Mit Kleingeld zur „Mini-GmbH“
VDI nachrichten, Düsseldorf, 12. 12. 08, sta – Seit 1. November 2008 können Gründer in Deutschland ihr Unternehmen als Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung (UG) anmelden. Die neue Rechtsform stößt bisher auf positive Resonanz. Viele der bisher rund 200 UGs im gemeinsamen Registerportal der Länder sind allerdings Vorratsgesellschaften.
Die Anmeldung war vollkommen unkompliziert“, freut sich Dirk Rathje. Der Gründer rühmt sich, mit seiner cerebrofactum ideenagentur UG (haftungsbeschränkt) die erste Unternehmergesellschaft (UG) in Deutschland gegründet zu haben. Schon am dritten Geltungstag des „Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)“ trug das Amtsgericht Hamburg das Unternehmen ins Handelsregister ein. Rathje hatte ursprünglich eine GmbH gründen wollen. Doch als er während seiner Gründungsvorbereitung von den konkreten Plänen der Bundesregierung zur Mini-GmbH hörte, wartete er damit. „Die Chance, als Erster in Deutschland so eine UG zu gründen, hat mich gereizt“, sagt er. Ums Geld sei es ihm nicht gegangen. Hintergrund: Für eine UG-Gründung reicht 1 € Stammkapital. Erst wenn die Geschäfte laufen, müssen die Gesellschafter jeweils ein Viertel des Jahresgewinns zurücklegen. Diese Rücklage dürfen sie nur zur Erhöhung des Stammkapitals verwenden. Sind 25 000 € zusammen, lässt sich die UG ohne größere Formalien in eine GmbH umwandeln. Verzichten die Gründer darauf, bleibt die Pflicht zur Bildung der Gewinnrücklagen bestehen.
Der Hamburger Gründer Rathje hat seine Ideenagentur freiwillig mit 5000 € Kapital ausgestattet. „Ein Euro erschien mir unseriös“, sagt er, „auch wenn Haftungsfragen bei einer Ideenagentur natürlich nicht so drängen“. Mit cerebrofactum (Hirngemachtes) will er Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen beraten und neue Medienkonzepte und Wissensvermittlungstechnologien für seine Kunden entwickeln. Unter anderem entwirft er Konzepte für Fußball-Konferenzschaltungen im TV und Ideen zur Vermittlung von Lokalnachrichten, die er zusammen mit Tageszeitungen verwirklichen will.
Während das Zukunftspläne sind, hat die Idee einer UG-Gründung bereits gezündet. „Ein Notarbesuch im Oktober – das war alles“, berichtet Rathje. Der Notar habe eine Gründungsprotokoll aufgesetzt und zur Eintragung ins Handelsregister an das Amtsgericht weitergeleitet. Eine Rechnung hat er noch nicht bekommen. Doch laut einem Leitfaden zur UG von der IHK Berlin muss er mit einem Betrag zwischen 200 € und 500 € rechnen. Davon entfallen 30 € auf die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags, etwa 15 € auf die Anmeldung und Beglaubigung beim Handelsregister und 35 € auf Auslagen. Die Eintragung ins Handelsregister kostet etwa 100 € und die Veröffentlichung in verschiedenen Bekanntmachungsblättern zwischen 100 € und 300 €.
Wie Rathje hat auch die Geschäftsleitung der Karlsruher „delta Studentische Unternehmensberatung UG (haftungsbeschränkt)“ dem Stichtag am 1. November entgegengefiebert. Die studentischen Berater hatten das Problem, dass ihr eingetragener Verein zwar bundesweit Aufträge von Kunden akquirieren, aufgrund seiner Gemeinnützigkeit aber nicht als Auftragnehmer fungieren konnte.
Also behalfen sie sich damit, jeweils zur Projektabwicklung eine GbR zu gründen. Das war lästig und ließ so manchen Kunden stutzen. Deshalb machte sich Anfang des Jahres ein Projektteam in eigener Sache daran, eine GmbH-Gründung vorzubereiten. Als die Beteiligten von den UG-Plänen aus Berlin hörten, waren sie sofort angetan. „Für uns als studentische Initiative sind 25 000 € Stammkapital natürlich nicht so leicht aufzubringen“, erklärt PR-Vorstand Sebastian Kühn. Die UG ist den studentischen Unternehmensberatern wie auf den Leib geschneidert. Sie können nun das nötige Stammkapital für die ursprünglich geplante GmbH Jahr für Jahr durch Projektüberschüsse anhamstern und sich so schrittweise ihrem Ziel einer eigenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung nähern. „Gleichzeitig können wir dank der UG auf das aufwändige Prozedere einer GbR-Gründung für jedes einzelne Projekt verzichten und unseren Kunden die Vorzüge einer GmbH bieten“, so Kühn.
Seit dem 1. November haben es bundesweit knapp 200 Unternehmer den Karlsruher Studenten und dem Hamburger Ideenschmied Rathje gleichgetan. Doch ein Blick ins „Gemeinsame Registerportal der Länder“ im Internet (s.u.) zeigt, dass beileibe nicht nur Start-ups auf die Mini-GmbH setzen. So hat ein Anmelder am Amtsgericht Berlin Charlottenburg gleich zehn Firmen auf einmal angemeldet, fein säuberlich nummeriert von GETW 1 UG bis GETW 10 UG.
Das gleiche Gericht hat auch die Bambino 1 VV UG bis Bambino 5 VV UG eingetragen. In Frankfurt gingen die Blitz F08-zwei-acht-eins, zwei, drei, vier und fünf UG an den Start und in Hamburg eine Debitaile Erste bis Fünfte Vermögensverwaltung UG.
Es überrascht nicht, dass das Angebot einer Kapitalgesellschaft quasi ohne Stammkapital auch solche Seriengründer auf den Plan ruft. In der Regel wird es sich um Vorratsgesellschaften handeln: Mäntel, die quasi im Schrank hängen und bei Bedarf mit Leben gefüllt oder veräußert werden können. Genau wegen dieser Möglichkeit befürworten viele Wirtschaftsrechtler die Mini-GmbH. Sie sei nicht nur ein geeignetes Angebot für klamme Gründer sondern biete auch etablierten Unternehmen die Möglichkeit, flexibler zu agieren. PETER TRECHOW
Ein Beitrag von: