„Das ist ja richtig Aufwand“
Antwort:
Selten hatte ein Bewerber so wahr gesprochen – und das auch noch am Telefon (was nicht das beste Instrument ist, mittels dessen Sie Ihre Profilierung betreiben sollten). Er rief an auf eine Anzeige, in der ein Geschäftsführer eines mittleren Industrieunternehmens gesucht wurde, Tochter eines weltweit tätigen Konzerns. Immerhin.
Und nachdem der Anrufer die Sachdetails geklärt hatte, plauderte er noch ein wenig und fragte dann, ob er als Bewerbung den stets zugriffsbereit im PC gespeicherten Text nicht „einfach rübermailen“ könne. Wir rieten ab, wir wollten die klassische Mappe – auch, um anschließend unseren Kunden damit begeistern zu können. Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, darum geht es hier auch gar nicht. Fakt ist: Der Inserent will eine „Mappe“, warum auch immer. Also, so die Regel, bekommt er die.
Interessant war die spontane Reaktion des Kandidaten, der damit ganz sicher nicht allein steht: „Das ist ja richtig Aufwand.“ Er hätte es nicht besser ausdrücken können.
Es ist ja auch tatsächlich traurig, dass man trotz all des technischen und anderen Fortschritts noch immer einen gewissen Aufwand treiben muss, um ein Ziel zu erreichen. So langsam könnten uns doch nun wirklich die gebratenen Tauben irgendwie „von selbst“ in den Mund fliegen. Alles was Recht ist.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass gerade hier wirklich ein weites Feld für Prozessoptimierungen vorliegt, es gäbe Aufwand einzusparen in gewaltigem Umfang: Das suchende Unternehmen hinter dem Inserat hat aufwändig überlegt, diskutiert und abgewogen, bis entschieden wurde, dass zu jenem Zeitpunkt ein Kandidat ganz genau dieses Zuschnitts zu suchen war. Das wird uns übermittelt; wir müssen aufmerksam zuhören, nachdenken, Ideen für die Marktansprache entwickeln, in Worte kleiden, verwerfen, verbessern, neu formulieren, gestalten, dem Kunden vorlegen. Der muss das wiederum durchdenken, muss darüber entscheiden, die Aktion freigeben. Und wir müssen dann mit etwa 150 Interessenten je drei Minuten (oder mehr) am Telefon plaudern, etwa neunzig verbliebene Bewerbungen lesen (zum Glück nicht auch noch selbst ausdrucken, weil wir ja Mappen …), analysieren, bewerten. Dann müssen wir erste Entscheidungen treffen, den Kunden einbinden; es sind Gespräche zu führen, Verträge zu konzipieren, wieder Abstimmungen und Entscheidungen zu treffen – bis der Kandidat für die Position zwar immer noch nicht arbeitet, aber doch gefunden ist.
Und bloß weil seine Existenz an einem solchen Job hängt, soll jetzt der Bewerber auch noch „richtig Aufwand“ betreiben? Nun ja, vielleicht stimmt ihn das immerhin ein auf all den Aufwand, den er später als Geschäftsführer für seine Gesellschaft noch so treiben muss. War da nicht etwas mit „Die Bewerbung ist eine Arbeitsprobe“?
Ach und lesen Sie das bitte mit gehörigem Respekt: Ich musste im Leben eine Menge Aufwand treiben, bis dies hier gedruckt werden konnte. Fragen Sie einmal meine alten Deutschlehrer, wie lange die gebraucht haben, bis ich wenigstens die Grundsätze der Grammatik beherrschte. „Ich Tarzan, du Jane“ – alles was darüber hinausgeht, ist eigentlich auch bloß „Aufwand“. Oder ob es wohl gereicht hätte, einfach die alten Artikel aus dem Speicher wieder auszudrucken, um diesen Platz hier zu füllen?
„Wie werde ich ohne Aufwand Geschäftsführer?“ – dieses Buch wird nicht von mir sein.
Jobsuche für Ingenieure
Kurzantwort:
Selten hatte ein Bewerber so wahr gesprochen – und das auch noch am Telefon (was nicht das beste Instrument ist, mittels dessen Sie Ihre Profilierung betreiben sollten). Er rief an auf eine Anzeige, in der ein Geschäftsführer eines mittleren Industrieunternehmens gesucht wurde, Tochter eines weltweit tätigen Konzerns. Immerhin.
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Frage-Nr.: 202
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 23
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2004-06-03