Sie tun es immer wieder
Antwort:
Im Grunde ist die Beurteilung eines Bewerbers ein nahezu unlösbares Problem: Alles, was wir zum Bewertungszeitpunkt von ihm wirklich wissen, entstammt seiner Vergangenheit. Wie gut er in der Schulzeit war, wie schnell und mit welchem Erfolg er studiert hatte, welche Aufgaben bei welchen Unternehmen er lösen durfte, wie schnell er wie hoch hinauf befördert wurde, was ihm seine Chefs in die Zeugnisse geschrieben haben? Diese Informationen sind verhältnismäßig klar, eindeutig und sicher. Man bloß: Sie interessieren uns eigentlich nicht!
Absolut gesehen ist alles, was der Bewerber gestern und vorgestern getan hat, ziemlich wertlos – abgegolten z. B. mit seinem Gehalt von gestern. Was uns hingegen interessiert, sind sein Verhalten und sein Arbeiten und seine Erfolge in jener Zukunft, für die ihn ein neuer Arbeitgeber anstellt (oder auch nicht).
Leider fehlt uns ein überzeugendes eigenständiges Verfahren, um eine brauchbare Prognose über die Bewährung eines Bewerbers in kommenden Monaten und Jahren zu erhalten – wenn wir als Basis nur seine Gegenwart betrachten und nur werten, was er gerade zum Bewerbungszeitpunkt ist und sagt und wie er handelt.
Also nehmen wir seine uns gut bekannte Vergangenheit („an dem, was ihr getan, sollt ihr gemessen werden“, von mir), stellen alles Relevante in einer Art Kurve dar und verlängern diese in die Zukunft. Das funktioniert! Wegen eines Prinzips, das da lautet: „Sie tun es immer wieder“ (auch von mir). Und sie tun fast alles mehrfach nacheinander: Schlechte Noten im Abitur? Das Examen wird kaum besser sein. Zu kurze Dienstzeiten bei den ersten drei Arbeitgebern? Der vierte wird nicht mehr Freude haben. Ärger mit drei von sechs Chefs? Der nächste Krach droht mit 50 % Wahrscheinlichkeit. Tatsächlich sind Ausnahmen selten. Und das Prinzip funktioniert auch umgekehrt: Immer gut ausgekommen mit Lehrern, Professoren, Bundeswehrfeldwebeln und den ersten drei Chefs? Der „packt“ auch den vierten, selbst wenn dieser als schwierig gilt.
Was das für Sie bedeutet? Achten Sie frühzeitig darauf, was Sie berufsrelevant in diesem Sinne „tun“. Denn auch Sie werden es wieder machen. Nicht mit absoluter Sicherheit, aber mit hoher. Zumindest wird der Bewerbungsempfänger das denken.
Kurzantwort:
Frage-Nr.: 23
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 18
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2000-05-05