Politik ethisch beeinflussen
Der „Nationale Ethikrat“, von Bundeskanzler Gerhard Schröder bereits vor Monaten angekündigt, ist im seit Mitte dieser Woche im Amt.
Vom Gewerkschafter bis zur Richterin hat Bundeskanzler Gerhard Schröder 24 Fachleute in seinen Ethikrat berufen. Sie sollen in der Diskussion über die Gentechnik „naturwissenschaftliche, medizinische, theologische, philosophische, soziale, rechtliche, ökologische und ökonomische“ Positionen erarbeiten.
Die Ernennung durch die Bundesregierung und die Nähe zum Kanzleramt bedeute dabei nicht, „dass der Ethikrat am Gängelband der Regierung“ geführt werde, betonte Schröder schon im Vorfeld. Andererseits solle er aber nahe genug an der Politik sein, um „Einfluss nehmen (zu) können auf konkrete politische Entscheidungen“.
Gerade das „Einflussnehmen“ macht manchen Ethikern Sorge. „Die Mitglieder des Ethikrates sind auch keine besseren Menschen als andere“, so Ortwin Renn, Vorstandssprecher der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, „und wenn dieses Gremium Einfluss nehmen soll, dann ist mir die Basis mit 24 Mitgliedern zu klein.“ Und außerdem fehlt dem Ethikrat die demokratische Legitimierung
Der Rat, so Renn, „sollte eher die Diskussion in eine breite Öffentlichkeit tragen“ und “ weniger eigene Urteile fällen, sondern vielmehr Kriterien entwickeln, nach denen geurteilt werden kann. Es wäre gefährlich, wenn sich da eine Art neues „Obergericht“ etabliert.“
Der neue Ethikrat kann über die von der Regierung bereit gestellten Mittel in Höhe von 4,2 Mio. DM in diesem Jahr selbst verfügen. Für die Geschäftsstelle, die bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eingerichtet wird, gibt es noch einmal knapp 500 000 DM aus der Staatskasse.
Zu den Aufgaben des neuen Gremiums gehören: die Vernetzung des wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurses zu Fragen der Lebenswissenschaft Informations- und Diskussionsangebote für Bürgerinnen und Bürger Stellungnahmen zu ethischen Fragen neuer Entwicklungen auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften, Empfehlungen an die Politik und Beteiligung am internationalen Ethik-Diskurs.
Der bereits bestehende Ethik-Beirat des Gesundheitsministeriums soll nicht aufgelöst werden. Dennoch wird sich des Kanzlers Ethikrat als eine Art „Oberrat“ etablieren müssen, wenn er nicht einer unter vielen werden will. So gibt es allein in Baden-Württemberg 20 Institutionen, die sich professionell mit Ethik befassen. B.B./moc