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EU-Projekt RETHINK-GSC 30.09.2025, 14:00 Uhr

Europa muss stärker in die Zukunftsfähigkeit seiner Lieferketten investieren

Klimawandel, geopolitische Krisen und die Nachwirkungen der Pandemie belasten die europäischen Lieferketten. Neue Forschungsergebnisse machen deutlich: Innovationsdefizite und strukturelle Schwächen hemmen die notwendige Resilienz. Das von der EU geförderte Projekt RETHINK-GSC empfiehlt gezielte Investitionen in Universitäten, Unternehmen und eine engere Verzahnung von Politikfeldern.

Der Klimawandel, der Krieg in der Ukraine und die anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie setzen Europas Wirtschaft unter Druck. Unternehmen ordnen daher ihre Lieferketten neu. Foto: Smarterpix / gustavofrazao

Der Klimawandel, der Krieg in der Ukraine und die anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie setzen Europas Wirtschaft unter Druck. Unternehmen ordnen daher ihre Lieferketten neu.

Foto: Smarterpix / gustavofrazao

Der Klimawandel, der Krieg in der Ukraine und die Folgen der Corona-Pandemie setzen Europas Wirtschaft unter Druck. Unternehmen reagieren darauf, indem sie ihre Lieferketten neu strukturieren. Innovationen stärken dabei die Widerstandsfähigkeit bestehender Netzwerke und eröffnen gleichzeitig die Chance, neue Lieferketten aufzubauen. Doch trotz dieser Dynamik bleiben strukturelle Schwächen ein gravierendes Hindernis.

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Weniger Patente und dominierende Konzerne

Ein zentrales Problem zeigt sich im internationalen Vergleich: Europäische Universitäten melden deutlich weniger Patente an als Hochschulen in den USA oder in China. Zudem wird die Innovationslandschaft in Europa stark von wenigen multinationalen Konzernen dominiert. Diese Abhängigkeit schränkt die Vielfalt ein und erschwert es kleinen und mittelständischen Unternehmen, eigene Impulse zu setzen.

Prof. Dr. Holger Görg, Leiter des Projekts RETHINK-GSC und Forschungsdirektor am Kiel Institut für Weltwirtschaft, warnt:

„Diese strukturellen Mängel des Innovationssystems könnten Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig untergraben. Die EU sollte daher die Universitäten durch zusätzliche Finanzmittel stärken, um den Wissenstransfer von der universitären Forschung in die Unternehmen zu verbessern.“

Die Forschungsergebnisse des Projekts zeigen, dass eine höhere öffentliche Förderung unmittelbar zur Steigerung von Wissensproduktion führt. Auch steuerliche Entlastungen haben positive Effekte auf die Innovationskraft der Unternehmen.

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Innovation, Handel und Steuerpolitik gehören zusammen

Die Untersuchungen im Rahmen von RETHINK-GSC verdeutlichen, dass Wissens- und Warenströme eng miteinander verflochten sind. Eine isolierte Betrachtung einzelner Politikfelder greift daher zu kurz. Prof. Dr. Holger Görg betont: „Wenn politische Entscheiderinnen und Entscheider in der EU Rahmenbedingungen festlegen, sollten sie die Innovationspolitik nicht getrennt von Handels- oder Steuerpolitik betrachten.“

Die Empfehlung des Projekts ist klar: Nur durch die Berücksichtigung der gegenseitigen Abhängigkeiten von Innovations-, Handels- und Steuerpolitik kann Europa seine Lieferketten widerstandsfähiger gestalten.

Wissenschaftliche Zusammenarbeit in Europa

Seit Oktober 2022 haben 31 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus elf europäischen Forschungseinrichtungen an den Fragestellungen des Projekts gearbeitet. Beteiligt waren Institute in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Norwegen, Österreich, Polen und Ungarn.

Im Fokus stand die Frage, wie robust Europas Lieferketten in Zeiten von Krieg, Pandemien und geopolitischen Umbrüchen sind. Über einen Zeitraum von drei Jahren entstand eine Vielzahl an Forschungsberichten und Publikationen, die unterschiedliche Aspekte der europäischen Lieferketten analysierten und Handlungsempfehlungen ableiteten.

Stefan Hohm ist Logistics Leader of the Year 2025

Über das Projekt RETHINK-GSC

Das Projekt „Rethinking Global Supply Chains: Measurement, Impact and Policy“ (RETHINK-GSC) wird von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungsprogramms „Horizon Europe“ gefördert. Es untersucht die Auswirkungen von Wissensflüssen und Dienstleistungsinputs in globalen Lieferketten. Forschende aus elf Instituten arbeiten in einem multidisziplinären Ansatz zusammen, entwickeln neue Methoden und nutzen innovative Techniken, um die Rolle immaterieller Güter in globalen Supply Chains zu messen und zu bewerten. Ziel ist es, Veränderungen in globalen Produktionsprozessen besser zu verstehen und Grundlagen für politische und wirtschaftliche Entscheidungen zu liefern.

Von Kiel Institut für Weltwirtschaft / RMW