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Remanufacturing durch datenbasierte Entscheidungsfindung und intelligente Prozessplanung 06.05.2025, 10:00 Uhr

Datenbasiertes Remanufacturing

Remanufacturing ist ein anspruchsvoller industrieller Prozess, bei dem ein Alt-Bauteil durch eine hybride Fertigungskette in einen, bezüglich Qualität und Performance, neuwertigen Zustand versetzt wird. Der Erfolg von Remanufacturing in konventionellen Fertigungsumgebungen hängt von der Identifikation geeigneter Anwendungsfälle, der Anpassung bestehender Prozessketten an hybride Fertigungsanforderungen und einer optimierten Prozessüberwachung zur Qualitätssicherung ab.

Bild 3. Bauteilfertigung: a) Planung der aufzutragenden Schichten im sog. linearen bidirektionalen Muster, b) Auftragschweißen am realen Bauteil mittels WAAM; z: Aufbaurichtung; x: Schweißrichtung. Foto: Siemens

Bild 3. Bauteilfertigung: a) Planung der aufzutragenden Schichten im sog. linearen bidirektionalen Muster, b) Auftragschweißen am realen Bauteil mittels WAAM; z: Aufbaurichtung; x: Schweißrichtung.

Foto: Siemens

Data-based remanufacturing

Abstract: Remanufacturing is a demanding industrial process in which an old component is restored to a like-new condition in terms of quality and performance through a hybrid manufacturing chain. The success of remanufacturing in conventional production environments depends on identifying suitable use cases, adapting existing process chains to hybrid manufacturing requirements, and optimizing process monitoring for quality assurance.

1 Einleitung: Remanufacturing und das Projekt EREP

Die Kreislaufwirtschaft ist eine Alternative zur linearen Wirtschaft und setzt auf Wiederverwendung (engl.: Reuse), Wiederaufbereitung (engl.: Remanufacturing) und Recycling statt Entsorgung. Der Begriff entstand in den 1990er Jahren und beschreibt die Rückgewinnung von Ressourcen aus Abfällen. In der wissenschaftlichen Literatur wird oftmals das 4R-Modell verwendet, das auf vier Strategien basiert: Reduzierung, Reuse, Recycling und Rückgewinnung. Die ersten drei Strategien des Modells stimmen mit der EU-Abfallrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) überein, während die vierte Strategie, Rückgewinnung, eine wissenschaftliche Ergänzung ist. Remanufacturing ist eine Mischung aus Reuse und Rückgewinnung [1, 2] und bezeichnet die Umwandlung gebrauchter und abgenutzter Komponenten in wiederverwendbare Bauteile.

Mit dem zunehmenden Bedarf an Ressourceneffizienz steigt auch das Interesse an Remanufacturing [3, 4]. In der Industrie ist diese Strategie jedoch noch nicht etabliert. Um das zu ändern, haben sich akademische und industrielle Partner im Rahmen des Projektes „Erfolgreiches Remanufacturing durch datenbasierte Entscheidungsfindung und intelligente Prozessplanung” (EREP) zusammengeschlossen.

Das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt EREP untersucht daten basiertes Remanufacturing mit Fokus auf der Altteil-Begutachtung und automatisierten Prozessplanung. Ziel des Projekts ist die Befähigung zur präzisen Entscheidungsfindung, ob Altteile für das Remanufacturing geeignet sind. Zudem wird erforscht, inwieweit der Planungsprozess automatisiert werden kann, um die Effizienz und die Umsetzbarkeit zu steigern. Gussbauteile sind in vielen Industriezweigen verbreitet. Daher ist ihre Remanufacturing-Eignung entscheidend. Eine hybride Prozesskette aus draht- und lichtbogenbasierter additiver Fertigung (engl.: wire arc additive manufacturing, kurz: WAAM) und Zerspanung ermöglicht ihre Aufbereitung. Untersuchungen zeigten, dass der Gusswerkstoff EN-GJS-400-15 trotz eines erhöhten Kohlenstoffgehalts durch das WAAM riss- und porenfrei verarbeitet werden kann. Für die Umsetzung der zirkulären Wertschöpfungskette wird ein Einsparungspotenzial von 80 % bis 90 % an Primärmaterial und Energie prognostiziert [5]. Dieser Beitrag beleuchtet die erarbeiteten Projektschritte für die aus WAAM und Zerspanung bestehende hybride Prozesskette von der Komponentenevaluierung über die Prozessplanung und -optimierung bis hin zur Prozessüberwachung.

2 Evaluierung geeigneter Komponenten für das Remanufacturing

Das Landshuter Ebenen-Modell des Remanufacturings (engl.: Landshut Level Model of Remanufacturing, kurz: LEMOR) bewertet umfassend die Eignung von Bauteilen für das Remanufacturing aus technischer, wirtschaftlicher und strategischer Sicht. Dies reicht von der grundsätzlichen technischen Eignungsprüfung bis hin zur Einflussanalyse individueller Schadensbilder. Die Bewertung erfolgt in einem generischen und in einem bauteilspezifischen Spektrum. Die generische Bewertung basiert auf definierten Bauteileigenschaften, die in der Bauteil-Eignungsbeurteilung erhoben werden. Dies ermöglicht die Integration unterschiedlicher Fertigungsverfahren (insbesondere der Kombination additiver Fertigungsverfahren und subtraktiver Verfahren), um hochwertige und komplexe Remanufacturing-Prozesse zu realisieren und zu erweitern. Ein Software-Tool unterstützt die automatisierte und benutzerfreundliche Erfassung von Bauteileigenschaften sowie deren Abgleich mit den Anforderungen für die Wiederaufarbeitung.

Bild 1. Visualisierung des Landshuter Ebenen-Modells des Remanufacturings. Grafik: roeren

Das Modell (s. Bild 1) beginnt mit Ebene 0, in der die technische Machbarkeit eines Bauteils für das Remanufacturing im generischen Bereich bewertet wird. Dabei wird der Fokus auf grundlegende physikalische Eigenschaften wie Geometrie, Masse und Werkstoff gelegt. In Ebene 1 werden wirtschaftliche und strategische Aspekte wie Stückzahlen, Prozesskosten und Rohstoffverfügbarkeiten berücksichtigt. In Ebene 2 wird die bauteilspezifische Geometrie bewertet. In Ebene 3 werden Standardschäden analysiert, um die Eignung zur Wiederaufbereitung zu prüfen. In Stufe 4 wird das einzelne Bauteil hinsichtlich spezifischer Schäden überprüft. Ist das Bauteil für das Remanufacturing ungeeignet, entfällt eine weitergehende Analyse.

Basierend auf den spezifischen Eigenschaften des potenziellen Bauteils wird eine detaillierte Analyse der Remanufacturing-Eignung unter Berücksichtigung geeigneter Fertigungsprozesse durchgeführt. Zur Bewertung der Eignung eines Bauteils für die Bearbeitung mit WAAM und spanenden Verfahren wird das folgende Scoring-System verwendet:

  • Nicht geeignet (K-O-Kriterium)
  • Weniger gut geeignet
  • Mäßig geeignet
  • Gut geeignet
  • Sehr gut geeignet

Sobald eine Produkteigenschaft (zum Beispiel der Werkstoff) für das WAAM oder die spanenden Verfahren mit „1“ bewertet wird, ist das Bauteil für die Wiederaufbereitung in der hybriden Prozesskette nicht geeignet. Aus den Bewertungen der einzelnen Bauteileigenschaften wird die Remanufacturing-Eignung eines konkreten Bauteils automatisiert bestimmt. Für das Beispiel-Bauteil werden dabei drei Scores als Ergebnis ausgegeben:

  • Score für die technische Umsetzbarkeit
  • Score für die wirtschaftliche Umsetzbarkeit
  • Score für die strategische Umsetzbarkeit (Nachhaltigkeit)

Zur effizienten und übersichtlichen Ermittlung dieser Scores hat die Aperion Analytics GmbH ein Web-Tool entwickelt, das eine strukturierte Eingabe der relevanten Bauteileigenschaften ermöglicht. Basierend auf den eingegebenen Daten erfolgt eine automatisierte Bewertung der Remanufacturing-Eignung, die den Anwendenden eine klare, visuell aufbereitete Entscheidungsgrundlage bietet.

3 Anpassungen der digitalen Prozesskette (Überarbeitung durch Remanufacturing)

Die Prozessplanung für hybride Fertigungsverfahren ist komplexer als die für konventionelle Prozesse, da abgenutzte Teile unebene und nicht definierte Flächen aufweisen. Eine Bearbeitung ist daher aktuell mit einem hohen manuellen Bearbeitungsaufwand verbunden.

Deswegen muss die Prozesskette erweitert werden. Zuerst wird das Bauteil eingescannt und mit der Zielgeometrie abgeglichen. Zwei Algorithmen ermöglichen den Abgleich, und das zu bearbeitende Volumen, die Differenzgeometrie, wird berechnet. Anschließend werden die Werkzeugwege für alle Prozessschritte größtenteils automatisiert geplant, gefolgt von einer Prozesssimulation.

Abweichungen zwischen den simulativ ermittelten Zielwerten und den realen Daten können Prozessungenauigkeiten und Fehler zu indizieren helfen. Darauf basierend können Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Zuerst erfolgt eine Fräsbearbeitung zur Vorbereitung des additiven Prozesses, gefolgt von einem Materialauftrag und abschließend einem subtraktiven Prozessschritt zur Fehlerkorrektur.

In der praktischen Umsetzung erfolgt zuerst eine Fräsbearbeitung, um eine geeignete Oberfläche für den WAAM-Prozess zu schaffen. Danach kann der Materialauftrag erfolgen. Da hier aufgrund thermischer Ungenauigkeiten im Prozess kleine Fehler auftreten können, ist am Ende nochmals ein subtraktiver Prozessschritt vorgesehen.

Neben der digitalen Prozessplanung wird auch eine Kosten- und Ressourcenabschätzung des Remanufacturings als Entscheidungshilfe hinsichtlich ökonomischer und ökologischer Aspekte durchgeführt. Kommt es zur Umsetzung, wird der Fertigungsprozess digital modelliert und die realen Größen werden mit den berechneten Größen verglichen.

Die digitale Kosten- und Ressourcenberechnung kann bereits auf Ebene 2 des LEMORs erfolgen und ermöglicht so eine frühe Abschätzung der Erfolgsaussichten ohne experimentellen Aufwand. Als Ausgangsbasis werden die 3D-Modelle des Bauteils verwendet. Die Zielgeometrie wird als CAD-Modell benötigt, wohingegen die wiederaufzubereitende Ausgangsgeometrie als Scan oder CAD-Modell vorliegen kann.

Die von der Firma Spanflug bereitgestellte vollautomatisierte Bauteilanalyse berechnet basierend auf Zwischengeometrien jeden Fertigungsschritt der dreigeteilten Prozesskette (Bauteilvorbereitung mittels Fräsen, WAAM, Bauteilnachbearbeitung mittels Fräsen). Für jeden dieser Schritte werden die zu bearbeitenden Volumina und Flächen ermittelt und daraus die Fertigungszeiten, die Kosten und der CO2-Fußabdruck abgeleitet. Dies ermöglicht eine datenbasierte Entscheidungsfindung bereits in einer frühen Phase des Projekts. Zusätzlich zur bauteilspezifischen Analyse kann die Bewertung auch auf der Ebene 4 erfolgen, wodurch eine individuelle Beurteilung jedes einzelnen Bauteils hinsichtlich seiner Remanufacturing-Eignung ermöglicht wird.

4 Prozessoptimierung für das Remanufacturing von Gusseisenkomponenten (Additive Fertigung)

Im Rahmen von EREP wird das Remanufacturing mittels WAAM von Gusseisenkomponenten mit Kugelgraphit Gusswerkstoff (EN-GJS-400-15) unter Verwendung eines Nickel-Eisen-Schweißdrahts (UTP A 8051 Ti) mit einem Drahtdurchmesser von 1,2 mm untersucht. Dabei werden die Auftragsstrategien, einschließlich Linear- und Zickzack-Bahnen, optimiert und deren Einfluss auf die Wandstärke sowie die Wärmeeinflusszone (WEZ) analysiert. Für die Linear- und Zickzack-Auftragsstrategien wurde die Drahtvorschubgeschwindigkeit, wie in Tabelle 1 dargestellt, variiert. Die Schweißgeschwindigkeit wurde konstant bei 45 cm/min gehalten. Mit den Strategien wurden Wandstrukturen mit jeweils vier Lagen aufgebaut.

Tabelle 1. Untersuchte Prozessparameter des WAAM-Verfahrens.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Erhöhung der Drahtvorschubgeschwindigkeit in beiden Auftragsstrategien zu dickeren Wänden führt, wobei Zickzack-Bahnen aufgrund der zusätzlichen Bewegung quer zur Schweißrichtung in einer größeren Wandstärke resultieren (s. Bild 2). Die Schweißqualität war über alle Parameter hinweg konstant hoch, ohne erkennbare Defekte wie Risse oder Poren. Die Zickzack-Bahnen führen zu einer höheren Einschweißtiefe und einer höheren Härte in der WEZ im Vergleich zur linearen Bahn. Zudem blieben die maximal gemessenen WEZ-Härtewerte (s. Tabelle 2) deutlich unter den beispielsweise von Ferraresi et al. [6] gemessenen Werten.

Bild 2. Lichtmikroskopische Aufnahmen geätzter Querschnitte von mittels WAAM bei einer Drahtvorschubgeschwindigkeit von 7 m/min hergestellten Wänden: a) lineare Bahn und b) Zickzack-Bahn; z: Aufbaurichtung.

Foto: TUM

Tabelle 2. Maximale Härtewerte in der Härteverlaufsmessung.

Die Studie zeigte zudem, dass die geringe Härte in der WEZ die Möglichkeit eröffnet, die Drahtvorschubgeschwindigkeit weiter zu erhöhen, um die Produktionszeit zu verkürzen. Die gewonnenen Erkenntnisse sind entscheidend für die Anpassung der Prozessparameter zur Optimierung der Schweißgeometrie und der mechanischen Eigenschaften und tragen so zur Weiterentwicklung des WAAM-Verfahrens für das Remanufacturing von Gusseisenkomponenten mit Kugelgraphit bei.

5 Prozessüberwachung und -abgleich sowie Dokumentation (digitaler Zwilling)

Prozessüberwachung der Fertigungsoperationen am Beispiel WAAM

Nach erfolgreich abgeschlossener Planung der Fertigungsoperationen und ihrer Validierung durch Simulationen wird das Programm auf die Maschine übertragen. Für das EREP-Projekt wird eine Roboterzelle mit einem 6-Achs-Schwerlastroboter und einem Drehkipptisch für das Auftragschweißen verwendet (s. Bild 3). Einen integralen Bestandteil der digitalen Werkzeugkette bildet die Prozessüberwachung der Fertigung. Im Allgemeinen werden damit zwei Ideen verfolgt: einerseits die rechtzeitige Erkennung von Anomalien im Fertigungsprozess und andererseits die Gütebeurteilung des individuellen Teils anhand der im Fertigungsprozess aufgezeichneten Größen [7]. Dies ist besonders wichtig, um Deformationen und Formfehler im WAAM-Verfahren zu erkennen und zu minimieren und Kollisionen sowie hohe Kräfte in der spanenden Nachbearbeitung zu vermeiden [8].

Für das WAAM-Verfahren stellten Reisch et al. ein Prozessüberwachungs-Framework vor, das verschiedene Sensoren kombiniert, um Erkenntnisse und Indikatoren für die Güte zu gewinnen [9]. In der vorhandenen roboterbasierten Pilotlinie (s. Kapitel 7) werden ein Mikrofon und eine Wärmebildkamera zur Beobachtung des Schweißverfahrens eingesetzt. Für eine quantitative Datenanalyse werden die Daten der Schweißstromquelle aufgezeichnet. Durch eine Verfolgung des Werkzeugmittelpunktes (engl.: Tool Center Point, kurz: TCP) wird eine räumliche Zuordnung von Anomalien zu tatsächlichen Fehlern am Bauteil ermöglicht. Für ein Demonstratorbauteil aus dem Mobilitätssektor (s. Bild 4) führt das EREP-Projekt das Zusammenspiel aus realen und simulierten Messungen exemplarisch vor. Mittels der digitalen Prozessplanung wird für das verschlissene Bauteil durch Auftragen weniger Schichten eine Wiederverwendung ermöglicht. In der Rundung führt ein erhöhter Wärmeeintrag zu ungleichmäßigen Schweißnahthöhen. Ebenso gut erkennbar sind die Anlauffarben, die Aufschluss über die WEZ geben.

Bild 4. Demonstratorbauteil mit einem Auftrag von zwei Lagen. Grafik: Siemens

Jedem Koordinatenpunkt können zentrale Kenngrößen des WAAM-Verfahrens zugeordnet werden. Zum Beispiel ist die Schweißleistung (s. Bild 5) eine zentrale Größe, die sich unmittelbar in der Bauteiltemperatur niederschlägt. Die erfassten Leistungsdaten werden gezielt den jeweiligen Bauteilbereichen zugeordnet, sodass Prozessparameter präzise analysiert und deren Einfluss auf die Bauteileigenschaften ortsaufgelöst bewertet werden können. Die unterschiedlichen Punktfarben in Bild 5 zeigen beispielsweise deutlich, dass die Kenngröße in der Rundung des Bauteils von ihren Normalwerten abweicht.

Bild 5. Überführung einer Leistungsmessung auf das Bauteil durch Zuordnung der erfassten Leistungsdaten zu spezifischen Bauteilbereichen. Grafik: Siemens

Abgleich von Soll- und Ist-Daten: Ein Ausblick

Der Abgleich von Soll- und Ist-Daten gibt Aufschluss über Prozessabweichungen vom gewünschten Bauteilzustand. Mithilfe des maschinellen Lernens sollen im Verlauf dieses Projekts Diskrepanzen erkennbar und bewertbar gemacht werden. Grundlage hierfür ist ein Training basierend auf synthetischen und realen Daten.

Berechnung und Dokumentation der ökologischen Nachhaltigkeit

Im Rahmen des EU-Lieferkettengesetzes [10] muss die Transparenz der Lieferkette in Bezug auf die Herkunft der Teile sowie deren Umweltauswirkungen geschaffen werden. Daher sollen die zuvor ermittelten Energie- und Materialverbräuche mittels einer Bewertung der Umweltauswirkungen im Lebenszyklus (engl.: Life Cycle Impact Assessment, kurz: LCIA) berücksichtigt und im digitalen Produktpass [11] hinterlegt werden.

Durch die aufgezeichneten Energie- und Stoffströme kann jeweils ein LCIA für den WAAM- und den Fräsprozess durchgeführt werden, um die ökologische Nachhaltigkeit zu beziffern. Dies ist erforderlich, um den Nachweis über die Herkunft und Umweltauswirkungen der verwendeten Rohmaterialien, Hilfsmaterialien, wie Gas und Schmierstoffe, sowie Energieverbräuche zu erbringen. Im Bild 6 ist exemplarisch das Treibhausgaspotenzial (THP) für den Auftrag einer Lage mittels WAAM dargestellt.

Bild 6. Zusammensetzung des Treibhausgaspotenzials einer Lage. Grafik: Siemens

Das EREP-Projekt orientiert sich an den Standards von Catena-X [12] und der Industrial Digital Twin Association (IDTA). Ökosysteme, wie das Catena-X-Netzwerk, bieten die Infrastruktur, um Daten auszutauschen und dabei die Datensouveränität zu gewährleisten. Mithilfe des digitalen Produktpasses können in Submodulen verschiedene Aspekte des Produktes hinterlegt werden. Die IDTA hat Standards zur Dokumentation und zur Analyse des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes und der eingesetzten industriellen Betriebsmittel veröffentlicht [13]. Über die Sensordaten und Materialdaten werden die entsprechenden Daten für den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß nach einer durchgeführten LCIA hinterlegt.

