Innovationschance für den Mittelstand
Projektwirtschaftliche Zusammenarbeit mit externen Spezialisten
Eine Produktinnovation, die zum großen Renner wird, das wünschen sich viele Unternehmen. Doch zumeist sind es die kleinen, inkrementalen Verbesserungen an bestehenden Produkten, an denen die Unternehmen arbeiten. Quantensprünge kommen eher selten vor. Wer über seinen Tellerrand jedoch hinaus will und neue Produkte in der Konvergenz aus unterschiedlichen Technologien sucht, kommt um das spezifische Know-how und die Unterstützung externer Spezialisten künftig kaum herum.
„Die kürzeren Innovations- und Produktlebenszyklen am Weltmarkt lassen den Unternehmen keine Wahl, die zielgerichtete Zusammenarbeit mit Externen Spezialisten zu suchen, um Ideen schneller in Produkte, Verfahren oder auch komplett neue Märkte umzusetzen“, sagt Stefan Schneider, Leiter des Teams Macro Trends von Deutsche Bank Research in Frankfurt, die das Thema Wertschöpfung in der Zukunft untersuchte. Dabei gilt es, bisher zumeist ungewohnte neue Ansätze zu verfolgen, deren Ergebnisse im Zusammenwirken unterschiedlicher Disziplinen und in neuen Systemprodukten liegen.
Projektwirtschaft lautet der ungewohnte neue Begriff für die zumeist temporäre und außerordentlich kooperative Zusammenarbeit unterschiedlicher Unternehmen, Institutionen und Experten auf ein gemeinsames Ziel hin. Bis zum Jahr 2020 werde die Wertschöpfung der deutschen Unternehmen durch projektwirtschaftliche Zusammenarbeit auf rund 15 % steigen. Derzeit seien es gerade erst 2 %, so die Analysten der Deutschen Bank in ihrer Untersuchung, deren Ergebnisse Schneider auf dem 25. Internationalen Projektmanagement-Forum der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), Nürnberg, kürzlich in Wiesbaden den mehr als 600 Teilnehmern vorstellte. Dabei habe Projektwirtschaft nichts mit klassischer Auftragsarbeit zu tun, etwa der Entwicklung eines neuen Autos durch externe Dienstleister und Zulieferunternehmen im Auftrag eines Fahrzeugherstellers. Statt dessen stehe in der Projektwirtschaft am Anfang eher eine diffuse Idee, ein Trend oder die Suche nach einer geeigneten Lösung für eine Aufgabenstellung.
Der Ansatz bestehe darin, durch das Zusammenführen geeigneter Partner und Kompetenzen auf den unterschiedlichsten Gebieten zu vollkommen neuen Ergebnissen, Produkten und Lösungen zu kommen und könne sich auf neue Produktideen, Fertigungsverfahren oder auch Vermarktungsmethoden beziehen. So könne beispielsweise ein Produkt in Deutschland entwickelt, in Asien hergestellt und von einem geeigneten Partner aus den USA vermarktet werden. Attraktive Mehrwertdienste wie etwa der „App-Store“ können hierbei die Attraktivität eines Produktes steigern, wie das Beispiel des iPhone von Apple zeige.
Wohin der Trend geht, zeigte auch Reinhard Wagner, den Tagungsteilnehmern in Wiesbaden auf. Um die Nase vorne zu behalten, so das für PM-Forschung zuständige Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement, werden sich deutsche Unternehmen künftig mehr denn je auf das konzentrieren müssen, was sie jeweils am besten können. Wagner: „Nicht mehr Made in Germany alleine wird in Zukunft das Markenzeichen der deutschen Unternehmen sein, sondern Created oder Engineered in Germany.“
Die Herausforderung für die Unternehmen bestehe darin, die beteiligten Partner und Teams so zu führen, dass bei hoher Kreativität und Motivation ein optimales Ergebnis erzielt wird. „Das Management solcher Koopera¬tionen und zunehmend globalen Projekte wird dabei selbst zur Kernkompetenz der Unternehmen“, ergänzte Wagner.
Eine „riesige Chance“ durch projektwirtschaftliches Agieren sah Schneider in erster Linie für den Mittelstand. „Die Unternehmen sind meist hoch spezialisiert, organisatorisch sehr beweglich und verstehen sich auf Kooperation.“ Eine gezielte Zusammenarbeit mit externen Spezialisten aus komplementären Disziplinen wie Hochschulen, Instituten oder anderen Unternehmen könne da rasch zu neuartigen Lösungen und Produkten führen, die das Unternehmen wegen fehlendem Know-how alleine entweder überhaupt nicht oder nicht in der Kürze der Zeit zuwege gebracht hätte. „Projektwirtschaft, Deutschlands Zukunft“ war denn auch das Thema eines parlamentarischen Abends der GPM am 26. November in Berlin, an dem die Industrie zusammen mit Abgeordneten über unternehmerisches und politisches Handeln diskutierte. BERND ROSE/KIP