Neben dem WAS zählt auch das WO
Antwort:
Der typische Bewerber lässt sich vor allem von der ausgeschriebenen Aufgabe faszinieren und zur Vertragsunterschrift bewegen. Ein Naturwissenschaftler ist besonders anfällig dafür. Wenn er dort später wieder weg will – und er wird wollen, das ist heute ziemlich sicher – bewertet der die Bewerbung empfangende Entscheidungsträger zwar auch: Was hat der Kandidat gemacht in den letzten Jahren? Aber mit steigender Beschäftigungsdauer und hierarchischem Anspruch gewinnt an Bedeutung: Wo kommt er her?
Konkret: Der potenzielle neue Arbeitgeber prüft auch, ob der Bewerber aus einem Unternehmenstyp kommt, mit dem ihn (den Arbeitgeber) irgendetwas verbindet. Dazu gehören nicht nur allgemeine Fakten wie Größe, Umsatz, Rechtsform, sondern vor allem auch solche wie Metier/Branche.
Und so liebt die Müller & Sohn GmbH den Bewerber von Meier & Tochter – sofern beide in der Kfz-Zulieferindustrie tätig sind. Oder im Schornsteinbau, das ist egal. „Der Mann ist mit Unternehmen und Aufgaben vertraut, die unseren ähneln“, darum geht es. Je spezifischer die fragliche Position mit dem Metier des Unternehmens verbunden ist, desto stärker gilt das (Gegenbeispiel: Controller).
Soweit die positive Seite der Geschichte. Aber wer liebt Sie als Bewerber, wenn Ihr Arbeitgeber einziger Vertreter einer ganzen Gattung (Branche, Art, Größe) ist? Wo immer Sie sich bewerben, der Empfänger empfindet Sie aus seiner – allein entscheidenden – Sicht als „irgendwie anders“ geprägt.
Und natürlich wird der Effekt stärker, je länger Sie beim derzeitigen Arbeitgeber sind und je produkt- und branchenspezifischer Ihre Tätigkeit ist oder vor allem aussieht.
Ich neige zu Beispielen, will und darf aber hier natürlich niemanden diskriminieren. Also schenke ich mir das heute. Sie können sich die Frage im Zweifelsfall selbst beantworten. Drei Empfehlungen leite ich daraus ab:
1. Prüfen Sie vor dem Eintritt: Gibt es auf dem Arbeitsmarkt noch mindestens ein, besser mehrere grundsätzlich ähnlich ausgerichtete Unternehmen oder ist dies der weit und breit einzige Vertreter seiner generellen Art – und dann treffen Sie eine bewusste Entscheidung. Ich sage nicht, Sie sollen dort nicht hingehen, ich will ja nur verhindern, dass Sie sich später wundern. Und – siehe oben – werten Sie nicht vorrangig die Tätigkeit, sondern auch den Arbeitgeber, von dem Sie eines Tages kommen würden.
Jobsuche für Ingenieure
2. Wenn Sie zu einem solchen Arbeitgeber gehen, der „einsam und allein“ als Typ auf dem Markt operiert, planen Sie am besten sehr stark in Richtung „ich bleibe dort bis zur Pensionierung“. Das ist zwar andererseits gefährlich und nicht mehr zeitgemäß, passt aber am besten zum angesprochenen Unternehmenstyp.
3. Sofern von einem solchen Arbeitgeber dann später doch ein Wechsel realisiert werden soll, sind oft harte Kompromisse zwingend erforderlich. Ein Job findet sich fast immer, aber der rote Faden ist gerissen, strategische Karriereplanung erst einmal nicht mehr möglich.
Kurzantwort:
Der typische Bewerber lässt sich vor allem von der ausgeschriebenen Aufgabe faszinieren und zur Vertragsunterschrift bewegen. Ein Naturwissenschaftler ist besonders anfällig dafür. Wenn er dort später wieder weg will – und er wird wollen, das ist heute ziemlich sicher – bewertet der die Bewerbung empfangende Entscheidungsträger zwar auch: Was hat der Kandidat gemacht in den letzten Jahren? Aber mit steigender Beschäftigungsdauer und hierarchischem Anspruch gewinnt an Bedeutung: Wo kommt er her?
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Frage-Nr.: 191
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 7
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2004-02-13