7 Demonstrator

Den Abschluss des Projekts bildet ein vollständiger Durchlauf der Prozesskette anhand eines Demonstrator-Bauteils. Dazu wird seitens König Metall ein Bauteil nach den folgenden Kriterien ausgewählt:

  • Das Bauteil ist gemäß LEMOR-Bewertung (Ebene 0 bis 3) grundsätzlich geeignet für das Remanufacturing.
  • Es liegen CAD-Daten des Bauteils vor.
  • Es liegen Erfahrungswerte für das manuelle Remanufacturing vor.
  • Es stehen ein oder mehrere Exemplare des Bauteils zur Verfügung, deren Schadensbild gemäß LEMOR-Bewertung (Ebene 4) das Remanufacturing zulässt.

Für die ökonomische und ökologische Analyse werden zunächst die Kosten und der Ressourcenverbrauch der Neufertigung als Alternative zum Remanufacturing untersucht.

Im Rahmen der digitalen Prozesskette werden, wie beschrieben, die benötigten Ressourcen vorab berechnet (Material, Prozesszeiten, Energieverbrauch) sowie die Bahnplanung durchgeführt. Hierzu wird ein Scan des beschädigten Bauteils mit dem CAD-Modell der Soll-Geometrie abgeglichen.

Für die physische Prozesskette stehen mehrere Pilotlinien zur Verfügung, die die Verfahrensschritte „Scan – subtraktive Fertigung – additive Fertigung – Scan – subtraktive Fertigung“ in verschiedenen Anlagen (s. Bild 7, Bild 8 und Bild 9) abbilden können.

Bild 7. Pilotlinie der Firma Siemens.

Foto: Siemens

Bild 8. Pilotlinie des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb).

Foto: TUM

Bild 9. Unternehmensübergreifende Pilotlinie der Firma KÖNIG METALL (KM) und des iwb.

Foto: KM

Im Fall der Firma König Metall ist die Pilotlinie auf zwei Standorte verteilt, da bei König Metall kein WAAM-Roboter für das Projekt zur Verfügung steht. Dies bietet die Möglichkeit, den Transfer von Daten und den Transport des Bauteils in die Betrachtung mit aufzunehmen, verbunden mit der Aussage, unter welchen Bedingungen eine solche aufgeteilte Prozesskette sinnvoll ist.

8 Ausblick

Ziel der Demonstratoren und des Projekts ist es, das Modell zu validieren, und zwar sowohl in seinen Einzelschritten als auch in deren Verkettung. Langfristig soll das Projekt einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Industriestandards für die Kreislaufwirtschaft und die Klimaneutralität in Deutschland leisten.

Obwohl die Projektergebnisse vielversprechend sind, muss der Übertrag auf andere Industriezweige im Nachgang erfolgen und die tatsächliche Wirtschaftlichkeit im Laufe der nächsten Jahre erst noch unter Beweis gestellt werden.

Die Vision dieses BMBF-geförderten Projekts ist gemeinsam mit anderen seiner Art den Wandel von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft in Deutschland und Europa voranzutreiben, so dass ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften ermöglicht wird.

Förderhinweis: Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit“ (Förderkennzeichen 02J21E110 bis 02J21E116) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

Das Forschungsprojekt EREP (Erfolgreiches Remanufacturing durch datenbasierte Entscheidungsfindung und intelligente Prozessplanung) wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Projektpartner bedanken sich herzlich beim Förderer und dem Projektträger.

Ebenfalls gedankt sei dem Projektbevollmächtigten, der stets mit Rat und Tat unterstützend zur Seite steht.

