„Wer jetzt entlässt, wird zum Verlierer“
Während die Manager in der Automobilindustrie auf die Bremse treten und die Produktion drosseln, gibt es in der Metall- und Elektroindustrie auch Betriebe, die von der Wirtschaftskrise bislang verschont wurden. VDI nachrichten, Düsseldorf, 30. 1. 09, has
Deutliche Spuren hat die Wirtschaftskrise bereits in der Automobilindustrie hinterlassen. Alle deutschen Autohersteller haben Kurzarbeit angekündigt oder lassen zeitweise die Produktion ruhen. Auch bei Zulieferern wie Bosch, Continental, Schaeffler oder Grammer wird die Fertigung heruntergefahren.
Nach einer aktuellen Umfrage der IG-Metall-Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen unter 100 Automobilzulieferern rechnet kein Unternehmen damit, von sinkenden Umsätzen verschont zu werden. Gut ein Drittel erwartet in diesem Jahr sogar einen Umsatzrückgang zwischen 40 % und 60 %. Drei Viertel der Unternehmen wollen Investitionen verschieben oder streichen.
Vor dem Hintergrund der Krise in der Automobilzulieferindustrie rät der nordrhein-westfälische IG-Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard den Arbeitgebern, „die Nerven zu behalten. Das Pendel wird bald in die andere Richtung ausschlagen. Wer jetzt entlässt, wird zum Verlierer“. Statt zu entlassen fordert Burkhard die Arbeitgeber auf, die Belegschaft in Kurzarbeit zu schicken und zu qualifizieren. Sollte von Banken kein Geld mehr kommen, müsste „die Politik für Kredite sorgen und mit Bürgschaften Arbeitsplätze sichern“.
Auch wenn derzeit schlechte Nachrichten den Ton vorgeben: Es gibt in der Metall- und Elektroindustrie Unternehmen, in denen sich der Abschwung nicht bemerkbar macht – sie kommen aber nicht aus der Autoindustrie. Zum Beispiel das Werk Halle von KSB, einem Herstellers von Pumpen und Armaturen mit einem Jahresumsatz von 1,8 Mrd. €. Kurzarbeit sei „nicht aktuell“, die Arbeitszeitkonten seien gut gefüllt, würden aber, wie immer zu Beginn eines Jahres zum Teil auch abgebaut, sagt der Betriebsratsvorsitzende Steffen Gebauer.
Das Werk in Halle ist konzernweit das Kompetenzzentrum für Abwasserpumpen. Erst vor Kurzem ist eine neue Fertigungshalle für Pumpen zur Wasserversorgung einschließlich eines Prüffelds gebaut worden. Die Auslastung ist nach Angaben Gebauers stabil, auch über die kommenden Quartale hinweg. Einen Einstellungsstopp gebe es nicht, dennoch schaue die Geschäftsleitung genauer hin, wenn ein neuer Mitarbeiter an Bord genommen werden soll.
Auch bei Zollern BHW in Braunschweig sei Kurzarbeit derzeit kein Thema, meint der Betriebsratsvorsitzende Heino Plate. Arbeitszeitkonten würden sogar noch aufgebaut. Das Werk sei gut ausgelastet, drei Viertel des Umsatzes, der in diesem Jahr erzielt werden kann, seien durch Aufträge gesichert. Lediglich zum Jahresende gab es den zu dieser Zeit üblichen leichten Auftragsrückgang.
Zollern BHW stellt Gleitlager für Schiffsmotoren, vor allem für Containerschiffe, her. 70% gehen in den Export. An den beiden Standorten Braunschweig und Osterode beschäftigt Zollern BHW 520 Mitarbeiter. In diesem Jahr sollen, so Plate, noch 15 neue Kollegen eingestellt werden. Trotz dieser guten Nachrichten seien die Mitarbeiter verunsichert, beobachtet Plate, vor allem durch die Berichterstattung in den Medien. Allerdings kämmen erste Signale von Kunden (Werften, Reedereien), dass sie Probleme mit der Finanzierung durch Banken hätten.
Kurzarbeit ist auch beim Waggonbauer Alstom LHB in Salzgitter nicht geplant, meint der Betriebsratsvorsitzende Bernd Eberle. Arbeitszeitkonten würden noch aufgestockt, das Auftragspolster sichere Beschäftigung für zwei bis drei Jahre.
Alstom LHB beschäftigt rund 2600 Mitarbeiter. Das Unternehmen konstruiert und baut Waggons für den Nah- und Regionalverkehr, ein Drittel der Produktion wird exportiert. Nur in einem randständigen Geschäftsfeld, so Eberle, mache sich die Krise bemerkbar: Im Rückgang der Waggonreparatur spiegele sich der abnehmende Güterverkehr auf der Schiene. In Deutschland würde zu wenig in den Schienenverkehr investiert, bemängelt der Betriebsratsvorsitzende. HARTMUT STEIGER
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