Kundenerwartungen im Service übertreffen 31.08.2021, 09:40 Uhr

Wie Maschinenbauer von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren

Digitalisierung heißt, „aktiv zuzuhören“. Genau das hat ein Auswuchtexperte für Motoren im Maschinenbau mit seiner Digitalmarke bereits in über 100 Kundenprojekten getan.

Blick in eine Werkshallle: Kunden aus dem Maschinenbau beschäftigen sich zunehmend damit, wie sie auf Daten zugreifen können, wenn sie nicht vor Ort sind. Foto: Peter Jülich/Agentur Focus

Blick in eine Werkshallle: Kunden aus dem Maschinenbau beschäftigen sich zunehmend damit, wie sie auf Daten zugreifen können, wenn sie nicht vor Ort sind.

Foto: Peter Jülich/Agentur Focus

Beschrieben wird, wie Schenck RoTec, ein Marktführer in einer „klassischen Branche“, Digitalisierungsinstrumente entwickelt und seine Kunden daran teilhaben lässt – eine „Win-win-Situation“. Holger Mayer, Senior Product Manager Digital, berichtet im Interview mit der VDI-Z über aktuelle Erfahrungen und „Learnings“, über die Digitalisierung während der Pandemie – und wie die digitalen Prozesse durch die Kunden angenommen werden. Er erläutert, wie sich mit hoher Zuverlässigkeit und persönlicher Beratung die Erwartungen übertreffen lassen. Denn aktuell wird es nach seinen Erfahrungen für die Anwender immer bedeutsamer, zentralen Zugriff auf ihre Daten zu haben und die Produktion dezentral steuern zu können.

VDI-Z: Welche Erfahrung machen Sie nach erfolgreicher Einführungsphase aktuell?

Holger Mayer: Derzeit sind wir dabei, im Bereich Software unser Produktportfolio neu zu strukturieren und deutlich auszuweiten. Neben der Software, die auf der Maschine läuft, analysieren wir die umgebenden Prozesse der Maschine, um Mehrwerte zu generieren. Wir machen hierbei die Erfahrung, dass die Kunden offen sind für Anwendungen, die sie dabei unterstützen, ihre Auswuchtprozesse ganzheitlich effizienter zu gestalten. Unter der Marke „Schenck ONE“ haben wir ein Portfolio an Softwarelösungen entwickelt, das den Usern entlang des Auswuchtprozesses gezielt einen Mehrwert bietet. Da wir viele langjährige und enge Kundenbeziehungen pflegen, kommen wir auch in einen tieferen Austausch und können unsere Produkte sehr nah an den Anforderungen weiterentwickeln.

Holger Mayer, Senior Product Manager Digital, berichtet über aktuelle Erfahrungen und „Learnings“, die er in Kundenprojekten zum Thema Digitalisierung gemacht hat.

Foto: Schenck RoTec

Die Unternehmen stehen wegen der Pandemie vor großen Herausforderungen. Bleibt da noch Zeit für die Digitalisierung?

Meine Sicht ist folgende: Die Pandemie ist ein Beschleuniger für die Digitalisierung. Warum? Weil sich unsere Kunden zunehmend damit beschäftigen, wie sie auf Daten zugreifen können, wenn sie nicht vor Ort sind. Sie wollen unabhängig von Ort und Zeit überprüfen, ob und wie gut die Maschine funktioniert, welchen Output sie generiert und in welcher Qualität sie Teile produziert. Das heißt, es wird für sie aktuell wichtiger, zentralen Zugriff auf die Daten zu erlangen. Ebenso wollen sie die Ergebnisse teilen können, denn somit wird es möglich, die Produktion dezentral zu steuern.

Welche Prozesse werden in der jetzigen Situation digitalisiert?

Wir sind Spezialisten für das Auswuchten von Rotoren und fokussieren uns daher auf die Auswuchtprozesse bei unseren Kunden. Für den produktiven Kernprozess an der Maschine bieten wir intuitive Softwarelösungen an, in welchen bereits sehr viel Expertenwissen steckt. Aber auch schon bevor der auszuwuchtende Rotor in der Produktion das erste Mal gesehen wird, setzen wir mit den ersten unterstützenden Software-Services an. Hierbei geht es beispielsweise um Lösungen zu Themen wie dem digitalen Zugriff auf Maschinenstammdaten oder Dokumentationen sowie Wartung. Weitere Themen sind die Instandhaltung und Messung der Produktions-KPI´s (Key-Performance-Indicators). Bei vielen Anwendern können wir damit einen großen Fortschritt erzielen, da unsere Softwarelösungen einfach in der Anwendung sind und unmittelbar zur Effizienzsteigerung beitragen.

Für den produktiven Kernprozess an der Maschine bietet der Digitalservice intuitive Softwarelösungen, in welchen bereits sehr viel Expertenwissen steckt.

Foto: Schenck RoTec

Welche typischen Fehler werden gemacht, wenn es um das Thema Digitalisierung geht?

Im Bereich der Digitalisierung geht es aus meiner Sicht darum, unternehmerischen Mut zu beweisen, adressierbare Ideen zu entwickeln und zu keinem Zeitpunkt die tatsächlichen Kundenbedürfnisse aus den Augen zu verlieren.

