Wie Ingenieure die Abfindung sinnvoll einsetzen
Viele Unternehmen zahlen eine Abfindung, um einem Ingenieur den Ausstieg aus dem Unternehmen schmackhaft zu machen. Da landet schnell ein volles Jahresgehalt auf dem Konto. Die Abfindung sollte stets dazu genutzt werden, schnell einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Sie ist nicht dazu gedacht, langfristig den Verdienstausfall zu kompensieren.

Mit der Abfindung sollte die Jobsuche finanziert werden.
Foto: panthermedia.net/AndreyPopov
Um dem (leitenden) Ingenieur das Ausscheiden schmackhaft zu machen, zahlen Unternehmen schon einmal eine mehr oder weniger üppige Abfindung. Nicht selten gehen die Abfindungen über die gesetzlichen Ansprüche hinaus. Da kann es durchaus einmal sein, dass ein halbes oder volles Jahresgehalt auf dem eigenen Girokonto landet. Manch jüngerer und wenig lebenserfahrener Mensch neigt zum zweckentfremdeten Einsatz des Geldsegens. Zwischen Weltreise und Anzahlung der Eigentumswohnung sind alle Facetten denkbar.
Das böse Erwachen kommt später, wenn die Abfindung weg ist, die Anschlussbeschäftigung fehlt und die Kosten für jede Bewerbung schmerzen. Es gibt aber auch eine andere Kategorie Mensch. Wackelt der Arbeitsplatz, wird eine strikte Haushaltspolitik gefahren und jeder Cent dreimal herumgedreht. Diese Spezies bringt die Sparversion der Bewerbung auf den Tisch und überlegt vor jeder Bewerbung, ob sich der Aufwand lohnt. Ihr Ziel: Möglichst die Abfindung komplett „retten“.
Mit der Abfindung die Jobsuche finanzieren
Im Hinblick auf den momentanen Arbeitsmarkt sind sicherlich beide Strategien wenig sinnvoll. Trotz des beschwingenden Gefühls, mit der Abfindung ein gewisses Sümmchen Geld in den Fingern zu halten, sollten schnell rationale Überlegungen die Oberhand gewinnen. Es geht jetzt nur um das eine: So schnell wie möglich einen Anschlussjob zu finden. Jeder, der eine Abfindung erhält, sollte sich vor Augen führen, wofür die Abfindung eigentlich gedacht ist.
Eine Abfindung dient dazu, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, nicht mehr und nicht weniger! Ist der Arbeitsplatzverlust besprochene Sache, sollte sie möglichst zielgerichtet und intensiv für das Bewerbungsgeschehen eingesetzt werden. Konkret heißt dies: Neben kostenlosen Suchbemühungen wie Eintrag in Bewerberdatenbanken der Online-Jobmärkte, Schaltung von Internet-Stellengesuchen, Vorsprache beim Arbeitsamt, Studium der Stellenangebote in den verschiedensten Medien, sollte in hochpreisige Bewerbungsaktivitäten investiert werden.
Abfindung für Arbeitgeber-Recherche nutzen
Dazu gehören Stellengesuche in den führenden Print-Medien für Ingenieure sowie geeigneten größeren regionalen Blättern. Mit der Abfindung kann eine intensive Recherche nach Arbeitgebern, die jetzt im Stile einer mengenorientierten Initiativbewerbungsaktion (100-150 Aussendungen) mit einer Kurzbewerbung belegt werden, finanziert werden. Außerdem ein Experte, der bei der Erstellung einer zugkräftigen schriftlichen Präsentation, beim Training des Interviews und bei der Nachbesprechung von Bewerbungsflops bzw. Jobangeboten hilft. Die Investition in hochwertige Bewerbungsmaterialien ist selbstverständlich.
Zusätzlich sollten die Kontaktmöglichkeiten auf Messen und Ausstellungen genutzt werden, auch wenn diese nicht gerade vor der Haustüre stattfinden und die Kosten für den Besuch selbst getragen werden müssen – dafür ist die Abfindung da. Zudem muss der Ingenieur auch schon einmal bereit sein, ein Vorstellungsgespräch zu führen, ohne dass der Personalberater oder das Unternehmen die Anfahrtskosten übernimmt.
Die Abfindung ist nicht zum Sparen da
Die Abfindung sollte schließlich dafür verwendet werden, fachliche und persönliche Defizite auszugleichen, was gefragte Schlüsselqualifikationen betrifft. Über den Daumen gepeilt, sollte ruhig ein Budget von 3 Tsd. bis 5 Tsd. Euro alleine für die Suchbemühungen eingeplant werden. Hinzu kämen eventuell Investitionen für das Training von Schlüsselqualifikationen. Uff, das ist eine Menge Geld, wird sicher der eine oder andere Leser sagen.
Doch betrachten Sie das Ganze einmal anders: Gehen wir einmal davon aus, dass ein Ingenieur einschließlich Gehalt, Sozialabgaben, Einarbeitungsaufwand usw. den Arbeitgeber 70 Tsd. Euro kostet und eine Verweilzeit von 4 Jahren beim neuen Arbeitgeber hat. Dieses entspricht einem „Auftragsvolumen“ des Unternehmens an den Ingenieur von 280 Tsd. Euro. Jeder Freiberufler wäre froh, wenn er „nur“ 5 Tsd. Euro in die Hand nehmen müsste, um daraus einen Auftrag von 280 Tsd. Euro zu machen. Etwas unternehmerischer sollte daher im Bewerbungsgeschäft schon gedacht und vorgegangen werden und die Abfindung gewinnbringend eingesetzt werden.
Fazit: Eine Abfindung ist weder dazu gedacht, sie zu sparen noch zu konsumieren. Sie dient dem Ingenieur ausschließlich bei der schnellen und intensiven Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Wer bei der Jobsuche spart oder zu zögerlich investiert, spart am verkehrten Ende und der vermeintliche Sparkurs wird schon schnell ins teuere berufliche Abseits führen. Ist dagegen ein neuer Job gefunden, kann immer noch der verbleibende Rest zweckentfremdet eingesetzt oder auf die hohe Kante gelegt werden.
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