Heiko Mell 02.01.2016, 01:29 Uhr

Mein Mitarbeiter versteht mich nicht

Ich habe einen TH-Abschluss, bin Anfang/Mitte 40, in einem mittelständischen Unternehmen ohne (formale) Führungsverantwortung tätig und bearbeite dort aufgrund meiner sehr langen Erfahrung kleinere Projekte selbstständig zur Zufriedenheit meiner Vorgesetzten.

Aufgrund des erheblichen Aufwands zur Bearbeitung meines Projekts soll mich ein neu eingestellter promovierter Mitarbeiter mit Migrationshintergrund unterstützen. Die Situation ist für mich neu. Sämtliche Arbeit, die dieser Mitarbeiter bisher verrichtet hat, muss von mir selbst nicht nur überprüft, sondern praktisch noch einmal neu gemacht werden.

Eine kleinere Arbeit habe ich probeweise einen Schüler aus der 9. Klasse einer Realschule erledigen lassen, selbst der stellte sich – zumindest was das Verständnis angeht – deutlich besser an. Ich wollte damit überprüfen, ob nicht eventuell ich unfähig bin, dem Kollegen seine Arbeit hinreichend verständlich zu machen. Auf die Dauer bin ich dem – vermehrten, nicht etwa reduzierten – Arbeitsaufkommen nicht gewachsen.

Andererseits kann ich nicht einfach zu meinem Vorgesetzten gehen und ihm sagen, der neue Kollege sei total unfähig, da ich davon ausgehe, dass der Vorgesetzte dies als Affront auffassen wird (er hat ihn eingestellt).

Die Promotion des Mitarbeiters stammt von einer osteuropäischen Universität, die dafür bekannt ist, dass sich Doktortitel dort käuflich erwerben lassen. Die finanziellen Möglichkeiten dafür sind diesem Mitarbeiter gegeben (wohlhabendes Elternhaus in seinem Heimatland). Dafür dass der Kollege diese Möglichkeit genutzt hat, spricht, dass er ausschließlich zum Studium in dieses Land gegangen ist, obwohl es sich seine Eltern hätten problemlos leisten können, ihn z. B. in Deutschland studieren zu lassen.

Zwischen seiner Promotion und seinem Eintritt in unser Unternehmen war der Kollege nach eigenen Angaben in einer völlig anderen Teilbranche tätig, die weder die für seine jetzige Arbeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, noch überhaupt einen akademischen Abschluss erforderte.

Hinzu kommt sein Unwillen, nicht Verstandenes erneut zu fragen. Ich weiß eigentlich nie, was er von einer Einweisung, einer Besprechung o. Ä. wirklich verstanden hat. Trotz mehrmaliger Aufforderung (auch durch meinen Projektleiter) ändert er dieses Verhalten nicht.

Wie komme ich aus der Situation wieder heraus?

Antwort:

Sie berühren sehr viele Aspekte, die ich in bewährter Form einzeln auflisten und abarbeiten muss:

1. Ein geborener Führer sind Sie nicht. Sie haben eine Top-Ausbildung, geschätzte siebzehn Jahre Berufspraxis und bearbeiten Teile von Projekten auf Sachbearbeiterebene selbstständig. Jetzt haben Sie erstmals einen Mitarbeiter, der hat Schwächen, aber Sie versuchen nicht, ihn durch einen besser geeigneten zu ersetzen, sondern Ihr ganzer Brief ist ein Aufschrei: „Nehmt mir den wieder weg, lasst mich wieder allein vor mich hinarbeiten.“

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Nun, für den erstmaligen Einstieg in die (Mini-)Führung sind Sie auch schon recht alt. Wenn dann noch mangelnde Begabung hinzukommt …

Dafür können Sie nichts, deshalb sind Sie auch kein schlechter Mensch. Aber man muss das sehen und gewichten.

2. Wer erstmalig führt, stellt sehr oft fest: Nur für seine eigene Arbeit verantwortlich zu sein, ist viel einfacher! Es gibt sogar gestandene Führungskräfte höherer Ebenen, die sagen im Vertrauen: „Nehmt mir die Leute weg, lasst mir Titel, Rang und Einkommen und gebt mir nur noch Verantwortung für mich selbst – da schlage ich sofort ein.“ Ja, neue Mitarbeiter machen alles weniger gut als man selbst – vor allem machen sie es anders; es braucht viele Monate intensiven Kümmerns, bis man die halbwegs allein arbeiten lassen kann. Das ist so! Später wird es besser.

