Eine Pauschale ist erlaubt
Die Überstunden, die ein Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern verlangt, müssen entweder im Arbeits-, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben sein, so der Rechtsanwalt Claus Mundorf.
Der Jahreswechsel brachte für viele Ingenieure noch einmal eine zusätzliche Belastung, denn besondere Terminarbeiten oder die Angst vor der Jahr-2000-Problematik erforderten die Ableistung von Überstunden. Ob diese überhaupt angeordnet werden dürfen oder wie diese Überstunden ausgeglichen werden sollen, bleibt erst einmal offen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sich über die arbeitsrechtliche Ausgangslage häufig nicht im Klaren.
Unter „Überstunden“ versteht man Überschreitungen der durch Einzelvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung festgelegten regelmäßigen Arbeitszeit. Vergleichsmaßstab ist die regelmäßige Arbeitszeit, wie sie für den Arbeitnehmer aufgrund Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag auf Tag/Woche/Monat verteilt ist. Überstunden werden nicht zwingend nur nach dem regelmäßigen Arbeitsende oder außerhalb der normalen Arbeitstage geleistet. Es genügt auch, wenn innerhalb der üblichen Arbeitszeit die Pausen nicht gewährt werden.
Der Abschluss des Arbeitsvertrages für sich allein berechtigt den Arbeitgeber noch nicht, den Arbeitnehmer zur Ableistung von Überstunden heranzuziehen. Sein Weisungsrecht beschränkt sich nämlich darauf, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Pflichten des Arbeitnehmers im einzelnen zu konkretisieren. Damit ist jedoch nicht das Recht verbunden, den Zeitumfang der zu erbringenden Arbeitsleistung einseitig zu erweitern.
Die Pflicht zur Leistung von Überstunden muss sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergeben. Nur in Notfällen oder sonstigen außergewöhnlichen Situationen ist der Arbeitnehmer bereits aufgrund seiner Treuepflicht zu Überstunden verpflichtet. Dabei muss es sich um für den Arbeitgeber nicht vorhersehbare Fälle handeln, die den Einsatz des Arbeitnehmers zur Abwehr von Gefahren für den Betrieb oder zum Schutz erheblicher betrieblicher Interessen erfordern (z.B. beim krankheitsbedingten Ausfall mehrerer Arbeitnehmer, nicht aber bei Annahme von zu vielen Aufträgen). Handelt es sich dagegen, wie zumeist, lediglich um Eilfälle, besteht eine solche Verpflichtung nicht.
Besonderheiten gelten für Teilzeitkräfte: Der Abschluss eines Teilzeitvertrages indiziert regelmäßig, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nur im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit zur Verfügung stehen will. Teilzeitkräfte wählen typischerweise eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit, um in der so gewonnenen Freizeit anderen Verpflichtungen nachzukommen. Teilzeitkräften kann man deshalb nicht in vergleichbarem Umfang wie Vollzeitkräfte zu Überstunden heranziehen.
Bei der Ausübung eines Rechts zur einseitigen Anordnung von Überstunden hat der Arbeitgeber eine angemessene Ankündigungsfrist einzuhalten, um dem Arbeitnehmer auf zumutbare Weise zu ermöglichen, sich auf eine vorher zeitlich nicht festgelegte Inanspruchnahme einzustellen. Die Zuweisung von Überstunden für den laufenden Arbeitstag kann daher nur bei deutlich überwiegendem betrieblichem Interesse billigem Ermessen entsprechen.
Die Abgeltung der Überstunden ist regelmäßig auch im Arbeitsvertrag oder einschlägigen Tarifvertrag festgelegt. Die früher einschlägige Vergütungsregelung des § 15 Abs. 2 der Arbeitszeitordnung (Stundenlohn zuzüglich 25 % Zuschlag) ist durch das Arbeitszeitgesetz ersatzlos weggefallen. Deshalb ist eine ausdrückliche Regelung des Überstundenausgleichs dringend erforderlich.
Diese Regelungen können die Grundvergütung festlegen, ob und in welchem Umfang Überstundenzuschläge zu zahlen sind oder ob die Abgeltung durch Freizeitausgleich erfolgen soll. Auch eine Pauschalabgeltung von Überstunden ist rechtlich zulässig.
Leitende Angestellte können ohne entsprechende Vereinbarung nur dann eine Überstundenvergütung enthalten, wenn ihre vertraglichen Bezüge lediglich eine bestimmte Normalleistung abgelten sollen oder wenn ihnen zusätzliche Aufgaben außerhalb ihres Aufgabengebiets übertragen werden.
Die Grundvergütung für eine Überstunde beträgt, wenn ein Monatslohn vereinbart ist, den auf eine Arbeitsstunde entfallenden Anteil des Monatslohns. Ist Freizeitausgleich vorgesehen, so legt der Arbeitgeber den Zeitpunkt nach billigem Ermessen fest. Dabei ist eine angemessene Ankündigungsfrist einzuhalten. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer erst zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr davon in Kenntnis gesetzt wird, ob er am folgenden Tag zur Arbeitsleistung verpflichtet ist oder Freizeitausgleich erhält.
Wenn vertraglich ein Überstundenzuschlag vereinbart ist und sich der Arbeitgeber das Recht vorbehalten hat, die Überstunden durch die Gewährung von Freizeit auszugleichen, gilt der Zuschlag mangels anderweitiger Regelung selbstverständlich auch für den Freizeitausgleich. Das wird in der Praxis meist übersehen.
Ein wichtiger Unterschied zur Urlaubserteilung: Der Anspruch auf den Freizeitausgleich wird auch während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erfüllt, wenn die Freistellung bereits vor der Erkrankung bindend erfolgte. CLAUS MUNDORF
Mundorf: Teilzeitkräfte können nur eingeschränkt zur Mehrarbeit herangezogen werden.
Ein Beitrag von: