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Kongressmesse zeigt Technologietrends 07.04.2022, 09:00 Uhr

Grenzen des Additive Manufacturing verschieben

Additive Manufacturing (AM) ist weiterhin auf der Erfolgsspur und erobert immer wieder neue Anwendungen in zahlreichen Branchen. Ein Forum auf der Messe „Rapid.Tech 3D“ thematisiert die dynamische Entwicklung anwendungsreifer Werkstoffe und Verfahren.

Verdüsung der metallischen Pulver für die schichtweise Erzeugung eines Additive-Manufacturing-Bauteils. Foto: Rosswag

Verdüsung der metallischen Pulver für die schichtweise Erzeugung eines Additive-Manufacturing-Bauteils.

Foto: Rosswag

Die Schlüsseltechnologie Additive Manufacturing ist aus Highend-Branchen wie der Medizintechnik, der Mobilität oder dem Maschinenbau nicht mehr wegzudenken. „Wir verzeichnen eine hohe Dynamik bei der Entwicklung von anwendungsreifen Werkstoffen und Verfahren. Im neu etablierten Forum ‚Neues aus AM‘ thematisieren wir den Grad ihrer industriellen Nutzung und zeigen an Praxisbeispielen, wie bisherige Grenzen weiter verschoben werden können“, erklärt Dr. Simon Jahn vom ifw Jena – Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung. Der Geschäftsführer zeichnet verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung des Forums. Die Kongressmesse Rapid.Tech 3D findet vom 17. bis zum 19. Mai 2022 in Erfurt statt.

Traditionsunternehmen zeigt, „wie es geht“

Ein Nadelöhr in der additiven Kette ist die Verfügbarkeit qualifizierter Werkstoffe für den metallischen 3D-Druck. Der Freiformschmiede-Spezialist Rosswag aus Baden-Württemberg – das Unternehmen verfügt über 110 Jahre Erfahrung in der Verarbeitung von mehr als 400 Metallwerkstoffen – arbeitet seit 2014 daran, dieses Manko zu beseitigen. „Damals war etwa eine Handvoll Materialien für den Metall-3D-Druck verfügbar. Seitdem konnten wir mehr als 40 Werkstoffe qualifizieren“, berichtet Gregor Graf. Der Leiter von Rosswag Engineering wird in seinem Vortrag aufzeigen, wie die Materialien für den „Laser Powder Bed Fusion Prozess“ fit gemacht werden.

Pulver für den 3D-Druck: Die komplette Werkstoffqualifizierung gelang dem bayerischenTraditionsunternehmen in nur vier Wochen. Im Forum „Neues aus AM“ stellt Gregor Graf, Leiter von Rosswag Engineering, die dafür entwickelte Prozesskette vor.

Foto: Rosswag

„Wir haben eine ganzheitliche Prozesskette von der Metallpulverherstellung bis zur Werkstoffanalyse entwickelt und können innerhalb von vier Wochen ein qualifiziertes Material bereitstellen“, verweist Gregor Graf auf die Schnelligkeit des Prozesses. Auf dieser Basis hat Rosswag bisher rund 60.000 Teile für ein breites Anwendungsspektrum additiv hergestellt.