Um Ihre Frage kurz und knapp zu beantworten: Ein erster Fehler ist, sich nicht mit den Themen der Digitalisierung auseinander zu setzen und ein zweiter, dass man sich an den eigenen, internen Problemen ausrichtet anstatt die Kundenanforderungen in den Fokus zu setzen. Das hört sich einfacher an, als es ist. Schenck RoTec hat hierfür sämtliche internen Prozesse hinterleuchtet und sich in eine intensive Transformationsphase begeben.

Wie sieht es auf strategischer Ebene aus? Und welche Anforderungen sind vorherrschend?

Die Strategien entwickeln wir parallel. Es gibt Kunden, die bereits eine Digitalstrategie ausgearbeitet haben. Hierfür haben wir ein entsprechendes Portfolio an Software-Applikationen, die wir gemeinsam auf den wertstiftenden Einsatz prüfen. Wurde noch kein eigener digitaler Fahrplan definiert, beraten wir intensiv, bezogen auf die Möglichkeiten im Bereich des Auswuchtens, und nehmen die Interessenten „auf diese Reise mit“.

Erwartet wird in erster Linie eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit der Softwarelösungen. Wichtig ist eine einfache Bedienung, um schnell Erfolgserlebnisse zu erzielen. Der Prozess muss sicher sein und darf im besten Fall keine Fehler zulassen. Einige Kunden möchten mit uns tatsächliche Use Cases realisieren und die Daten über das Frontend visualisiert bekommen. Andere benötigen die Daten in einem übergeordneten System und sind auf standardisierte Software-Schnittstellen angewiesen. Oft fahren wir auch einen hybriden Ansatz.

Marktseitig fokussieren wir auf die Unterstützung im Kunden-Auswuchtprozess. Forderungen können wir in der kontinuierlichen Software-Weiterentwicklung im nächsten Release berücksichtigen. Da wir SaaS (Software as a Service – ein Teilbereich des Cloud Computings) anbieten, erhalten unsere Kunden immer die neueste Version. Sie sehen direkt die Umsetzung ihrer Anforderung und den damit verbundenen Mehrwert. So können sie sich entlang des Auswuchtprozesses auf die wesentlichen Tätigkeiten konzentrieren und müssen ihre Kapazität nicht mit aufwendiger Arbeitsvorbereitung oder Protokollanfertigung blockieren.

Unter der Marke neuen Digitalmarke ist ein Portfolio an Softwarelösungen entstanden, das den Usern entlang des Auswuchtprozesses gezielt einen Mehrwert bietet.

Foto: Schenck RoTec

Was eignet sich auf keinen Fall zur Digitalisierung?

Wichtig ist, dass die „DNA“ eines Unternehmens erhalten bleibt. Langjährige Beziehungen hängen sehr stark von Menschen und persönlichen Entscheidungen ab. Ideal ist, eine Kombination aus Digitalisierung und Mitarbeiterverfügbarkeit abzubilden. Reale Ansprechpartner sollten, falls gefordert, weiterhin verfügbar sein. Und da, wo schnelle Unterstützung bei einem Problem benötigt wird, kann man digitale Tools gewinnbringend implementieren. Im interaktiven Support helfen wir direkt weiter – mittels moderner Tools wie z.B. Virtual Reality-Applikationen. Gleichzeitig erhöhen wir die Verfügbarkeit unserer Experten und verbessern die Reaktionszeit.

Der Maschinenbau ist ja bekannt als konservative Branche. Wie überzeugen Sie denn Ihre Kunden von den Mehrwerten der Digitalisierung?

Der Maschinenbau entdeckt und gestaltet sich aktuell in einer rasenden Geschwindigkeit neu. Die Anpassungs- und Innovationsfähigkeit der einzelnen Unternehmen ist wichtiger denn je. Wir dürfen nicht vergessen – die Kernkompetenzen des deutschen Maschinenbaus ist auch das Interpretieren und Lösen komplexer Probleme. Wir möchten in direkten Partnerschaften oder Kooperationen einen echten, sichtbaren Mehrwert stiften, den die Kunden in ihren täglichen, operativen Prozessen erleben – und das praxisnah. Hierfür nutzen wir zum einen unsere Lohnwuchtzentren in ganz Deutschland als „lebendes“ Beispiel softwaregetriebener Innovation, zum anderen lassen wir unsere Kunden die Software in ihrer eigenen Umgebung erproben.

Gibt es aktuell Pläne, die Digitalisierung im Maschinenbau noch weiter voranzutreiben?

Ja, die gibt es in der Tat! Wir arbeiten gerade an neuen Software-Lösungen, die noch mehr Vorteile bieten. Ohne zu viel zu verraten, aber wir werden in der Lage sein, den Kunden unsere langjährige Expertise im Auswuchten über Software, ortsunabhängig und im gesamten Auswuchtprozess, zur Verfügung zu stellen. Dies wird maßgeblich zur Effizienzsteigerung und Fehlervermeidung beitragen. Sie dürfen gespannt sein, was in naher Zukunft kommt, denn wir arbeiten aktuell am nächsten „giant leap“ im Balancing-Bereich.

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Von Schenck RoTec / Birgit Etmanski