Helfen, wo die Not groß ist
VDI nachrichten, Karlsruhe, 8. 6. 07, ws – Sie helfen, wo die Not groß und Ingenieurwissen gefragt ist. Die Mitglieder der Karlsruher Hochschulgruppe „Engineers Without Borders“ profitieren von Erfahrungen, die kein Hörsaal vermittelt.
Wir sind wieder mitten in einer Projektbesprechung“, sagt hastig Pierre-Jacques Frank (24), Vorsitzender „Engineers Without Borders“ (EWB) und an der Uni Karlsruhe Bauingenieur-Student im sechsten Semester. Er ringt nach Luft. Aber die Begeisterung für die Hochschulgruppe EWB lässt ihn schnell wieder zu Atem kommen und er erzählt.
Engineers Without Borders wurde 2004 gegründet. Die Idee brachte Prof. Gerhard H. Jirka aus den USA mit.
Die Studierenden nahmen den Ball auf: Inzwischen hat der Verein über 40 studentische Mitglieder im Alter zwischen 19 Jahren und Ende 20. „Wir sind“, sagt Frank, „ein lokaler Studentenverein. Wir stellen neben der Hilfe den Lerneffekt für unsere studentischen Mitglieder in den Vordergrund.“
Praktische Erfahrungen haben die Mitglieder bei Projekten in Brasilien, Indien und insbesondere Sri Lanka gesammelt. Der Kontakt zu dem Inselstaat entstand durch Maschinenbau-Ingenieur Herbert Perera. Er vermittelte 2005 das erste Projekt: Die Karlsruher Studierenden halfen beim Bau von 25 Zisternen im Dorf Pubudugama.
Das zweite Projekt wird im Nachbardorf realisiert. Es heißt Pitigoda und liegt im Hochland von Sri Lanka. Der Wasserspiegel des nahe gelegenen Flusses steigt mehrmals im Jahr so stark an, dass die Bewohner den Fluss nicht durchqueren können, um ans andere Ufer zu gelangen. Die Bauern können den fruchtbaren Boden nicht mehr bestellen, die Ernte nicht einholen. Eine Fußgängerbrücke soll helfen.
Zwei Mitglieder von EWB waren im April vor Ort, um den Fluss zu vermessen. Bodenproben wurden in Zusammenarbeit mit der University of Peradeniya analysiert, um die Position der Brückenfundamente festzulegen.
Rund 30 m wird die Holzbrücke lang werden, Baubeginn soll im Wintersemester sein. Dazu muss der Weg, der nach Pitigoda führt, ausgebaut werden. Frank: „In Sri Lanka können sie ein Auto nur mit Fahrer mieten. Die Fahrer weigerten sich, unsere Mitglieder ein zweites Mal nach Pitigoda zu fahren, aus Angst, ihre Autos könnten in dem unwegsamen Gelände kaputtgehen. Also arbeiten wir mit der Behörde zusammen, damit der Weg ausgebaut wird.“
Die Spenden, die EWB sammelt, fließen zu 100 % in die Projekte vor Ort, die mit Arbeitskräften aus den Dörfern realisiert werden, um Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Kosten, die in Deutschland anfallen, bezahlen die Studierenden aus eigener Tasche – und aus dem Verkauf von Waffeln bei Uni-Festen.
Jobsuche für Ingenieure
Da kommt zwar einiges zusammen, aber die EWB-Mitglieder bestreiten rund zwei Drittel ihrer Flugkosten aus der Privatschatulle. „Wir wollen“, so Frank, „dass die Leute zeigen, wie motiviert sie sind.“ Trotz immer voller gepackter Studienpläne und trotz Nebenjobs wächst die Mitgliederzahl von Engineers Without Borders stetig. KLAUS HEID