Vorzeitiger Stellenwechsel – illoyal?
Ich bin seit 1,5 Jahren bei meinem ersten Arbeitgeber tätig. Mein Gehalt wird fast regelmäßig verspätet gezahlt (z. Z. steht bei mir jetzt zur Monatsmitte noch das halbe Vormonatsgehalt aus), es gibt keine Aufstiegschancen in absehbarer Zeit. Aus diesen und anderen Gründen sehe ich mich nach Alternativen um.
Könnte ein Bewerbungsempfänger meinen vorzeitigen Stellenwechsel in Richtung fehlender Loyalität mißdeuten?
Antwort:
Zumindest für jüngere Angestellte mit wenigen Dienstjahren (die also noch keine großen Reserven für Notfälle bilden konnten) ist die mehrfache verspätete Zahlung des Gehaltes ein Argument, das ihre Wechselabsichten für jeden Bewerbungsleser verständlich und akzeptabel macht.
Es gibt eine Art „Urvertrauen“ zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Ersterer ist im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen leistungswillig und leistungsfähig, letzterer zahlt halbwegs pünktlich das vereinbarte Entgelt. Geschieht diese pünktliche Zahlung nicht, ist der Arbeitnehmer nach allgemeiner Auffassung sogar gut beraten, rechtzeitig Alternativen aufzutun.
Zur Klarstellung: Es geht hier um das „moralische“ Recht, sich – eigentlich zu früh – zu bewerben, nicht um die Frage, wann es wegen ausstehender Gehaltszahlungen juristisch erlaubt wäre, etwa fristlos zu kündigen. „Fristlose Kündigung“ und „Karriere“ harmonieren thematisch nicht miteinander.
Frage-Nr.: 1392
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 21
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 1999-06-04