Biologie und Chemie unter dem Primat der Technikausbildung
Das Studium hat an der Fachhochschule in Trier eine lange Tradition. Aber erst seit vier Jahren entdecken Abiturienten den breit gefächerten Studiengang, bei dem Maschinenbaukenntnisse mit naturwissenschaftlichem Wissen einhergehen. VDI nachrichten, Düsseldorf, 9. 4. 09, ws
Rupert Binnig isst längst nicht alles. Dazu ist der Ingenieur-Professor zu sehr Fachmann. Binnig leitet seit 1991 die Fachgebiete der Lebensmitteltechnologie an der Fachhochschule Trier. Er vertritt die Fachgebiete der Lebensmitteltechnologie: Früchte- und Gemüse-, Molkerei-, Getreide- und Fleischtechnologie. Darüber hinaus werden von ihm Reinigungstechnik, Verpackungstechnik, Umwelttechnik und Ernährungsphysiologie als Studienfächer angeboten.
Das alles lässt schon ahnen: Wer als angehender Ingenieur in diesem stark interdisziplinär ausgerichteten Fach anfängt, kommt mit vielen anderen Fachbereichen in Berührung. „Vor allem Biologie und Chemie spielen bei uns noch eine Rolle, sind jedoch der Technik nachgeordnet“, erklärt Rupert Binnig.
Er gehörte selbst Mitte der 70er-Jahre zu den ersten Absolventen in Trier. „Damals hieß das Studium noch Lebensmitteltechnologie“, erinnert er sich. Die Ausbildung existiert laut Binnig seit die Lebensmittelherstellung immer industrialisierter wurde, also seit rund 30 Jahren. „Früher hatten wir anfangs einige Studentinnen, die dachten, hier wird gekocht“, amüsiert sich Rupert Binnig. Aber mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass an der schon immer ingenieurwissenschaftlich ausgerichteten Fachhochschule Trier ganz andere Themen bearbeitet werden, bei denen Maschinenbaukenntnisse eine wesentliche Rolle spielen.
In den Diplom-Arbeiten geht es um „Ersatzmöglichkeiten von Zucker in Nougatcreme“, „Parameter zum Waschen und Trocknen von Flaschenkorken“ oder „Versuche zum biologischen Säureabbau im Wein“. Erleichtert wird die Forschung durch das von Binnig neu eingerichtete Produktentwicklungs-Center sowie durch das Lebensmitteltechnikum.
Die Liste der betreuenden Unternehmen liest sich wie das Who-is-who der deutschen Lebensmittelwirtschaft: Hochwald-Werke, Meggle, Weihenstephan, Südzucker, Quint-Fleisch, Lambertz oder KHS Maschinen- und Anlagenbau.
„Einmal im Jahr rufe ich meine Studenten dazu auf, mit auf die Anuga Food-Tech zu gehen. Dort finden sich immer gute Themen“, weiß Rupert Binnig. Und künftige Arbeitgeber.
Wenn im August wieder 40 Studierende den Abschluss in den Händen halten, haben sie durch ihre praktische Abschlussarbeit in der Regel auch gleich ein Stellenangebot. „Rund 70 % arbeiten in der Lebensmittelproduktion, 15 % in der Zulieferindustrie und dem Maschinenbau und weitere 15 % in branchenfremden Bereichen“, beobachtet der Professor. Häufig rufen ihn ehemalige Absolventen an, weil sie jemanden einstellen wollen.
Rupert Binnig darf sich seit einigen Jahren über steigende Zahlen an Nachwuchskräften freuen. „Seit 2005 gibt es einen Run auf das Studium die Zahl der Absolventen ist von gut 20 auf 40 gestiegen“, stellt er zufrieden fest. Zum gleichen Zeitpunkt führte die Fachhochschule Trier auch das siebensemestrige Bachelor-Studium ein. Auf den Ansturm reagierte die Fachhochschule mit einem Numerus Clausus von 3,0.
Warum Lebensmitteltechnik plötzlich so gefragt ist, kann der Professor sich selbst nicht erklären. „Was uns von anderen Fachhochschulen grundlegend unterscheidet, ist die Ausrichtung auf Technik. Außerdem sind wir bewusst nicht auf eine bestimmte Branche festgelegt“, analysiert er.
Die Studierenden kommen vor allem aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland an die nur wenige Autominuten von der Trierer City entfernte Fachhochschule. „Ein vergleichbares Studium wird sonst noch in Lemgo, Fulda oder Ostdeutschland angeboten“, berichtet Binnig.
Laut Internet bieten derzeit 21 deutsche Fachhochschulen einen Bachelor und acht einen Master in diesen oder verwandten Bereichen an. Seit diesem Wintersemester ist der Master auch in Trier möglich. CORDELIA CHATON
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