Die Klassiker oder doch das Spezial-Studium?
Es gibt keinen signifikanten Hinweis, dass das interdisziplinäre Studium größere Berufschancen eröffnet als Klassiker wie Maschinenbau und Elektrotechnik.
Da könnte mancher angehende Student das Gefühl bekommen, dass es sich gar nicht mehr lohnt, ein klassisches „Grundlagenstudium“, etwa Maschinenbau, Elektrotechnik oder Physik, zu absolvieren. Doch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen eine andere Sprache: Lediglich 182 Studenten haben im Jahr 2004 in Mechatronik ihre Prüfung bestanden, gegenüber mehr als 13 100 in Maschinenbau und Verfahrenstechnik sowie etwa 7400 in Elektrotechnik.
Ähnlich extrem fallen die Unterschiede in der Informatik aus: Lediglich die Wirtschafts-Informatiker bringen es inzwischen auf eine vierstellige Absolventenzahl (2004: mehr als 2660 bestandene Prüfungen), dagegen fällt die Zahl der Bioinformatiker oder Technischen Informatiker gegenüber der Gruppe klassischer Informatiker (2004: mehr als 6300 bestandene Prüfungen) kaum ins Gewicht.
Antje Lienert, Berufsexpertin des VDI, empfiehlt mit Blick auf alle neuen interdisziplinären Studiengänge, „sich eine Spezialisierung gut zu überlegen“. Es sei eben nicht umsonst so, dass Maschinenbau und Elektrotechnik noch immer zu den gefragtesten Ingenieur-Ausbildungen bei den Unternehmen gehörten. „Natürlich kann ein spezialisierter Studiengang Sinn machen, wenn man etwa schon eine Lehre absolviert hat und in der betreffenden Branche bleiben möchte.“ Aber oft lasse sich zu Studienbeginn die Entwicklung des Arbeitsmarktes bis zum Ende des Studiums noch nicht einschätzen.
Auch Uwe Schumann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung in Halle, rät zur Vorsicht: „Viele der Studiengänge im Bereich der Nanotechnologie sind neu. Man weiß letztlich nicht, wie die Wirtschaft darauf reagieren wird.“ Schumann und seine Kollegen untersuchen derzeit die „Qualifizierung von Akademikern im Bereich Nanotechnologie“. Die Studie soll gegen Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Und auch bei CC-Nanochem, einem Kompetenzzentrum aus Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die das Potenzial chemischer Prozesstechniken für die Entwicklung neuer Nanomaterialien nutzen, sieht man dies ähnlich: „Wir empfehlen eher eine herkömmliche naturwissenschaftliche Ausbildung mit zusätzlich angeeigneten Kenntnissen auf einem relevanten Gebiet der Nanotechnologie als eine generalisierte Nanotechnologieausbildung“, sagt Martin Schubert vom Saarbrücker Leibniz-Institut für Neue Materialien, das für die Koordination des CC-Nanochem zuständig ist.
Möglicherweise müssen sich Erstsemester auch gar nicht mehr mit der Frage „klassischer versus spezialisierter Studiengang“ herumschlagen – zumindest nicht in der Informatik. Matthias Jarke, Präsident der Gesellschaft für Informatik, erwartet nämlich, dass „durch die Umstellung vom Diplom auf Bachelor und Master die Studienlandschaft neu sortiert wird“: Weg von der Vielzahl an Diplomstudiengängen, hin zu einer Konzentration auf wenige Bachelor-Studiengänge. „Wegen der sehr knapp bemessenen Studienzeiten wird es nur wenige grundlegende Bachelor-Studiengänge geben. Dagegen erwarte ich bei den Master-Studiengängen eine viel stärkere Ausdifferenzierung.“
Dabei werde es auch echte Hybrid-Studiengänge geben, etwa „die Automatisierungstechnik, die sich aus Maschinenbau, Informatik und Elektrotechnik zusammensetzt oder das Computational Engineering als Hybrid aus Maschinenbau, Informatik und numerischer Mathematik“. M. VOGEL
Ein Beitrag von: