„Ich dachte“ führt schnell in die Katastrophe
Antwort:
Wenn Sie eine Angestellten-Laufbahn anstreben oder eine begonnene weiterführen möchten, sind Sie zweifach abhängig:
a) Überhaupt, weil ein Angestellter definitionsgemäß ein „abhängig Beschäftigter“ ist; dieser Aspekt soll hier ausnahmsweise einmal keine Rolle spielen.
b) Sie müssen in möglichst jeder Phase zwischen Studium und Rente möglichst viele Unternehmen finden, die Sie und vor allem Ihre Qualifikation und Ihren Werdegang unbedingt haben wollen. Sie unterliegen deren Maßstäben – und wie auf jedem Markt können „Käufer“ sehr eigensinnig sein, was ihren Geschmack, ihre Vorlieben und Abneigungen angeht.
Beim Lesen von Bewerbungen nun begegnet man so entsetzlich vielen Menschen, die dieses b-Prinzip ganz offensichtlich missachtet haben. Ob absichtlich („wer bin ich denn, dass ich mir von irgendwelchen Firmen vorschreiben lasse, wie ich meinen Werdegang gestalte“) oder unabsichtlich, spielt eigentlich keine Rolle. Käufer interessieren Produkte, die ihnen gefallen – nicht gute Erklärungen der Produzenten, warum sie etwas gebaut haben, das den Markterwartungen nicht entspricht.
Fragt man betroffene Bewerber nach den Ursachen einer Fehlentwicklung (aus der Sicht des Marktes), kommt meist eine Erklärung, die mit „ich dachte“ anfängt. Nun ist Denken für Akademiker grundsätzlich unverdächtig – aber genau hier passt es nicht hin, hier hätte man stattdessen wissen sollen.
Das fängt im Studium an. Fachrichtungen, Schwerpunktfächer, Kombinationen verschiedener Richtungen, Promotion oder nicht – hinterher (im Bewerbungsfall) ist für künftige Arbeitgeber ihr „Wir brauchen“ das zentrale Argument und nicht ein schüchternes „Ich dachte“ aus Bewerbermund. Auch die rein und ausschließlich neigungsgerechte Fächerauswahl hat ihre Tücken – ich kaufe später kein Auto, weil der Konstrukteur dabei seinen Neigungen nachging, sondern weil es meinen Bedürfnissen entspricht.
Natürlich setzt sich das dann im praktischen Berufsleben fort. Was der Mensch in welcher Art von Unternehmen wie lange und wie erfolgreich getan hat, entscheidet über seinen Marktwert; was er sich dabei jeweils gedacht hat, eher nicht.
Also gilt es, entsprechende Entscheidungen an den Ansprüchen späterer „Käufer“ dieses Werdeganges auszurichten. Mögen die eines Tages junge Hoffnungsträger, die nach einem internationalen Top-Studium sechs Jahre bei einer Beratungsgesellschaft blieben? Oder wären denen zwei bis drei Jahre Beratung und weitere drei bis vier Jahre Linienpraxis aus solchen Industrieunternehmen lieber gewesen, in die der Hoffnungsträger später hinein will? Betroffene sollten das wissen, vorher.
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Und von der schon oft monierten Anhäufung anscheinend wild durcheinandergewürfelter Tätigkeiten und Branchen ganz zu schweigen. Niemand baut heute mehr ein Auto ohne vorherige intensive Marktforschung. Nehmen Sie sich ein Beispiel daran. Es ist schon ein guter Anfang, wenn Sie regelmäßig Stellenanzeigen lesen – und Anforderungsprofile mit Ihren Gegebenheiten vergleichen.
Kurzantwort:
Frage-Nr.: 136
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 44
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2002-10-07