Literatur

  1. Kirchherr, J., Yang, N. H. N., Schulze-Spüntrup, F., Heerink, M. J., Hartley, K.: Conceptualizing the circular economy (revisited): an analysis of 221 definitions.” Resources, Conservation and Recycling, Ausgabe 194, Apr. 2023.
  2. Kirchherr, J., Reike, D., Hekkert, M.: Conceptualizing the circular economy: An analysis of 114 definitions. Resources, Conservation and Recycling 127 (2017), S. 221-232
  3. Kanishka, K., Acherjee, B. : A systematic review of additive manufacturing-based remanufacturing techniques for component repair and restoration. Journal of Manufacturing Processes, Ausgabe 89, S. 220-283, März 2023
  4. Hunka, A. D., Linder, M., Habibi, S.: Determinants of consumer demand for circular economy products. A case for reuse and remanufacturing for sustainable development,” Business Strategy and the Environment, Ausgabe 30, S. 535-550, Jan. 2021
  5. Gevorkyan, E. S., Rucki, M., Nerubatskyi, V. P., Żurowski, W., Siemiątkowski, Z., Morozow, D., Kharatyan, A. G.: Remanufacturing and Advanced Machining Processes for New Materials and Components,. Erstausgabe. Taylor & Francis, 2022
  6. H. Nardon Ferraresi, F. Matos Scotti, and A. Scotti: Study of the Potentiality to Manufacture Forming Tools via WAAM,” in 25th ABCM International Congress of Mechanical Engineering, Uberlandia, Brasilien, 2019.
  7. Xia, C., Pan, Z., Polden, J., Li, H., Xu, Y., Chen, S., Zhang, Y.: A review on wire arc additive manufacturing: Monitoring, control and a framework of automated system. Journal of Manufacturing Systems, Ausgabe 57, S. 31-45, Okt. 2020
  8. Finkeldey, F., Saadallah, A., Wiederkehr, P., Morik, K.: Real-time prediction of process forces in milling operations using synchronized data fusion of simulation and sensor data. Engineering Applications of Artificial Intelligence, Ausgabe 94, Sep. 2020
  9. Reisch R., Hauser T., Kamps T., Knoll A.: Robot Based Wire Arc Additive Manufacturing System with Context-Sensitive Multivariate Monitoring Framework. Procedia Manufacturing, Ausgabe 51, S. 732-739, 2020
  10. European Commission. (2025, Feb. 6). Corporate sustainability due diligence. Internet: https://commission.europa.eu/business-economy-euro/doing-business-eu/sustainability-due-diligence-responsible-business/corporate-sustainability-due-diligence_en
  11. Industrial Digital Twin Association. (2025, Feb. 6). DPP4.0 – The Digital Product Passport for the Industry 4.0. Internet: https://industrialdigitaltwin.org/dpp4-0
  12. Catena-X. (2025, Feb. 6). Catena-X. Internet: https://catena-x.net/en/1/about-us
  13. Industrial Digital Twin Association. (2025, Feb. 6). AAS Submodel Templates [Online]. Verfügbar: https://industrialdigitaltwin.org/en/content-hub/submodels
Von Jonas Zielinski, Deborah Rogiers, Jorge E. Tapia-Cabrera, Laura Zinnel, Felix Riegger, Tobias Kamps, Henrik Gerdes, Alexander Dranov, Fabian Schansker, Tobias Hertrampf, Julian Meißner, Lucas Hille, Martin Kronthaler, Lucas Giering, Michael F. Zäh

Dr. rer. Nat. Jonas Zielinski
Deborah Rogiers
ModuleWorks GmbH
Henricistrasse 50, 52072 Aachen
www.moduleworks.com

Jorge E. Tapia-Cabrera
Laura Zinnel
Felix Riegger
Prof. Dr.-Ing. Michael F. Zäh
Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb)
Technische Universität München
Boltzmannstr. 15, 85748 Garching b. München
www.mec.ed.tum.de/iwb/

Dr.-Ing. Tobias Kamps
Henrik Gerdes
Alexander Dranov
Siemens AG
Otto-Hahn-Ring 6, 81739 München
www.siemens.com

Fabian Schansker
Tobias Hertrampf
KÖNIG METALL GmbH & Co. KG
Josef-König-Str. 1 , 76751 Gaggenau
https://www.koenigmetall.com

Julian Meißner
roeren GmbH
Ludwig-Erhard-Str. 13a, 84034 Landshut
https://www.roeren.eu

Dr.-Ing. Lucas Hille
Aperion Analytics GmbH
Leopoldstr. 32, 80802 München
www.aperion-analytics.com

Martin Kronthaler
Lucas Giering
Spanflug Technologies GmbH
Lindwurmstr. 76, 80337 München
https://spanflug.de

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