„Der Mitarbeiter ist nicht nur eine Nummer“
VDI nachrichten, Düsseldorf, 22. 8. 08, Fr – Beim Thema Auswuchten macht der Schenck Rotec GmbH so leicht niemand etwas vor. Das mittelständische Maschinenbauunternehmen mit Hauptsitz in Darmstadt ist mit einem Marktanteil von 35 % Weltmarktführer in der Auswuchttechnik.
Nach fast vierzig Berufsjahren in derselben Firma auch als Rentner noch zur Projektarbeit an den alten Arbeitsplatz zurückkehren? Oder als Student für drei Monate zum Praktikum nach Schanghai, um frühzeitig das globale Geschäft kennenzulernen? Die vermeintlichen Widersprüche zwischen der Tradition eines Maschinenbauunternehmens mit über hundertjähriger Geschichte und den Erfordernissen internationaler Firmenpolitik lösen sich bei Schenck Rotec im Alltag von ganz allein auf, betont Geschäftsführer Dr. Ralf-Michael Fuchs.
„Wir haben aufgrund unseres globalen Set-ups eine besondere Situation. Personalpolitik bei uns heißt, sehr eng mit den Kollegen aus aller Welt zusammenzuarbeiten.“ Der allein in Deutschland erzielte Anteil am Gesamtumsatz läge ungefähr bei 15 %, da sei die Zusammenarbeit und auch der nicht als Einbahnstraße verlaufende Know-how-Transfer mit den Tochtergesellschaften in Übersee selbstverständlich.
Zentral in Darmstadt angesiedelt ist die Entwicklungsabteilung des Gesamtunternehmens, in dem auch die internationalen Mitarbeiter qualifiziert werden, dennoch dominieren natürlich am deutschen Standort die heimischen Ingenieure. Doch selbst für einen so erfolgreichen Mittelständler wie Schenck Rotec ist es nicht so einfach, junge geeignete Mechatroniker, E-Techniker, Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieure zu finden, erläutert Personalchefin Heidi Schmitt. Das habe mit der konjunkturellen Situation zu tun, der großen Nachfrage nach jungen Ingenieuren, aber auch mit den oftmals falschen Vorstellungen der Hochschulabsolventen über die Karriereoptionen in einem mittelständischen Unternehmen.
Für das Arbeiten im internationalen Umfeld sei eine möglichst große Sprachkompetenz natürlich neben dem rein fachlichen Wissen grundlegend. „Dass jemand als Berufseinsteiger ins Unternehmen kommt und perfektes Business-Englisch spricht, wäre eine überzogene Erwartung, aber sehr gute Grundkenntnisse, auf denen in unseren Englischkursen aufgebaut werden kann, sollten die Absolventen auf jeden Fall mitbringen“, erläutert Heidi Schmitt.
Ganz wesentlich seien aber auch kulturelle und kommunikative Kompetenzen, die den Austausch, die Interaktion mit Menschen aus anderen Ländern erst ermöglichten. Zum ständigen Weiterbildungsangebot bei Schenck Rotec gehörten deshalb entsprechende Veranstaltungen. „Unsere Mitarbeiter müssen offen sein für andere Kulturkreise, müssen sich da bewegen können, entsprechend flexibel sein“, konstatiert Heidi Schmitt. Auch das Thema Ausdauer und Belastbarkeit sei nicht zu unterschätzen. Wer beispielsweise aus dem Bereich Montage oder Prüffeld nach China fliegt und vom Flughafen direkt auf die Baustelle fährt, um dort weiterzuarbeiten, müsse einfach über eine gute Grundkonstitution verfügen.
„Dann ist uns natürlich auch wichtig, dass unsere Mitarbeiter die notwendige unternehmerische Kompetenz, eine gewisse Produktivitätsorientierung aufweisen. Ihnen muss bewusst sein, dass wir mit den Produkten, die wir anbieten, Geld verdienen müssen – nur so können wir Arbeitsplätze erhalten“, berichtet Heidi Schmitt.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr etwa 2 % des Personalaufwandes für Qualifizierungsmaßnahmen ausgegeben – fachliche und persönlichkeitsbildende Maßnahmen standen gleichermaßen auf dem Programm. Die Mitarbeiter haben aber beispielsweise auch die Möglichkeit, ihrer Karriere durch ein berufsbegleitendes Studium neuen Auftrieb zu geben und dabei finanziell unterstützt zu werden.
„Weiterbildung ist ja vor dem Hintergrund zu sehen, dass nur so ständige neue Anforderungen, ja teilweise dramatische Veränderungen in den Aufgabenstellungen, vom Personalstamm bewältigt werden können“, konstatiert Ralf-Michael Fuchs. Das Vorurteil, Mitarbeiter würden mit zunehmendem Alter eine geringere Flexibilität im Denken an den Tag legen oder weniger daran interessiert sein, die jeweilige Funktion auszufüllen, kann Heidi Schmitt im Übrigen ganz und gar nicht bestätigen. „Wir machen da ganz andere Erfahrungen“, stellt die Personalleiterin fest.
Die Belegschaft der Schenck Rotec GmbH ist mit durchschnittlich 45 Jahren relativ alt. Das hat Vorteile, birgt aber auch Gefahren, weiß Ralf-Michael Fuchs. Erfahrene und damit automatisch nicht mehr ganz so junge Ingenieure, seien wichtig, damit in den Projektteams mit größtmöglicher Effizienz gearbeitet werden kann. Auf der anderen Seite müsse sein Unternehmen kontinuierlich den technischen Nachwuchs an die gestellten Aufgaben heranführen, denn in absehbarer Zeit würden zahlreiche Fachkräfte das Rentenalter erreichen und in der Regel mit ihrem Know-how verloren gehen.
Bei Schenck Rotec werden darunter etliche Mitarbeiter sein, die jahrzehntelang dem Unternehmen die Treue gehalten haben. „Wir sind sehr stolz, eine wirklich familiäre Atmosphäre im Unternehmen bewahrt zu haben. Als Unternehmen attraktiv zu sein, dazu gehört auch, dass die Nachhaltigkeit deutlich wird dass man als Mitarbeiter nicht einfach nur eine Nummer ist“, bekräftigt Ralf-Michael Fuchs. Als Teil des Dürr-Konzerns könne die Arbeitsplatzsicherheit eines börsennotierten Unternehmens geboten werden, verbunden mit den Vorteilen einer seit 126 Jahren bestehenden Tradition als Mittelständler. Die sehr geringe Fluktuation bei den Mitarbeitern sei als Beleg zu werten, dass die Mitarbeiter tatsächlich eine starke Bindung an „die Rotec“ entwickelt haben.
Wie notwendige und gut gemeinte Konzepte zur Rekrutierung von technischen Fachkräften an den realen Gegebenheiten scheitern können, muss auch Schenck Rotec akzeptieren. So würde die Unternehmensleitung gern weitere Frauen in der Belegschaft sehen. „Diese Aufgabe ist nicht so leicht zu lösen, da wir ja leider nicht so viele Frauen in den Ingenieurstudiengängen haben. Wir haben aber schon Studentinnen im Bereich Mechatronik aufgenommen, haben hier in Darmstadt eine Vertriebsleiterin, eine Projektmanagerin und eine Prüffeldingenieurin, die sich in rauer Umgebung durchzusetzen wissen. Wir haben also gute Erfahrungen gemacht und wollen diesen Weg weitergehen“, so Ralf-Michael Fuchs. MANFRED BURAZEROVIC
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