Wie die Dax-Konzerne ihre Mitarbeiter beteiligen
VDI nachrichten, Düsseldorf, 21. 12. 07, ps – Fast alle deutschen Großunternehmen haben in diesem Jahr ihren Gewinn deutlich gesteigert. Für die Topmanager sind damit meist höhere Tantiemen verbunden. Doch profitieren auch die Mitarbeiter von der Gewinnexplosion? Die VDI nachrichten und Heinrich-Heine-Consulting haben die 30 größten börsennotierten Unternehmen unter die Lupe genommen.
Acht der 30 befragten Unternehmen honorieren den Erfolgsbeitrag der Beschäftigten mit einem einheitlichen Festbetrag. Dazu gehören etwa Adidas, Continental, Daimler oder Volkswagen. Die Spanne liegt dabei zwischen 500 € und rund 2200 €. Zum Teil wird der Festbetrag noch mit einer individuellen, leistungsbezogenen Zahlung aufgestockt. Im Mittel liegen die Festbeträge bei etwa 1000 € pro Mitarbeiter.
Die meisten Unternehmen, die eine Erfolgsbeteiligung anbieten, ziehen dabei das individuelle Monatsgehalt der Tarifmitarbeiter als Bezugsgröße heran. Dabei werden zwischen 25 % und 120 % eines Monatsgehalts als einmalige Erfolgsbeteiligung gezahlt.
Die Bayer AG orientiert sich bei der Erfolgsbeteiligung am Jahresgehalt der Mitarbeiter. 2007 wurden beispielsweise – je nach Tochtergesellschaft – zwischen 7,3 % und 10,1 % der Jahrestarif-Entgelte als Erfolgsbeteiligung überwiesen.
Einige Unternehmen kombinieren Erfolgsbeteiligung und Aktienprogramme: So erhalten die Mitarbeiter der Deutschen Börse als Erfolgsbeteiligung einen Ausgabeabschlag von 10 % bis 30 % auf den aktuellen Aktienkurs.
Fresenius bietet seinen Mitarbeitern eine Erfolgsbeteiligung im Wert von etwa 1400 €, die zu zwei Dritteln in Form von Aktien ausgegeben wird. Ein Drittel kann bar ausgezahlt werden. Die Deutsche Bank beschenkt alle Mitarbeiter jährlich mit zehn Gratisaktien (aktueller Wert etwa 900 €).
Die meisten Unternehmen machen allerdings keine Angaben dazu, welcher Anteil am Gewinn an die Mitarbeiter ausgeschüttet wird. Nur vier Konzerne nennen konkrete Zahlen: Bei Siemens liegt der an die Mitarbeiter ausgeschüttete Anteil am Nachsteuergewinn bei ca. 1 %, bei Continental zwischen 3 % und 4 %, bei Bayer bei 18 %. Bei Volkswagen (ohne Audi) liegt der Anteil bei rund 10 % des operativen Ergebnisses.
Neben der Erfolgsbeteiligung bieten die meisten Dax-Konzerne ihren Mitarbeitern auch an, über eine Kapitalbeteiligung vom Wertzuwachs des Unternehmens zu profitieren. In den vergangenen Jahren haben 70 % der befragten Dax-Firmen Belegschaftsaktien zu Sonderkonditionen an ihre Mitarbeiter ausgegeben oder Aktienoptionsprogramme angeboten.
Der geldwerte Vorteil, der Mitarbeitern über Belegschaftsaktien oder Aktienoptionsprogramme zufließt, schwankt sehr stark und ist etwa abhängig von der Zahl der gezeichneten Aktien, der Haltefrist und dem Kursverlauf. Etwa 30 % der Unternehmen bieten bei Belegschaftsaktien einen Abschlag zwischen 20 % und 50 % gegenüber dem aktuellen Kurs der Aktie. Zwei Dax-Unternehmen haben 2007 Gratisaktien ausgegeben.
Für das kommende Jahr planen 40 % der Unternehmen die Ausgabe von Belegschaftsaktien zu Sonderkonditionen. In 25 % der Unternehmen steht die Entscheidung darüber noch aus. 35 % wollen im kommenden Jahr keine Belegschaftsaktien ausgeben.
Dass die Kapitalbeteiligung der Beschäftigten für die meisten Dax-Vorstände keinen sehr hohen Stellenwert hat, erschließt sich aus einer weiteren Zahl: Über 80 % der Unternehmen wissen nicht einmal annäherungsweise, wie viele ihrer Mitarbeiter Anteile am Unternehmen halten – eine Information, die über Befragungen leicht zu ermitteln wäre.
Auch der Anteil, den die Belegschaft am Grundkapital hält, kann nur jedes dritte Dax-Unternehmen beziffern beziehungsweise schätzen: Die Werte schwanken dabei zwischen 0,5 % und 2 %.
„Viele Großunternehmen entdecken erst jetzt, wie wichtig Beteiligungsprogramme für die Unternehmenskultur sind“, kommentiert Heinrich Beyer, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP) die Ergebnisse. Beim Thema Beteiligung sieht er mittelständische Firmen als Vorreiter. „Sie verstehen es besser als viele Konzerne, eine Kultur der Partnerschaft zu entwickeln.“
Hoffnungen setzt der AGP-Geschäftsführer nicht zuletzt in die stärkere steuerliche Begünstigung der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, an der die Bundesregierung arbeitet. Derzeit liegt der entsprechende Steuerfreibetrag bei 135 €. Im Gespräch sind jetzt 500 € bis 1000 € pro Jahr, möglicherweise auch eine nachgelagerte Besteuerung ähnlich wie bei der Riesterrente.
Der Verband, in dem sich mehr als 300 Firmen mit Mitarbeiterbeteiligung zusammengeschlossen haben, spürt schon jetzt wachsendes Interesse an dem Thema. Die heftige öffentliche Debatte über soziale Gerechtigkeit und der absehbare Mangel an qualifiziertem Personal befördere in vielen Chefetagen das Umdenken. Beyer: „Unternehmen werden künftig mehr denn je daran gemessen werden, welche Leistungen sie für die Gesellschaft und ihre Mitarbeiter erbringen. Auch Großunternehmen sind keine Privatveranstaltung für Aktionäre.“ P. SCHWARZ
Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage finden Sie im Internet unter: www.hhc-duesseldorf.de
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