„Nicht auf Patentschutz in China verzichten“
VDI nachrichten, Düsseldorf, 11. 1. 08, sta – China gilt als weltweit größte Werkstatt für Produktfälschungen. Betroffen sind viele deutsche Maschinen- und Anlagenbauer. Einige wollen die Unzulänglichkeiten des fernöstlichen Rechtssystems nun umgehen, indem sie auf Patentschutz ganz verzichten. Ein Irrweg, mahnt Patentanwalt Helge Cohausz, Düsseldorf.
Heinrich Weiss, Chef der Düsseldorfer SMS Group, hat einen neuen Trend in seiner Branche ausgemacht: Immer mehr deutsche Maschinen- und Anlagenbauer würden auf Patentanmeldungen in China verzichten. Hintergrund: In der Volksrepublik würden die Patentschriften studiert und als Entwurfsanleitung für Produktfälschungen genutzt. „Deswegen bauen wir unsere Innovationen inzwischen meistens einfach nur noch ein und hoffen, dass sie möglichst lange unentdeckt bleiben“, so der Ex-BDI-Präsident unlängst gegenüber der Zeitung „Rheinische Post“.
Prof. Helge Cohausz, Patentanwalt aus Düsseldorf, hält dieses Vorgehen aus mehreren Gründen für falsch. „Der Text einer vernünftig abgefassten Patentanmeldung enthält in der Regel nur den erfinderischen Kern der Neuentwicklung und nach Möglichkeit kein Know-how, so dass ohne zusätzliches umfangreiches Wissen und Erfahrungen ein direkter Nachbau aus den Informationen der Patentanmeldung kaum möglich ist.“
Außerdem würden sich chinesische Nachahmer nicht nach dem Inhalt von Patentschriften richten. „Sie warten ab, bis ein Produkt erfolgreich ist. Erst dann nehmen sie es auseinander und bauen es nach.“
Cohausz weist außerdem darauf hin, dass sich eine Neuentwicklung nur solange geheim halten lässt, bis das Produkt auf dem Markt ist. „Danach kann es von jedem nachgebaut werden, wenn es nicht zum Patent angemeldet worden ist.“ Eine längerfristige Geheimhaltung sei außerdem schon deshalb kaum möglich, da in der heutigen Wirtschaft die Arbeitnehmer den Arbeitsplatz häufiger wechseln als in früheren Zeiten.
Cohausz bezweifelt auch das Argument der Patentgegner, dass es schwierig sei und viele Jahre dauern würde, bis einer chinesischen Firma die Produktion auf Grund eines chinesischen Patentes verboten werden könne. „Das chinesische Recht lässt es zu, dass ein Patentverletzungsverfahren nicht nur bei Gericht sondern statt dessen auch beim chinesischen Patentamt anhängig gemacht wird.“ Es genüge eine Petition an das Intellectual Property Office (SIPO). „Sollte es in diesem Verfahren zu keiner Einigung zwischen den Parteien kommen, gibt das SIPO innerhalb kürzester Zeit eine Anordnung auf sofortigen Stopp der Verletzungsaktivitäten heraus.“ Diese SIPO-Entscheidung sei gerichtlich durchsetzbar, so dass schon nach dieser ersten, nur wenige Monate dauernden Instanz die Weiterproduktion verboten und die Verletzungsgegenstände vernichtet werden können.
Falsch ist nach Ansicht von Cohausz auch die vielfach geäußerte Behauptung, dass chinesischen Unternehmen Patentverletzungen nur schwer nachzuweisen seien. „Recherchen im Internet führen sehr schnell zu den Tätern. Die einzelnen gefundenen Internetseiten sind ein gutes Beweismittel.“ Zudem könnten die verletzenden Produkte über Dritte jederzeit beim chinesischen Unternehmen bestellt werden.
Der Düsseldorfer Patentanwalt mahnt abschließend: „Es reicht nicht aus, seine Erfindungen nur in Deutschland bzw. Europa anzumelden. Gegen chinesische Nachahmungen ist das selten hilfreich.“ Ein deutsches Opfer von Fälschungen könne in diesem Fall zwar demjenigen, der gefälschte Ware in die Bundesrepublik einführt, den Import verbieten. Das betroffene Unternehmen verliere dadurch aber einen Händler als Kunden. „Angesichts der in vielen Branchen sehr begrenzten Zahl von Händlern ist das ein Problem.“
Das deutsche Unternehmen würde erfolgreicher handeln, wenn es die chinesischen Nachahmer direkt am Herstellungsort in China angreifen würde. Ohne Patentanmeldung ist das aber fast unmöglich. Eine Ausnahme ist, wenn das Produkt äußerlich derart identisch nachgebaut wurde, dass es verwechselt werden kann. „Man spricht in diesem Fall von einer sklavischen Nachahmung, die nicht nur in Deutschland sondern auch in China gegen das Wettbewerbsrecht verstößt“, so Cohausz. S. ASCHE
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Richtig verfasste Patentanmeldung vereitelt Nachbau
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