Titanbauteile mit sinterbasierten 3D-Druck-Technologien fertigen

Zu den Verfahren, die mehr und mehr Einzug in den additiven Arbeitsalltag halten, gehören neue sinterbasierte 3D-Druck-Technologien. Wie damit Präzisionsbauteile aus Titan wirtschaftlich gefertigt werden, skizziert Matthias Scharvogel in seinem Vortrag. Der Geschäftsführer der Element 22 GmbH aus Kiel wird u. a. auf die Möglichkeiten einer flexibleren Bauteilgestaltung und weiter verbesserte Oberflächenqualitäten eingehen. „Wichtig ist, die verschiedenen Verfahren zu verstehen, um sie optimal anzuwenden. Noch werden die Vorteile der neuen Technologien zu wenig genutzt, weil sie im Konstruktionsbereich zu wenig bekannt sind. Dieser Wissenstransfer von einem Kopf zum anderen muss auf breiter Basis ablaufen. Die Rapid.Tech 3D ist der richtige Ort, um neue AM-Entwicklungen in der Praxis kennenzulernen und sich mit Fachleuten auszutauschen. Ich denke, dass es nach der zweijährigen Zwangspause eine große Neugierde gibt, sich wieder live zu treffen“, sagt Scharvogel, der die Erfurter Fachveranstaltung bereits von mehreren Besuchen kennt.

Auch Neulinge sind 2022 dabei

Den ersten Auftritt in Erfurt hat dagegen das schwedische Unternehmen Freemelt AB. Zu neuen Entwicklungen im Bereich Elektronenstrahlschmelzen informiert Peter Jain von der deutschen Tochtergesellschaft. Darüber hinaus präsentiert 3D-Druck-Spezialist seine Leistungen rund um 3D-Drucksysteme und bezüglich ihrer Anwendungen als Aussteller der Kongressmesse. Ziel ist, den im Herbst 2021 begonnenen Markteintritt in Deutschland weiter voranzutreiben und im hiesigen Markt noch bekannter zu werden.

Die Nutzung des 3D-Drucks für Prototypen und Kleinserien im Maschinenbau stellt Philipp Götz, Geschäftsführer der Götz Maschinenbau GmbH & Co. KG aus Ötigheim in Baden-Württemberg, vor. Dies ist ein innovatives, seit 1980 bestehendes und ständig wachsendes Maschinenbauunternehmen mit den Schwerpunkten CNC Fräsen und CNC Drehen. Seit Kurzem hat es das Rapid Prototyping als neuestes Angebot mit aufgenommen. Dies ist aktuell ein Trend in vielen Unternehmen.

Direct Energy Deposition im Fokus

Neben den Vorträgen zu Neu- und Weiterentwicklungen bei verschiedenen Werkstoffen, Technologien und Anwendungen widmet sich ein Block des Forums gezielt den DED-Verfahren (Direct Energy Deposition). „Bei diesen Technologien wird das Druckmaterial als Pulver oder Draht über eine fokussierte Energiequelle – wie beispielsweise einen Laser- oder einen Elektronenstrahl – direkt aufgeschmolzen. Sie kommen insbesondere dort zum Einsatz, wo das Pulverbett Grenzen setzt. Mit DED können insbesondere großformatige Teile schneller und effizienter bearbeitet werden“, erklärt Dr. Jahn den Fokus auf diese Verfahren. In den Vorträgen werden Referenten von Oscar PLT, Ponticon, Metrom und pro-beam additive u. a. über die Prozessgestaltung beim Zusammenspiel von Laser und Draht, Laser und Pulver, Draht und Lichtbogen sowie Draht und Elektronenstrahl sprechen.

Hochkarätiges Fachprogramm mit Neuheiten aus Anwendung und Forschung

Weitere Einblicke in aktuelle additive Entwicklungen bieten zum Rapid.Tech 3D-Fachkongress Keynotes von Airbus Helicopter, Autodesk, German-Emirati-Institute, nFrontier, Porsche, Procter & Gamble, Sauber und Toolcraft. Vertiefung erfahren die Themen an allen drei Kongresstagen in den verschiedenen Fachforen. Neben „Neues aus AM“ sind das AM in Bauwesen & Architektur; Automotive & Mobilität; Design; Luftfahrt; Medizin-, Zahn- und Orthopädietechnik; Software & Prozesse sowie Werkzeug-, Modell- und Formenbau. Stand und Perspektiven in AM-Forschung und AM-Bildung werden in den Foren 3D-Druck & Bildung sowie AM Wissenschaft präsentiert. In diesem Programmstrang stellt unter anderem die Fraunhofer-Gesellschaft aktuelle Ergebnisse sowie Vorhaben aus dem Kompetenzfeld Additive Fertigung vor.

