Mitarbeiter übernehmen Patenschaften für Maschinen und Anlagen
Deswegen kommt es in der Produktion auf besonders hohe Qualität an. Durch Optimierung der betrieblichen Logistik, mehr Mitarbeiter-Verantwortung und die Einführung flexibler Fertigungszellen gelang dem Automobilzulieferer Takata-Petri in seinem sächsischen Werk ein Doppelschritt: Die Produktivität wurde drastisch gesteigert und gleichzeitig die Produktqualität erhöht.
Konkurrenz aus den eigenen Reihen: Der Betrieb des Automobilzulieferers im Erzgebirge steht in ständigem Wettbewerb mit den anderen Fertigungsstätten des mit über 29 000 Mitarbeitern und 23 Werken weltweit operierenden Takata-Petri-Konzerns, der sich ganz auf die Sicherheit im Automobil konzentriert hat. Bei Neuanläufen wird stets durchkalkuliert, wo am günstigsten gefertigt werden kann.
In Elterlein werden aus im Konzern hergestellten Gasgeneratoren sowie Textilsäcken und selbstgefertigten Kunststoffkappen Fahrer-, Beifahrer- und Seitenairbags montiert. Das deutsch-japanische Unternehmen, dass im Jahr 2000 aus der Fusion der Takata Corporation, Tokio, mit der Aschaffenburger Petri AG entstand, versteht sich als Total Safety System Supplier. Takata war 1995 der erste große japanische Investor, der ein neues Werk in Sachsen baute.
Heute werden dort 25 000 dieser kompakten Einheiten am Tag produziert – 65 % davon Seitenairbags. Die Kundenliste liest sich wie das „who is who“ der Automobilindustrie: DaimlerChrysler, BMW, Audi und VW gehören zu den Abnehmern. Der Markttrend pusht das Geschäft der Sachsen: „Der Markt für Auto-Insassenschutz wächst jährlich etwa um 12% „, erläutert Heinrich Binder, Vorstandsvorsitzender von Takata-Petri, die wirtschaftlichen Perspektiven.
Im Werk Elterlein setzt man auf halbautomatische Fertigungslinien, die Produktion besteht aus insgesamt fünf Produktions-Units: einer Produktions-Unit für Spritzguss- sowie Lackierung der Airbag-Kappen und vier kundenbezogenen Montage-Units mit je zwischen 60 und 80 Mitarbeitern, die sich wiederum in 28 kleinere Montage-Zellen mit maximal sechs Mitarbeitern gliedern. „Dadurch können wir sehr flexibel auf alle Kundenanforderungen reagieren“, erläutert Werkleiter Swen Klöden. Jeder Produktions-Unit ist ein Team aus Leiter, Disponent und Qualitätsverantwortlichem beigestellt. „Die sitzen sich im Büro direkt gegenüber“, schildert Klöden, „das bedeutet kurze Informationswege, und es gibt kaum Informationsdefizite.“ Im Zuge effektivem Supply-Chain-Managements ist der Disponent heute für die gesamte Kette vom Zulieferer bis zum Kunden verantwortlich.
Auch die betriebliche Logistik wurde optimiert: Durch ein neu eingeführtes Rundlaufsystem, das die einzelnen Produktionsstationen verbindet, ließ sich die Anlieferfrequenz erhöhen und der Materialfluss kontinuierlicher gestalten. Daneben kann der Lagerplatz durch Umstellung des Teilelagers auf chaotische Lagerführung effizienter genutzt werden. Während die Staplerfahrer früher erst umständlich einen Lagerplatz suchen mussten, hilft dabei heute ein Chipsystem, bei dem jeder Artikelnummer ein Slot zugewiesen ist und bei Einlagerung ein Chip eingeworfen wird. Bei Auslagerung wird dieser vom Staplerfahrer wieder entnommen. So lässt sich nun einfaches „First-In, First-Out“ bewerkstelligen.
Darüber hinaus gilt im gesamten Management der oberste Leitsatz „Quality first“. Schließlich sind Airbags Sicherheitssysteme, die Menschenleben retten. „Da können wir uns bei der Qualität keinerlei Abstriche erlauben“, so Klöden. Bei Fertigungs- oder Qualitätsproblemen wird sogleich Ursachenforschung mittels Ichikawa-Analyse betrieben. Und das mit großem Erfolg, denn die Fehlerquote konnte gesenkt werden. Nicht umsonst verlieh die Management-Beratung A.T. Kearney dem Takata-Petri-Werk im Rahmen des härtesten Benchmark-Tests für produzierende Unternehmen „Fabrik des Jahres“ das Prädikat für hervorragendes Qualitätsmanagement – nicht zuletzt wegen des geradezu „Qualitäts-fanatischen“ Teams.
Doch auf solchen Lorbeeren will sich das Management aber nicht auszuruhen: Der Produktionsprozess wird ständigen Verbesserungen unterworfen. Seit zwei Jahren ist eigens ein Mitarbeiter für alle Kaizen-Aktivitäten verantwortlich, dessen Aufgaben darin bestehen, Workshops zu begleiten, als Moderator bei Optimierungsprozessen zu fungieren und die Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen zu begleiten. Denn nach dem Kaizen-Motto „auch das Kleinste hilft“, werden alle ermuntert, Vorschläge zur Verbesserung der Produktionsbedingungen zu machen. „Dabei steht nicht so sehr die reine Zahl der Vorschläge im Vordergrund, sondern uns kommt es vor allem auf die Qualität an“, so Klöden. Zudem hat man bei Takata-Petri im Rahmen der „eigenverantwortlichen Anlagenbetreuung“ (EVA) die Verantwortung für Produktionseinrichtungen personalisiert.
Dabei übernimmt jeder Mitarbeiter eine Art Patenschaft für eine Maschine oder Produktionseinrichtung. So gelang es die Zahl der Störungsstunden in manchen Bereichen um bis zu 50 % zu reduzieren. Insgesamt konnten zuletzt alleine durch das betriebliche Vorschlagwesen 0,5 Mio. € eingespart werden. Dies und die mit Kaizen erzielten Verbesserungen brachten immerhin 1,6 Mio. € Kostenersparnis – die Produktivität wuchs gleichzeitig im zweistelligen Prozentbereich.
EDGAR LANGE/KIP
Der Markt für Auto-Insassenschutz wächst jährlich um 12 % weltweit
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