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Mikrokorridoren für die Wasserstraße 14.07.2025, 10:00 Uhr

Weniger Bürokratie, mehr Schwertransporte über die Wasserstraße

Mit der bundesweiten Erfassung von GST-Mikrokorridoren will das Bundesverkehrsministerium die Planung und Genehmigung von Großraum- und Schwertransporten (GST) deutlich vereinfachen. Bis Herbst 2025 sollen standardisierte, digitale Routen zwischen Häfen und Autobahnanschlüssen verfügbar sein – und so den Weg für effizientere und umweltfreundlichere Logistiklösungen ebnen.

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Um Großraum- und Schwertransporte (GST) künftig einfacher, verlässlicher und schneller durchführen zu können, hat das Bundesministerium für Verkehr (BMV) heute mit der landesweiten Erfassung von GST Mikrokorridoren begonnen. Ziel ist es, die bürokratischen Hürden durch eine bessere Datenverfügbarkeit bei der Planung und Genehmigung von GST deutlich zu minimieren und so die Attraktivität der Wasserstraße zu steigern.

Foto: Smarterpix / shinobi

Großraum- und Schwertransporte (GST) bilden das Rückgrat für industrielle Schlüsselbranchen wie Windkraft, Maschinenbau oder Bauwesen. Doch bei der Planung und Durchführung dieser Transporte stoßen Logistikunternehmen regelmäßig auf zeitaufwendige Genehmigungsprozesse und unzureichende Informationen zu lokalen Routenführungen. Mit der Erfassung sogenannter GST-Mikrokorridore hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) nun einen entscheidenden Schritt unternommen, um diese Prozesse zu beschleunigen, digitale Transparenz zu schaffen und die Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger – insbesondere die Wasserstraße – zu fördern.

Ziel: Schnellere Genehmigungen durch bessere Datenverfügbarkeit

Mit dem jetzt erfolgten Projektstart markiert das Ministerium eine neue Etappe in der Digitalisierung und Vereinfachung von GST-Planungsverfahren. Kern der Initiative ist die flächendeckende Erfassung sogenannter „Mikrokorridore“ – also spezifischer, besonders geeigneter Routenabschnitte zwischen Umschlagpunkten an Häfen und dem übergeordneten Straßennetz wie Bundesstraßen oder Autobahnen. Diese sollen künftig als digitale Planungsgrundlage dienen, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Transportrisiken zu minimieren.

Dr. Claudia Stutz, Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, betont die strategische Relevanz der Wasserstraße als alternative Transportachse für GST: „Unsere Wasserstraßen sind der einzige Verkehrsträger, der noch freie Kapazitäten hat und darüber hinaus für GST genehmigungsfrei ist. Hierbei gilt es, den Mehraufwand für die Logistiker so weit wie möglich zu minimieren. Und weil Transporte heute digital geplant werden, ist dabei eine verlässliche Datenbasis unerlässlich. Wir schließen nun die Lücke für den kniffligen Teil der Planung zwischen Hafen und Autobahnauffahrt, in dem wir Daten für geeignete GST-Korridore bereitstellen. Fragen wie „Passen wir über diese Brücke?“ oder „Kommen wir mit dem Rotorblatt aus dem Hafen?“ können damit künftig per Mausklick statt per Maßband beantwortet werden.“

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Digitaler Rückenwind für multimodale Schwerlastlogistik

Der Einsatz der Binnenschifffahrt als Teil multimodaler Logistikketten scheitert bislang häufig nicht an der Infrastruktur, sondern an mangelnden Informationen über Übergabepunkte und anschließende Routenführungen. Hier setzt das Mikrokorridor-Projekt an: Es zielt darauf ab, standardisierte digitale Daten für die sogenannten „letzten Meilen“ zwischen Hafen und Straße bereitzustellen – ein Bereich, der bislang als besonders planungsintensiv und aufwendig galt.