Additiv gefertigte Komponenten halten hohen Belastungen stand

Der Sportwagenhersteller Porsche versteht sich sowohl auf den Bau schneller Hochleistungsfahrzeuge als auch auf Verfahren, mit denen Tempo in Entwicklung und Fertigung gemacht wird. So ist es den Ingenieuren gelungen, erstmals das Gehäuse eines E-Antriebs komplett im 3D-Druck herzustellen. Die im additiven Laserschmelz-Verfahren produzierte Motor-Getriebe-Einheit hat alle Qualitäts- und Belastungsprüfungen problemlos bestanden. „Damit haben wir nachgewiesen, dass sich die additive Fertigung mit all ihren Vorteilen auch für größere und hochbelastete Komponenten eines Elektro-Sportwagens eignet“, sagt Falk Heilfort, Projektverantwortlicher in der Antriebsvorentwicklung bei Porsche.

Additive Manufacturing gewinnt auch für die E-Mobilität weiter an Bedeutung. Neue Entwicklungen erläutert Porsche in einem Konferenzvortrag zur Rapid.Tech 3D in Erfurt. Das gezeigte Gehäuse für einen E-Antrieb wurde erstmals komplett im 3D-Druck gefertigt.

Foto: Porsche

Der Diplomingenieur für Fahrzeugtechnik wird die Effekte und Erfahrungen daraus in einem Keynote-Vortrag zum Fachkongress am 17. Mai 2022 vorstellen. So führt mehr konstruktive Freiheit durch AM zu höherer Steifigkeit des Antriebs und zur Bauteilintegration. Das wiederum reduziert Gewicht, spart Montageschritte und senkt die Fertigungszeit. Für Heilfort zahlt sich AM vor allem in frühen Entwicklungsphasen aus, wenn schnell wenige Teile gebraucht werden, ebenso in Kleinserien. Der additiv optimierte E-Antrieb könnte in einem Supersportwagen mit geringen Stückzahlen zum Einsatz kommen.

Um technologisch hierbei vorn zu bleiben, sind dem Stuttgarter Automobilhersteller Partnerschaften wichtig: „Die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, Maschinen- und Materialherstellern bringt uns voran“, lautet eine Erfahrung des AM-Fachmanns, der die Rapid.Tech 3D bereits als Besucher kennt und sich auf Diskussionen mit weiteren Technologieanwendern sowie Technologieanbietern in Erfurt freut. „Es ist immer spannend zu erfahren, welche Wege andere beschreiten, um daraus Rückschlüsse für das eigene Handeln zu ziehen. Ein fundierter Austausch trägt bei, zukunftsträchtige Technologie-Road-Maps abzuleiten.

Detailinformationen zu den Keynote-Vorträgen sowie den Inhalten der einzelnen Fachforen sind in der Programmübersicht des Rapid.Tech 3D-Fachkongresses unter folgendem Link zu finden: www.rapidtech-3d.de/besucher/kongressprogramm/.

Namhafte Aussteller zeigen ihre Innovationen

Einblick in neueste AM-Entwicklungen und -Anwendungen bietet ebenso die Rapid.Tech 3D-Ausstellung. Unternehmen und Forschungseinrichtungen, wie alphacam, Farsoon Europe, FIT, Fraunhofer, Intamsys, Kaut-Bullinger, Nano Dimension, Oechsler, Stratasys oder Trumpf, haben ihren Stand in Erfurt gebucht. Aktuell können noch Flächen geordert werden. Auch bereits geöffnet hat der Ticketshop: Die Karten für einen Ein-, Zwei- oder Drei-Tages-Besuch können bequem online gebucht werden (mehr Informationen gibt es unter www.rapidtech-3d.com).

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Von Messe Erfurt / Birgit Etmanski