Wie viel Fachsprache gehört in die Bewerbung eines Ingenieurs?
Wenn es um die Bewerbung eines Ingenieurs geht, reden Personaler und Kandidaten leider oft aneinander vorbei. Das hängt oftmals mit der unterschiedlichen Sprache zusammen. Ingenieure sollten daher zwei Zielgruppen im Kopf haben, wenn sie ihre Bewerbungsunterlagen zusammenstellen: Fachleute und Personaler.

Bewerbung: Sprachlich vereinfachen.
Foto: panthermedia.net/Rawpixel
Die Wirtschaftskrise mit dem weltweiten Konjunktureinbruch erinnert viele an die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel. Und wie im alten Babylon bleibt nach dem Zusammenbruch ein großes Sprachengewirr. Nun zeigt sich auch immer öfter, wie sehr Kandidaten und Unternehmen (oder deren Berater) im Bewerbungsprozess aneinander vorbeireden. Je kleiner die sprachliche Schnittmenge ausfällt, desto eher ist die Bewerbung eines Ingenieurs zum Scheitern verurteilt. Zudem verändern sich die Kräfteverhältnisse im Arbeitsmarkt. Plötzlich sitzen die meisten Arbeitgeber wieder am längeren Hebel. Die sprachliche Brücke muss daher von den Kandidaten gebaut werden!
Bei der Bewerbung sollten Ingenieure mit wenig Fachwissen der Personaler rechnen
Zunächst ist es wichtig, sich in die Rolle der Personaler hineinzuversetzen. Wer erhält im Unternehmen meine Bewerbung als Ingenieur? Im Regelfall zunächst Personalreferenten, die mit der Erstsichtung der Unterlagen betraut werden. Diese Referenten verstehen das „Ingenieur-Handwerk“ mehr oder weniger gut oder überhaupt nicht. Nun kann nicht erwartet werden, dass sich die Personaler mit den neuesten WLAN/LAN-Technologien auskennen, weil heute ein Spezialist im IT-Bereich gesucht wird, sie sich morgen genauestens schlau machen, wie eigentlich die Arbeit des Werkstoffingenieurs im Versuchs- und Testlabor aussieht, und übermorgen fragen, was denn genau im HSE-Bereich des Unternehmens in Sachen REACH läuft, weil ein Experte für diesen Bereich gesucht wird.
Ingenieuraufgaben sind eben für den technischen Laien nicht ganz einfach zu verstehen. Sicher, im Groben wird der Personaler Bescheid wissen, meist jedoch nicht mehr, wenn überhaupt. Wenn also in der Bewerbung des Ingenieurs ausschließlich oder überwiegend Begriffe stehen, die der Personaler seiner Stellenausschreibung nicht zuordnen kann, wird es schwierig. Gleiches gilt für das Vorstellungsgespräch. Doch was kann der Bewerber seinerseits beitragen?
Schlüsselbegriffe gehören in die Bewerbung eines Ingenieurs
In der schriftlichen Bewerbung des Ingenieurs müssen sich Schlüsselbegriffe der Stellenausschreibung wiederfinden. Beispiel: In der Anzeige wird ein Entwickler/Konstrukteur für Turboverdichter gesucht. Viele Bewerber fühlen sich angesprochen. Der Personaler findet in den Bewerbungen Begriffe wie Strömungsmaschinen, mechanische Antriebssysteme, Kompressoren, Turbinen, Rotationsverdränger, Thermodynamik, Wärmetechnik usw. Personaler haben aber Probleme damit, diese Begriffe mit der Turboverdichtertechnik in Zusammenhang zu bringen. Also sollte zumindest einmal im Anschreiben und einmal im Lebenslauf augenfällig der Begriff Turboverdichtertechnik fallen.
Auch bei der Verwendung der Studienrichtungen/-fächer ist manchmal „Übersetzungsarbeit“ notwendig. Es gibt heute zig Studienfächer, in den Stellenanzeigen werden aber fast immer nur die bekannten großen Studienfächer genannt, wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Verfahrenstechnik, Fahrzeugtechnik, Bauingenieurwesen, Versorgungstechnik, Wirtschaftsingenieurwesen. Wo bleiben die vielen anderen Studienfächer und -richtungen? Selbst ein Fach wie Mechatronik taucht kaum in den Ausschreibungen auf. Stattdessen findet man einen (bequemen) Hinweis wie „vergleichbare“ oder „ähnliche Studiengänge“. Das sollten Ingenieure bei ihrer Bewerbung bedenken.
Die Bewerbung sollten Ingenieure sprachlich vereinfachen
Denn was macht der Personaler, wenn er den Maschinenbauingenieur Produktionstechnik sucht und es bewirbt sich ein Kandidat mit dem Studienfach Technologiemanagement? Der Personaler hat von dem Fach nie gehört. Daher ist es sinnvoll, in der Bewerbung als Ingenieur, etwa hinter das wenig gängige Studienfach, eine „Hilfsvokabel“ zu setzen, beispielsweise Produktions-/Fertigungstechnik. Beim Aeronautik Engineer kommt man vielleicht noch mit ein wenig Phantasie auf die Luft- und Raumfahrt. Aber was hat denn der Kandidat mit dem Studienfach Service Engineer drauf? Ist das ein Maschinenbauer, ein Verfahrenstechniker, ein Wirtschaftsingenieur? Keine Ahnung! Schnell landet die Bewerbung im Postrücklauf.
Und wie sieht es im Vorstellungsgespräch aus? Sind hier ausschließlich Personaler anwesend, kann etwa der WLAN/LAN-Experte durchaus drauf hinweisen, dass er für die ACS für TACACS-Authentifizierung auf Switchen verantwortlich ist und zudem einheitliche Namen für Switche auf EMEA eingeführt hat sowie das Design der Struktur auf dem CSACS. Zudem berichtet der Kandidat, dass er für die Umstellung der WAN-Technologie auf MPLS verantwortlich war. Jetzt muss aber auch Schluss sein! Der Personaler hat verstanden, dass er es hier mit einem Experten zu tun hat. Es wäre aber gut, wenn er noch etwas mehr versteht, um diese Informationen aus der Bewerbung des Ingenieurs dann an die Fachabteilung weitergeben zu können.
Bei der Bewerbung sollten Ingenieure zwei Zielgruppen im Kopf haben
Fazit: Im Bewerbungsprozess muss an zwei Zielgruppen gleichzeitig gedacht werden. Für den Personaler sollte die Bewerbung des Ingenieurs durch Verwendung sprachlicher Hilfsvokabeln vereinfacht werden. Gleichzeitig muss aber an die Fachabteilung als weiteren Adressaten gedacht werden. Dort werden sicherlich anspruchsvolle Ingenieurinhalte abgefragt. Der Bewerber muss daher im gesamten Bewerbungsprozess einen nicht einfachen Spagat bewältigen.
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