Standpunkt 10.07.2009, 19:42 Uhr

Auch im Physikunterricht darf diskutiert werden

„Nur wenige Jugendliche bekommen noch leuchtende Augen, wenn es irgendwo ,Piff“ und ,Peng“ beim Experimentieren macht“, weist die Berliner Psychologin Ursula Kessels auf die begrenzte Wirkung von Experimenten hin. Unterricht, der Jugendliche begeistern soll, müsse mehr bieten. Schließlich zeige die wissenschaftliche Praxis, wie wichtig die Bereitschaft zur kritischen Diskussion sei. VDI nachrichten, Düsseldorf, 10. 7. 09, ws

Kessels: Das ist durchaus sinnvoll, um Kindern einen Zugang zu Naturwissenschaften und Technik zu vermitteln, der angstfrei und positiv ist. Solche Initiativen wirken vermutlich nicht nur unmittelbar auf die Kinder, sondern auch über die Erzieherinnen, die ursprünglich keinen technikaffinen Beruf gewählt hatten. Auch sie werden so möglicherweise eine positivere Einstellung zu Technik und Naturwissenschaften gewinnen können, um diese an die Kinder zu vermitteln. Aber: Forschungskästen sind keine Garantie, dass diese Kinder später Physik als Leistungsfach belegen. Es ist eben schwierig, kindliche Begeisterung in eine Lebensphase mitzunehmen, in der plötzlich ganz andere Dinge wichtig sind.

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Wann setzt die Zäsur ein?

Im Jugendalter werden andere Themen interessant. Nur wenige Jugendliche bekommen noch leuchtende Augen, wenn es irgendwo „Piff“ und „Peng“ beim Experimentieren macht. Die Themen, die für Jugendliche relevant sind, betreffen Fragen der eigenen Identität, die Abnabelung vom Elternhaus, Anerkennung bei Freunden, die Aneignung der eigenen Geschlechtsrolle, die Entwicklung eines eigenen Normen- und Wertesystems. So werden auch viele von denen, die mit sechs Jahren mit großen Augen technische Wunder bestaunten, mit 16 beispielsweise Fragen interessanter finden wie „Wer bin ich überhaupt? Was macht den Menschen aus? Wie sollen wir leben?“. Zur Beantwortung dieser Fragen hat der Physikunterricht, zumindest vordergründig, nichts zu bieten. Pisa-Studien zeigten: Sogar von den Schülern, die in Naturwissenschaften zu den besten gehören, interessiert sich die Hälfte nur wenig oder gar nicht für Naturwissenschaften. Das sind diejenigen, die wir mobilisieren könnten.

Leiden diese Fächer unter einem Imageproblem?

Auf jeden Fall. Physik gilt als „maskulines“ und als schwieriges Fach und, für das Jugendalter so besonders wichtig, als eines, das wenig Raum zur Selbstverwirklichung lässt. Außerdem haben wir herausgefunden, dass der prototypische Vertreter naturwissenschaftlicher Fächer von Gleichaltrigen zwar als intelligent und motiviert wahrgenommen wird, ansonsten aber eher negativ gesehen wird: verklemmt, einsam, wenig emotional, schlecht gekleidet – so wie sich die meisten Jugendlichen selbst eben nicht sehen oder sehen möchten.

Sind Mädchen besonders schlecht zu erreichen?

Faktisch ja, sie wählen diese Fächer besonders selten. Wir fanden heraus, dass Mädchen, die hohes Interesse an Physik haben, eher maskuline Eigenschaften zugeschrieben werden. Das ist während der Pubertät natürlich ein Problem. Wenn Mädchen dagegen ihr Desinteresse an Physik kundtun, können sie sogar demonstrieren, dass sie „richtige“ Mädchen sind.

Würde es Sinn machen, Mädchen im Physikunterricht von den Jungs zu trennen?

Ja, zeitweilig kann das sinnvoll sein. Sind Achtklässlerinnen nur unter Mädchen, sehen sie sich selbst weniger durch diese geschlechtsspezifische Brille und nutzen entsprechend auch den Physikunterricht nicht dazu, ihre Weiblichkeit durch Desinteresse am Gegenstand zu demonstrieren. Im mono-edukativen Unterricht sehen sie Physik eher als normales Fach und nicht als typisches Jungenfach.

Welche Folgen hat das schlechte Image der Physik?

Je stärker das eigene Selbstbild vom Bild des Physik-Fans abweicht, desto weniger gerne mögen die Schüler Physik, desto seltener wählen sie es als Leistungsfach und desto seltener ergreifen sie eine berufliche Karriere in dieser Richtung. Die geisteswissenschaftlichen Fächer scheinen in der Schule erfolgreicher als die Naturwissenschaften darin zu sein, die jugendspezifische Vorliebe fürs „kritische Denken“ sowie den daraus erwachsenen Diskussionsbedarf zu befriedigen.

Die gängige Betrachtungs- und Vermittlungsweise lässt ein falsches, reduziertes Bild von den Naturwissenschaften entstehen. Viele Schüler glauben, es gebe in den Naturwissenschaften keine gedanklichen Spielräume und nur festgelegte Antworten.

Die entscheidende Rolle, ob die Naturwissenschaften bei Jugendlichen Akzeptanz finden, liegt also bei der Vermittlung?

Wir konnten in einer Studie zeigen, dass Psychologie-Studierende Physik weniger mit Fremdbestimmung und stärker mit Selbstverwirklichung assoziieren, wenn sie einen Text lasen, der den sozialen und diskursiven Charakter des naturwissenschaftlichen Forschungsprozesses betont. Nach dem Blick in ein gängiges Physikbuch wurde dagegen das ganze negative Image gegenüber dem Fach geweckt.

Im Unterricht könnte verdeutlicht werden, dass auch die Erkenntnisse der Physik ähnlich wie in geisteswissenschaftlichen Disziplinen auf der Kreativität von Menschen und ihrer Kommunikationsbereitschaft beruhen.

Sollten die Fächer enger verzahnt werden?

Für das Image der Naturwissenschaften könnte es günstig sein, auch die Gemeinsamkeiten von Sozial- und Naturwissenschaften zu verdeutlichen. Schließlich werden auch in der Psychologie Experimente durchgeführt und ein entsprechend ähnliches Forschungsparadigma verfolgt.

Welche Bedeutung hat der gesellschaftliche Stellenwert von Technik für den Schulalltag?

Wir leben in einer Gesellschaft, die sehr technikgesättigt ist. Norwegische Kollegen haben herausgefunden, dass die Einstellung gegenüber Naturwissenschaften in postindustriellen Gesellschaften durchgängig sehr schlecht ist. In Ländern, die wirtschaftlich weniger entwickelt sind, ist das Verhältnis wesentlich besser. Dort geht es darum, sich selbst bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Das ist ein Faktor, der in Deutschland keine Rolle mehr zu spielen scheint. Initiativen wie „Ingenieure ohne Grenzen“ können jungen Leuten aufzeigen, dass die Welt insgesamt durch technisches Know-how verbessert werden kann.

Kritiker sagen, Initiativen wie der „Girls“Day“, die für Technik begeistern sollen, fehle die Nachhaltigkeit.

Ich habe den Eindruck, dass Berufsorientierung am Gymnasium eine besonders geringe Rolle spielt. Es fehlt der Einblick in die Vielfalt technischer Berufe. Da sind Initiativen wie der „Girls“Day“ schon sehr wichtig. Fehlen diese Einblicke, bleiben falsche Bilder, wie der einsam im Keller vor sich hin tüftelnde Ingenieur. WOLFGANG SCHMITZ

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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