Überleben im Schlaf
Im vergangenen Jahrhundert kamen bei Erdbeben weltweit rund 2 Mio. Menschen um. Ein deutscher Geophysiker entwickelte nun ein Schutzgestell, das Schlafende vor einstürzenden Zimmerdecken schützen soll.
Hans-Joachim Kümpel mochte sich nicht damit begnügen, als Professor für angewandte Geophysik an der Universität Bonn Erdbeben lediglich zu erforschen. Er hat sich auch Gedanken darüber gemacht, wie Menschen überleben können, wenn sie im Schlaf von den Erdstößen überrascht werden. „Menschen verbringen fast ein Drittel ihrer Zeit im Bett – Kleinkinder, Kranke und gebrechliche Menschen sogar weitaus mehr“, sagt der Geowissenschaftler. Was also lag näher, als ein Schutzgestell für Betten zu entwickeln.
Vor gut fünf Jahren kam ihm die Idee, inzwischen hält er das deutsche Patent darauf. Nun sucht er eine Firma, die den Prototyp des Gestells baut. Dabei betont Kümpel, dass Vorrang stets der Bau von bebensicheren Häusern haben müsse, Bettenschutz hin oder her.
Das Prinzip klingt einfach: Ein Sensor registriert frühe Erdbebenwellen und löst einen Mechanismus aus: Teleskopartig schließen sich von beiden Seiten drei halbkreisförmige Stahlholme um das Bett und treffen über ihm zusammen – genau dort, wo eine Längsstrebe die drei Holme verbindet und so eine Art Dachbalken bildet. „Auf diese Weise entsteht ein Schutzraum, vergleichbar der Fahrgastzelle eines Autos“, beschreibt Kümpel sein Modell. Außerdem sollen Airbags den Schläfer gegen herunterfallende Gegenstände abschirmen. Zusätzlich könnte sich eine feuerfeste Plane über die Vorrichtung ausrollen und vor Kleinbränden schützen.
In Deutschland fand der Forscher bisher niemanden, der seine Idee kaufen und das Bett bauen wollte. Nun streckt Kümpel seine Fühler nach Japan und den USA aus, wo er das größte Marktpotenzial sieht. Anselm Smolka, Seismologe bei der Münchner Rückversicherung, hält indes Kümpels Ansatz für „nicht abwegig“. Und Günter Borm, Geotechniker am Geoforschungszentrum Potsdam, hält das schützende Bett für eine originelle Idee. Dennoch ist er skeptisch. „Im dritten Stock eines einstürzenden Hauses hat man auch in diesem Bett keine Chance.“ Als Werbegag für Hotels in Japan oder Kalifornien könne er sich das erdbebensichere Bett aber vorstellen. W. SCHMIDT