Sollten Ingenieure in einer Krise an der Hochschule bleiben?
An der Hochschule werden künftig durch kürzere Studiengänge wesentlich schneller junge Ingenieure für den Arbeitsmarkt ausgebildet – unabhängig davon, ob die neuen Studiengänge Ingenieure mit gleich hohen Qualifikationen hervorbringen können wie dies die alten vermochten. Aber finden sie alle eine Stelle oder sollten sie besser an der Hochschule bleiben?

An der Hochschule bleiben: Das Geduldsspiel ist manchmal besser als blinder Aktionismus.
Foto: panthermedia.net/ArturVerkhovetskiy
Ob angesichts der möglicherweise bevorstehenden Rezession der anhaltend beklagte Fachkräftemangel ausreichen wird, die von der Hochschule kommenden Ingenieure dann auch aufzunehmen, sei einmal dahin gestellt. Es kommen sogar große Zweifel auf, denn bereits heute bietet sich nicht jedem guten und willigen Ingenieur die Möglichkeit, nach dem Studium lückenlos in den Beruf einzusteigen.
Und sicherlich gibt es auch unter den bei Leiharbeitsunternehmen beschäftigten Ingenieuren etliche, die demnächst den Arbeitsplatz verlieren werden – beispielsweise in der Automobilindustrie. Es ist nicht davon auszugehen, dass der vermeintlich „ausgetrocknete“ Markt diese Ingenieure wie einen Schwamm aufsaugt. Was ist also mit den Absolventen der Hochschule?
An der Hochschule können Ingenieure auf den Aufschwung warten
Die aktuellen Hochschulabsolventen bzw. Abschlusskandidaten stehen jetzt vor einer schwierigen Entscheidung: Sollen sie mit der Aussicht auf eine längere, sehr schwierige Gesamtwirtschaftslage jetzt in den Arbeitsmarkt einsteigen oder doch noch einige Zeit als Ingenieure an der Hochschule zubringen, um Zeit zu gewinnen und sich natürlich auch besser zu qualifizieren? Günstiger ist es auf jeden Fall, dann in den Arbeitsmarkt einzusteigen, wenn die Konjunktur das gröbste Tief durchlaufen hat, wenn es also bereits wieder erste Hoffnungsschimmer der Besserung gibt. Bis dahin kann aber bei gerade einsetzendem Abschwung noch einige Zeit vergehen.
Lautete die Empfehlung noch vor Kurzem, schnell das Studium zu beenden, um die gute Lage von Wirtschaft und Arbeitsmarkt für die eigene Karriere zu nutzen, so kann ein abwartende Haltung heute nicht verkehrt sein – zumindest für den, der es sich leisten kann. Dieses Geduldsspiel ist manchmal besser als blinder Aktionismus. Wie lässt sich eine solche Empfehlung begründen? Was die Zukunft für Ingenieure bringt, weiß niemand, aus der Vergangenheit lassen sich jedoch Schlüsse für einen Verbleib an der Hochschule ziehen.
Weiterbildung an der Hochschule verbessert die Jobchancen für Ingenieure
So waren die beginnenden 90er Jahre eine schlechte Zeit für Elektroingenieure. Wer in dieser Phase mit seinem Studium fertig war, bewarb sich teilweise erfolglos. Aus Frust und in echten Notlagen nahmen einige Ingenieure völlig artfremde Tätigkeiten auf oder quälten sich von einem kurzen Arbeitsverhältnis zum nächsten, eventuell noch unterbrochen durch Phasen der Arbeitslosigkeit. Als dann plötzlich die Nachfrage für Elektroingenieure anzog, waren die ehemaligen Absolventen entweder schon zu lang aus ihrem Fach heraus oder die vielen kurzen Arbeitsverhältnisse und sonstige Holprigkeiten schreckten die Personaler der Unternehmen ab. Sie wären besser länger an der Hochschule geblieben.
Besser kann es daher sein, durch ein Zweit- oder Aufbaustudium, den Erwerb eines höheren akademischen Grades oder ein Auslandsstudium die Chance auf den Einstieg in die Wirtschaft offen zu halten. Die Studiendauer wird dann zwar möglicherweise kritisch hinterfragt, der Lebenslauf an sich bleibt aber „lupenrein“. Unendlich können allerdings Studienzeiten nicht verlängert werden und das Alter muss letztlich zum Berufseinstieg immer noch passen. Wer jung genug ist, hat auch hier die besten Karten und kann an der Hochschule am längsten auf den richtigen Einstiegszeitpunkt als Ingenieur warten.
Jobs an der Hochschule sind für Ingenieure ebenfalls interessant
Aber auch Ingenieure, die bereits in der betrieblichen Praxis stehen und Angebote einer Hochschule oder von wirtschaftsnahen Forschungsinstituten haben, sollten nachdenken. So bietet beispielsweise ein auf fünf Jahre befristeter Job Vorteile, wenn man danach mit aktuellstem Know-how in die dann hoffentlich wieder brummende Wirtschaft zurückkehrt. Dies gilt insbesondere für Ingenieure, die noch nicht allzu lange in der Praxis stehen und ohnehin einen Stellenwechsel erwägen, weil etwa ihre Arbeitsplätze bereits konkret oder zukünftig als Folge einer Rezession gefährdet sind.
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