Kooperativer Ansatz: Länder und Kommunen übernehmen zentrale Rolle

Zur erfolgreichen Umsetzung verfolgt das BMV einen kooperativen Ansatz. Die Koordination erfolgt auf Bundesebene, während die eigentliche Ausweisung und Dokumentation der Korridore von den Bundesländern in Zusammenarbeit mit kommunalen Behörden übernommen wird. Diese dezentrale Struktur trägt der Heterogenität der regionalen Infrastruktur Rechnung und stellt sicher, dass lokale Gegebenheiten berücksichtigt werden.

Schon seit 2023 werden zentrale Umschlagstellen in digitalen Kartenlayers auf Bundesebene erfasst. Aktuell sind mehr als 250 GST-relevante Punkte an Bundeswasserstraßen sowie in See- und Binnenhäfen über das Portal ELWIS (Elektronischer Wasserstraßen-Informationsservice) abrufbar. Zusätzlich wurde das Genehmigungssystem VEMAGS (Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte) um diese Informationen erweitert.

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Mikrokorridore als verbindendes Glied zwischen Wasser und Straße

Der eigentliche Mehrwert entsteht jedoch durch die gezielte Ergänzung dieser Umschlagpunkte mit konkreten Routenverläufen. Mikrokorridore definieren abschnittsweise Streckenführungen, die baulich und genehmigungstechnisch besonders geeignet sind für den Transport von übergroßen oder besonders schweren Gütern. Sie verbinden Umschlagpunkte an Wasserstraßen mit dem nächstgelegenen Knotenpunkt des übergeordneten Straßennetzes – zum Beispiel mit einer Autobahnauffahrt oder einem Logistikzentrum.

Diese Routen sollen in Zukunft in standardisierter Form in die digitalen Planungswerkzeuge von Logistikunternehmen integriert werden können. Ziel ist es, Fragen zur Durchfahrtshöhe, Achslast oder Kurvenradien frühzeitig und zuverlässig zu klären – und damit aufwändige Einzelfallprüfungen zu reduzieren.

Vereinfachte Genehmigungen und verbesserte Planbarkeit

Die neue Datengrundlage soll einen direkten Beitrag dazu leisten, das VEMAGS-System effizienter zu machen. Gerade bei multimodalen Transporten, die Wasserstraße und Straße kombinieren, waren Genehmigungsverfahren bislang häufig mit Unsicherheiten behaftet. Durch die Etablierung festgelegter Korridore kann künftig eine Standardisierung in der behördlichen Bewertung erfolgen – mit positiven Auswirkungen auf Genehmigungsdauer und -qualität.

Nächste Schritte: Frist zur Korridorbenennung läuft bis Herbst 2025

Aufbauend auf den bestehenden Daten aus ELWIS und VEMAGS sollen die Länder nun bis Ende September 2025 ihre Arbeit abschließen und flächendeckend Mikrokorridore identifizieren und benennen. Dafür müssen lokale Daten ergänzt, Bauwerke überprüft und Streckenverläufe kartografisch aufbereitet werden. Die Integration in ELWIS und VEMAGS soll dann nahtlos erfolgen, sodass Logistikunternehmen über zentrale Plattformen Zugriff auf die neuen Informationen erhalten.

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Fazit: Mehr Verlässlichkeit, weniger Aufwand

Die Erhebung von GST-Mikrokorridoren markiert laut BMDV einen Wendepunkt für die Planung und Durchführung von Großraum- und Schwertransporten in Deutschland. Sie fördere nicht nur die Nutzung der Wasserstraße als nachhaltige Alternative zur Straße, sondern reduziere durch digitale Datenstandards auch den bürokratischen Aufwand für alle Beteiligten. Wenn das Vorhaben wie geplant umgesetzt wird, könne es zum Vorbild für einen neuen Umgang mit der komplexen Realität von Schwerguttransporten werden – schnell, digital und partnerschaftlich.

Von BMDV / RMW