Ausgemustert
In etwa einem Jahr werde ich mein Studium abschließen und bin bei der Gestaltung meiner Bewerbungsunterlagen auf folgendes Problem gestoßen: Wie und wo stellt man eine Ausmusterung im Lebenslauf dar?
Mir ist klar, daß Angaben über den Wehr- oder Zivildienst unbedingt im Lebenslauf erwähnt werden müssen. Denn falls diese Angaben fehlen, geht der Bewerbungsempfänger im schlimmsten Fall wohl davon aus, daß die Einberufung noch nach dem Studium erfolgt und legt die Bewerbung beiseite.
In einem Buch zum Thema Bewerbung fand ich: „Überlegen Sie sich genau, was Sie schreiben, denn ein einfaches „Ausgemustert“ hinterläßt meist keinen guten Eindruck.“
Antwort:
Beide Aussagen sind richtig. Die Ihre, daß junge männliche Bewerber eine klare Aussage treffen müssen, ob noch mit einer Einberufung zu rechnen ist. Und die des Buches: „Ausgemustert“ klingt für den Laien so schrecklich nach „qualitativ unzureichend“ oder „körperlich zu wenig leistungsfähig, um auch nur Standardanforderungen zu genügen“. Es kommt dabei nicht darauf an, was etwa tatsächlich lt. Gesetz mit dem Begriff verbunden ist, sondern wie es für Dritte klingt. Und „ausgemustert“ ohne Begründung klingt nicht gut.
Packen wir es einmal so an: Was interessiert den Bewerbungsempfänger vorrangig? Ob der Bewerber noch zum Wehrdienst muß! Also liefern Sie ihm erst einmal diese Aussage. Sie befriedigt ca. 90 % seines Informationsbedürfnisses „hier und jetzt“. Wegen der fehlenden 10 % („warum?“) macht er, der Bewerbungsempfänger, kein besonderes „Theater“. Es ist damit zu rechnen, daß er sich eine Notiz macht etwa des Inhaltes „beim späteren Gespräch nach der Begründung fragen“.
Wenn Sie nun alle Aussagen dieses Beitrages verknüpfen, dann schreiben Sie in die Rubrik „Wehrdienst“ Ihres Lebenslaufes, daß Ihre Einberufung nicht (mehr) zu befürchten ist, vermeiden Sie den Begriff „ausgemustert“.
Ich kenne nun die Detailumstände bei Ihnen nicht. Aber Sie sind Laie im Wehrdienstrecht. Ich bin auch Laie. Und auch der Bewerbungsempfänger dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit einer sein. Also schreiben Sie, was Laien so schreiben. Beispielsweise: „Ich bin endgültig vom Wehrdienst befreit worden.“ Das soll nur ein Denkanstoß sein. Die eventuelle Verwendung eines sachlich etwas falschen Fachbegriffes ist sicher nur eine ganz kleine „Sünde“. Was gesagt wurde, stimmt ja: „Der Wehrdienst ist bei mir kein Thema mehr.“
Natürlich müssen Sie damit rechnen, daß im Vorstellungsgespräch nach den Gründen gefragt wird. Die auch wahrheitsgemäß genannt werden sollten. Aber Sie sind dann einen Schritt weiter. Außerdem kann sich Ihr Gegenüber dann persönlich ein Bild von Ihnen machen, Sie können auf Ihre sportlichen Hobbys hinweisen etc.
Trösten Sie sich: Sogar „Supersportler“ mit Wehrdienstbefreiungen wegen irgendwelcher körperlichen „Gebrechen“ gibt es in der Praxis hinreichend viele („Ich konnte damals gerade eine frische Sportverletzung vorzeigen.“). Auch der Leser Ihrer Bewerbung hat solche Fälle schon erlebt.
Kurzantwort:
Zwischen der knallharten, schonungslosen „Faktenlage“ und der (unzulässigen) nachweisbaren Falschaussage liegt stets ein weites Formulierungsfeld. Bewerber können das ebenso nutzen wie es Unternehmen in Anzeigen tun.
Frage-Nr.: 1177
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 44
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 1998-10-30