3. Irgendwie ist die Promotion dieses Mannes ein Dorn in Ihrem Auge. Sie regen sich ungeheuer darüber auf. Sie sind nicht promoviert. Versuchen Sie einmal ganz ehrlich gegenüber sich selbst zu sein: Ist da ein Hauch von Neid? Sachlich spielt doch die Promotion hier überhaupt keine Rolle, sie ist nur ein rotes Tuch für Sie.

4. Stellen Sie sich wohlhabende, absolut nicht akademisch gebildete Eltern vor, die in einem weniger entwickelten Land leben, das Beste für ihren Sohn wollen, die aber durch und durch orientalisch geprägt sind: Warum sollen sie nicht auf die Idee verfallen, ihren Sohn in ein Land zu schicken, in dem es eine gewisse „Garantie“ dafür gibt, für das aufgewandte Geld auch mit Sicherheit etwas zu bekommen? Wie sollen die wissen, dass es später einmal deutsche Akademiker im Berufsumfeld ihres Sohnes geben wird, die über seine Ausbildung die Nase rümpfen? Er kann also nichts dafür.

5. Dass dieser Mitarbeiter nie fragt, kann auf Schüchternheit beruhen. Vielleicht denkt er, so etwas tut man als Doktor nicht – vielleicht hat er Angst zu zeigen, dass er etwas nicht verstanden hat? Diese Angst müssten Sie ihm nehmen.

6. Selbstverständlich ist es sehr wohl möglich, dass Sie zufällig den beschränktesten promovierten Migranten aller Zeiten erwischt haben, das kann ich so nicht beurteilen. Aber vielleicht könnten Sie, nach einer Auseinandersetzung mit den Punkten 1 bis 5, noch einmal versuchen, Zugang zu diesem Mann zu finden und einen neuen Anfang zu machen. Bedenken Sie: Es ist Ihr allererster Führungsversuch. Es wäre für alle Beteiligten besser, Sie hätten mehr Erfolg dabei.

7. Ganz, ganz wichtig ist die Antwort auf die Frage: Was hat Ihr Chef mit dieser Zuordnung für Absichten und Ziele verfolgt? Ist die Person des Mitarbeiters gezielt ausgewählt oder Zufall? Will Ihr Chef etwas für den Mann tun oder Sie testen? Will er eventuell gezielt Ihre Unfähigkeit beweisen? So etwas muss man wissen! Zwei Tage darüber nachzudenken, kann hilfreicher sein als zwei Tage Facharbeit am Projekt! Vielleicht sogar als zwei Wochen Facharbeit … Man nennt das „taktische Begabung“ – für Manager überlebenswichtig. Sie haben sich noch gar nicht damit beschäftigt.

8. Natürlich können Sie mit Ihrem Problem zu Ihrem Chef gehen. Aber nicht so direkt und schon gar nicht mit einer Brutal-Kritik („völlig unfähig, der Mann“). Aber Sie können doch einmal ganz vorsichtig anfangen mit einem Dank dafür, dass er Ihnen überhaupt eine Hilfskraft gegeben hat und dann mit sachlichen Aussagen darüber, worin Sie den Mann eingewiesen haben und was Sie ihn haben tun lassen (noch nicht wertend!). Dann machen Sie immer wieder kleine Pausen und warten auf eine Reaktion des Chefs, die wird schon kommen. Dabei können Sie zusätzlich andeuten, es sei gar nicht so einfach, den Mitarbeiter so einzusetzen, dass er hilfreiche Unterstützung liefere (abwartende Pause); erschwerend sei auch, dass er aus einem ganz anderen Umfeld käme (Pause), im osteuropäischen Ausland studiert habe (Pause) und sich nicht traue, Fragen zu stellen (Pause). Der Chef wird schon erkennen lassen, worum es ihm geht. Wenn Sie das wissen, können Sie anfangen, die Aufgabe zu lösen, die Ihnen gestellt wurde.

Kurzantwort:

Frage-Nr.: 2285
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 4
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2009-01-21

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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