Akademiker auf dem Karriere-Tandem
Es kommt vor, dass Professoren bei der Berufung an eine Universität die Anstellung ihrer Akademiker-Gattin zur Bedingung machen. Wie sollen Hochschulen damit umgehen?
Die Ingenieure sind eben findige Menschen“, sagt Hanns Seidler, Kanzler der TU Darmstadt, auf die Frage, wie man bei Berufungen auf Professuren gleichzeitig den Lebenspartner mit einem Arbeitsplatz versorgt. Denn darum ging es bei einer Tagung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft über „Doppelkarriere-Paare“.
Mitunter droht die Rufannahme daran zu scheitern, dass die Ehefrau oder der Ehemann am neuen Hochschulort keine berufliche Zukunft sehen. „Wenn nötig“, so Seidler, „muss die Uni eben weit reichende Verbindungen spielen lassen.“ Nach amerikanischem Vorbild hat die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich sogar schon einen „Dual Career Advice Service“ eingerichtet, eine Jobvermittlung vor allem über bestehende Firmenkontakte.
Soweit ist die TU Darmstadt noch nicht, auch sonst keine deutsche Hochschule. „Aber gerade weil wir mehr Ingenieurprofessorinnen wollen, müssen wir uns schnellstens auf Tandem-Karrieren einstellen“, erklärt der Rektor der TH Aachen, Burkhard Rauhut. „Die weiblichen Nachwuchstalente haben in der Regel Partner, die ebenfalls Akademiker sind und berufstätig bleiben wollen. Die Hochschule muss darauf auch mit internen Stellenangeboten flexibel reagieren.“ In den USA funktioniert das oft drittelparitätisch, wie Maresi Nerad von der University of Washington berichtet. Die zusätzliche Partner-Stelle wird zu gleichen Teilen von der berufenden Fakultät, von der Hochschulleitung und dem Department finanziert, in dem die zweite Hälfte des Paares unterkommt. „Die Kombi-Stellen machen sich erfahrungsgemäß für die Uni gut bezahlt“, erläutert Nerad. „Denn dann fällt den beiden der Wechsel um so schwerer, mit weiteren Kosten für Neuberufungen ist so bald nicht zu rechnen.“
Für die deutschen Hochschulen ist das Paar-Problem freilich weniger ein ökonomisches Kalkül als eine Frage der Besten-Rekrutierung, wie DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker betont. Deutsche Nachwuchswissenschaftler in den USA geben immer wieder an, dass sie zur Rückkehr bereit wären, wenn sie hierzulande ein Tandem-Angebot bekämen. Soweit es sich bei beiden Partnern um exzellente Wissenschaftler handelt, möchte die DFG ihnen künftig mit Fördermöglichkeiten noch mehr entgegen kommen: Sie beabsichtigt beispielsweise, traditionelle Heisenberg-Stipendien zu befristeten Stellen auszubauen und die bisherige Altersgrenze bei 35 Jahren fallen zu lassen. Aber auch dann müsste sich der Bewerber, wie Winnacker klarstellt, im offenen Wettbewerb durchsetzen. Der Stifterverband will Hochschulen prämiieren, die besonders einfallsreiche Eingliederungshilfen für den akademischen Familienanhang entwickeln.
Bei allem guten Willen war die Fachtagung in Bonn unverkennbar von einem zum Teil irrationalen Star-Kult in der Forschung (und Lehre) geprägt. So kamen die Fachhochschulen neben den Universitäten mit keinem Wort vor, und überhaupt nur eine einzige FH war im Auditorium durch ihre Präsidentin vertreten. Merkwürdig geringschätzig äußerten sich manche Meinungsführer auch über die traditionelle Bestenauslese durch Bewerbungs- und Berufungsverfahren, die meist zu einem gestuften Dreiervorschlag führen. Darin liegt, so der Berliner Rechtsprofessor Ulrich Battis, eine tiefe Weisheit: „Unter Spitzenbewerbern lässt sich nur in Ausnahmefällen klar sagen, dass einer wissenschaftlich eindeutig besser ist als andere.“ Wenn der Erste, nur bedingt „der Beste“, mit Rücksicht auf den Lebenspartner nicht kommen will, ist die zweite Wahl nicht automatisch auch die schlechtere.
Es erscheint höchstens im Extremfall geboten, Doppelkarriere-Paare im Namen der Bestenauslese zu fördern. Jenseits von pragmatischen Einzelfalllösungen kamen auf der Bonner Tagung freilich allgemeine gesellschaftspolitische Ziele wie die Chancengleichheit der Geschlechter zur Geltung. Eine Wortmeldung sprach vom Qualitätsunterschied zwischen schlichten „Doppelverdienern“ und der „Verwirklichung zweier selbständiger Forscherpersönlichkeiten“. Jurist Battis bleibt skeptisch: „Die Risiken des Familienklüngels überwiegen etwaige Vorzüge spezieller Kombi-Karrieren im Hochschulbereich.“
HERMANN HORSTKOTTE
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