Personalmanagement 02.07.1999, 17:22 Uhr

Sie sind genau mein Typ!

Mobbing ist nur einer jener neudeutschen Ausdrücke, die für gestörtes Miteinander am Arbeitsplatz stehen. Der Myers-Briggs-Typenindikator soll Aufschluß darüber geben, welche Kollegen das ideale Team bilden.

Ein Abteilungsleiter will drei Mitarbeiter zu einem Projektteam zusammenstellen: Aber welche aus seiner siebenköpfigen Gruppe? Er ist unsicher. Das Know-how haben die Männer und Frauen alle, um die Aufgabe zu lösen, konkrete Vorschläge für eine gewerbliche Spülmaschine zu entwickeln, die weniger Wasser und weniger Energie verbraucht. Aber die Mitarbeiter sollten schließlich miteinander harmonieren. Soll er nun Herrn Müller, Herrn Neumann und Herrn Stoll wählen oder doch lieber Frau Thieme statt Herrn Neumann?
Psychologen haben herausgefunden, daß Menschen unterschiedlichen Persönlichkeitstypen angehören. Diese verschiedenen Typen kommunizieren mehr oder weniger gut miteinander. Manchmal geht die Kommunikation haarscharf aneinander vorbei. Zwar sprechen alle die gleiche Sprache, aber die jeweilige Wahrnehmung und Beurteilung des Gesagten gestaltet sich von Typ zu Typ völlig unterschiedlich. Das Ergebnis lautet: Die Projektergebnisse sind qualitativ nicht ganz so gut, wie sie eigentlich sein könnten.
Wer paßt aber nun am besten zusammen? Beim Lösen dieser Aufgabe hilft der MBTI, der Myers-Briggs-Typenindikator. Um ein nahezu ideales Team aufzustellen, eignet sich das Konzept der Funktionstypen, deren geistiger Vater der Psychoanalytiker C.G. Jung ist. Seine Typentheorie geht davon aus, daß Menschen unterschiedliche persönliche Präferenzen besitzen. Es gibt Rechtshänder, es gibt Linkshänder und Menschen, die beide Hände gleich stark einsetzen können. Aber welche Präferenzen stark und welche Präferenzen weniger stark ausgeprägt sind, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Und genau diese persönlichen Präferenzen steuern das Verhalten.
Sitzen so unterschiedliche Typen wie der umtriebige Macher (nach MBTI ein „ESTJ“, s. Kasten), der intellektuelle Problemlöser („INTP“) und der harmoniebedürftige Organisator („ENFJ“) an einem Tisch, kommt es leicht zu Störungen in der Kommunikation. Denn jeder einzelne Typ löst die Probleme anders. Und keiner hat Verständnis dafür, warum die Kollegen Dinge anders sehen, empfinden und damit umgehen.
Genau hier setzt der MBTI an. Reiner Blank, Autor der deutschen Version des MBTI, Lizenzgeber und langjähriger Trainer, erklärt: „Die Typologie des MBTI dient dazu, die eigenen Denk-Kästchen kennenzulernen und sich bewußt zu werden, daß es sie gibt.“ Wer das weiß, kann andere Denk-Schablonen vorurteilsfrei wahrnehmen und die eigenen überwinden. Deshalb wird der MBTI häufig zur Teambildung eingesetzt. Die Teammitglieder erkennen die unterschiedlichen Herangehensweisen eines jeden einzelnen an eine Aufgabe und registrieren plötzlich: Es steckt keine böse Absicht dahinter, wenn Herr X ein Problem anders anpackt als Frau Y, sondern die jeweils individuelle Präferenz.
Dennoch soll ein Team nicht so zusammengestellt werden, daß nur Mitglieder mit ähnlichen Präferenzen zusammenfinden. Optimale Lösungen finden sich eben nicht, wenn alle im Team einer Meinung sind, sondern wenn Reibungen entstehen und ausgeräumt werden müssen. Mit Hilfe des MBTI wird festgestellt, welchen Ursprung die Reibungspunkte haben. Das Anwendungsgebiet des MBTI beschränkt sich freilich nicht nur auf die Teambildung. Die Wiesbadener Beraterin und Inhaberin der stairs-Beratungsgesellschaft Marlen Theiß nutzt den MBTI beispielsweise, um bei Kunden-Unternehmen Personal- und Organisationsentwicklungsprozesse einzuleiten. Ihre Begründung: „Der MBTI ist ein Instrument zur Personalentwicklung, das nicht wertet und nicht urteilt. Es bietet Raum zur Entwicklung eines Menschen.“ Der stairs-Chefin gefällt am MBTI, daß die Benutzer lernen, „mit Unterschieden umzugehen, Verständnis für andere zu bekommen, und sich einen Weg zu überlegen, wie der Zugang zum anderen möglich wird.“
Besonders effizient ist auch der Einsatz des Instruments im Coaching und bei der Bewerberauswahl. Erfolgreich ist das Instrument auf alle Fälle dann, wenn alle Mitarbeiter – Unternehmer, Manager und Sachbearbeiter – erkennen, daß jeder Typ für ganz bestimmte Aufgaben im Organismus Unternehmen gebraucht wird. Führt der MBTI dazu, daß Menschen selbstbewußt zu ihrem Typ stehen und andere Typen tolerieren, hat der Typenindikator seinen Zweck erfüllt. In unserem Fall traf der Abteilungsleiter mit Hilfe des MBTI eine Entscheidung, die sich als sehr effektiv erwies. Herr Stoll, Frau Thieme und Herr Müller bilden fortan ein Team, weil sie trotz – oder wegen – kleiner Reibungspunkte den besten Vorschlag für eine Spülmaschin unterbreiteten.
BEATE HENES-KARNAHL
Der Myers-Briggs-Typenindikator soll dem Personalchef helfen, welcher Mitarbeiter in welche Team-Schublade paßt.

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