen mit Erfolg der Qualitätsverbesserung in der Lehre verschrieben. Die schlechte Nachricht: Die Studienfinanzierung bereitet immer mehr Studierenden Kopfzerbrechen und das Vorhaben, die soziale Schere zu schließen, ist vorerst gescheitert.
Die „neue“ Hochschule wird nach den Reformen mit Bachelor und Master von deutschen Ingenieur-Studierenden in vielen Teilen positiv aufgenommen. Die Lehre an Fachhochschulen und Universitäten hat sich nach ihrer Erfahrung im letzten Jahrzehnt deutlich verbessert.
Diese Beurteilung gilt allerdings längst nicht für alle Fachbereiche. Die Juristen etwa klagen über die schlechte Durchführung der Lehrveranstaltungen und mangelnde Beratung. Das geht aus dem jüngsten „Studentensurvey“, in Auftrag gegeben vom Bildungsministerium, hervor.
„Die Fachrichtungen der Ingenieur- und Naturwissenschaften können als beispielhaft gelten“, befindet das Autoren-Team, drei Wissenschaftler der Universität Konstanz. „Sie haben offenbar in den letzten Jahren am meisten in die Studienqualität zur Steigerung der Modernität und Attraktivität investiert.“ Insbesondere die Uni-Studenten heben den gelungenen Aufbau und die gute Betreuung hervor.
An den Universitäten stellt sich die Lage stark abweichend dar: In den Ingenieurwissenschaften sei ähnlich wie in anderen Fachbereichen eine bessere Personalausstattung vonnöten, da hier nur 26 % der Studierenden mit ihrem „Prof.“ in Kontakt stehen. 34 % aller Uni-Studierenden wünschen sich zwangsläufig mehr Beratung.
Die „Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden“ bliebe so „weiterhin eine bloße Idee oder Illusion“. Allein der Status als „Kunde“, der eng mit dem Gedanken der Hochschule als Unternehmen verbunden ist, verbessere nicht die Kontaktsituation der Studierenden, kritisieren die Konstanzer Wissenschaftler.
Die fachliche Qualifikation gelingt den Hochschulen nach Meinung der Befragten nahezu überall gut. Den höchsten Zufriedenheitswert erreicht dieser Aspekt, wenn die Studierenden auf ein vier- bis sechsmonatiges Praktikum zurückblicken können. 69 % geben dann an, eine gute praxisnahe Förderung erhalten zu haben.
In Bezug auf den „Bologna-Reformprozess“ richten sich die Bedenken weniger auf die Ziele, wie die Schaffung eines europäischen Hochschulraumes, als vielmehr auf die Strukturen. Diese seien laut Studentenschaft wenig geeignet, den Hochschulen zu größerer Attraktivität für ausländische Studierende zu verhelfen. Noch weniger trüge der Bachelor zu guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt bei. Bereits 2001, bei der letzten Umfrage, glaubten nur 25 % der Befragten an verbesserte Aussichten, jetzt waren es nur noch 12 %.
Besonders unzufrieden mit dem Bachelor sind die Ingenieure in spe an den Universitäten. „Sie sehen eine zu geringe wissenschaftliche Qualifikation in diesem Studiengang und eine zu geringe Förderung von Schlüsselqualifikationen“, heißt es in der Studie.
„Als ein bedenkliches Signal für ein prekäres Lebensgefühl . . . , dem stabile Perspektiven und Identitäten verloren gehen“, sehen die Autoren die Zunahme der „Anomie“ unter den Studierenden. Es herrsche zunehmend der Eindruck, den gewünschten Lebensweg nicht mehr selbst gestalten und durch eigene Leistung steuern zu können. Schon während des Studiums sei die Angst zu scheitern permanenter Begleiter. Eine bessere Betreuung durch die Dozenten sei der Schlüssel, die aus dem Frust resultierende hohe Abbrecherquote zu verringern.
Als zunehmende Belastung empfinden die Studierenden auch die aktuelle finanzielle Lage. Waren es 1993 noch 19 %, die über Geldmangel klagten, sind es jetzt bereits 30 %.
Insgesamt aber hätten sich die beruflichen Erwartungen der Studierenden „aufgehellt“, ziehen die Konstanzer Hochschulforscher Bilanz. „Besonders bemerkbar macht sich dies in einzelnen Disziplinen der Ingenieurwissenschaften wie im Bauingenieurwesen oder in der Elektrotechnik, wo ein steigendes Nachfrageplus auf dem Arbeitsmarkt und in Teilbereichen ein Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen zu verzeichnen ist.“ Dies sei eine deutliche Reaktion der Studierenden auf die positive wirtschaftliche Entwicklung.
Da die Zahlen auf Erhebungen aus dem Wintersemester 2006/2007 beruhen, ist künftig angesichts der drohenden Wirtschaftsflaute mit entsprechend düsterer Einschätzung der Studierenden zu rechnen.
Mit Besorgnis registrieren die Wissenschaftler zudem den Trend gymnasialer Oberstufenschüler, weniger Leistungskurse in Mathematik, Physik und Chemie zu besuchen. Folge sei das abnehmende Interesse an entsprechenden Studienfächern. Auch die immer weiter aufklaffende soziale Kluft der Studierenden bereitet den Konstanzern Sorge. Vor allem an den Universitäten dominiere das „akademische Milieu“. Von Chancengleichheit sei wenig zu spüren. W. SCHMITZ
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