Kilometerweit unterwegs und doch auf der Stelle
Im Sitzen schwitzen kurbelt den Kreislauf ebenso an wie Laufen oder Steppen in aufrechter Haltung. Der Fitneß-Markt hält viele Möglichkeiten offen, den Körper in Form zu bringen.
Muskelaufbau und Fettabbau, Ausdauerschulung und Kraftzuwachs, Abhärtung des Immunsystems und wohlproportionierte Kurven, Gemeinschaftserlebnis und Kontaktsuche. Viele Gründe, die Antworten auf den Sinn sportlichen Treibens geben. Was früher dem Sportverein vorbehalten war, gerät heute immer mehr in den Einflußbereich der Fitneß-Studios, die überall im Lande wie Pilze aus dem Boden schießen. In Deutschland überrollt die Fitneß-Welle zur Zeit auch den, der sich vor Jahren noch für einen ausgemachten Sportmuffel hielt.
Der stetig und schnell wachsende Markt der kommerziellen Fitneß-Anbieter kann der Nachfrage kaum folgen. Von 1990 bis 1998 hat sich die Zahl der Mitglieder, also derjenigen, die mit einem der rund 6000 Fitneß-Center einen meist halb- oder ganzjährigen Vertrag abgeschlossen haben, mehr als verdoppelt. Vor neun Jahren zog es noch 1,70 Mio. Menschen in die häufig noch kärglich ausgestatteten Studios. 1998 waren es bereits 3,89 Mio., die ihren Körper auf Vordermann bringen wollten. Eine Entwicklung, die sich auch beim Umsatz der Branche niederschlägt. 1990 verbuchten die Fitneß-Center bundesweit 1,60 Mrd. DM, acht Jahre später kletterte der Umsatz auf 4,01 Mrd. DM.
Die Zeit der oftmals belächelten „Mucki-Buden“ gehört der Vergangenheit an. In Studios und Sport-Centren mit einer Größe bis zu 40 000 m2 wird die ganze Palette gesundheitsfördernder Betätigungen geboten. Auf sogenannten Multifunktionsanlagen wird Tennis und Badminton gespielt, Gewichte werden gestemmt und in Aerobic-Kursen überflüssige Pfunde abtrainiert. Am Ende der kräftezehrenden Aktivitäten steht der nicht minder schweißtreibende Saunagang. „Fitneß bedeutet nicht allein Kraftzuwachs“, erklärt Dr. Rolf Krempel, Ausbildungsleiter im Deutschen Fitneß- und Aerobic-Verband (DFAV). „Der Trend geht eindeutig zum Gesundheitssport. Das Bewußtsein, alle konditionellen Einheiten trainieren zu wollen, also Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination, ist allgemein gewachsen.“ Im Gefolge der Trimm-Trab- und Joggerwelle hat aber insbesondere die Ausdauerschulung an Beliebtheit gewonnen. Kardiogeräte wie Laufbänder, Fahrrad- und Ruder-Ergometer sowie Steppers regen Herz und Kreislauf an. Ihre Mechanik paßt sich dem natürlichen Bewegungsablauf an, um dem Körper „zuzuarbeiten“. Die Technik hat letztlich die Aufgabe, sportwissenschaftliche Erkenntnisse umzusetzen.
Auch im Fitneßbereich ist aber nicht alles Gold, was glänzt. Die Qualität der Studios läßt sich längst nicht an der Größe und Zahl der chromblitzenden High-Tech-Trainingsgeräte festmachen. Um dem Verbraucher die Wahl des geeigneten Studios zu erleichtern, vergibt die Gütegemeinschaft Gesundheitssportzentrum e. V. seit 1993 das RAL-Gütezeichen „Fitneßzentrum“. Prof. Ingo Froböse, Vorsitzender der Gütegemeinschaft und an der Sporthochschule Köln zuständig für Prävention und Rehabilitation: „Viele Geräte werden von Laien hergestellt, die keine Ahnung von Fitneß-Training haben. Das führt oft dazu, daß Dreh- und Gelenkachsen nicht auf die individuellen biomechanischen Bedürfnisse eingestellt werden können, was wiederum muskuläre Verletzungen mit sich bringt. Hinzu kommt, daß längst nicht alle Geräte einen Sicherheitshebel zur abrupten Beendigung der körperlichen Belastung haben.“
Pneumatisch und hydraulisch betriebene Fitneß-Geräte haben den Vorteil, daß die Belastung präziser eingestellt werden kann als bei den sogenannten Platten-Geräten (Gewichte). Die schnellere Beschleunigung und die sanftere Abbremsung schonen zudem die Gelenke. Nachteil: Die hydraulischen Maschinen verlieren mit der Zeit durch Abnutzung ihre Präzision, der Widerstand verändert sich. Bei den Plattengeräten ist eine exakte Gewicht-Einstellung kaum möglich. Durch die Umlenkrollen kann das eigentlich zu bewegende Gewicht nicht eindeutig definiert werden. Prof. Froböse: „Plattengeräte belasten weit stärker Muskeln und Gelenke, weil die Start- und Stopbewegungen während der Übungen wesentlich härter sind als bei den hydraulischen und pneumatischen Maschinen.“
Die elektrisch angetriebenen Laufbänder, Fahrrad- und Ruderergometer sowie Steppers unterscheiden sich in ihrer Funktionalität nicht wesentlich: Bei Laufbändern ist die Geschwindigkeit einstellbar, der Schwierigkeitsgrad durch Steigungswinkel und verschieden starke Bremswirkung regulierbar. Pulsfrequenzanzeige und Blutdruckmessung informieren auf dem Display über den momentanen individuellen Leistungszustand. „Gute Geräte zeichnen sich durch hohe Standfestigkeit, leichte Bedienung sowie übersichtliches Display aus“, beschreibt Gisbert Eule, Referatsleiter im Bundesinstitut für Sportwissenschaften, die wesentlichen Anforderungen. Qualitative Divergenzen gibt es darüber hinaus vor allem bei Tretlagern (Fahrradergometer) und Bremsen. Eine Wirbelstrombremse ist leichter zu betätigen als eine einstellbare Bandbremse. Gisbert Eule: „Jeder Hersteller hat natürlich seine eigene Philosophie und seine eigenen kleinen Mechanik-Geheimnisse.“
WOLFGANG SCHMITZ
In rund 6000 bundesdeutschen Fitneß-Studios versuchen Frauen und Männer aller Altersklassen, ihren Körper auf die erhofften Maße zu trimmen.
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