Klein, präzise und kontrolliert
Ein Fraunhofer-Institut in München entwickelt clevere Mikropumpen. Sie vereinen Präzision und Effizienz und sind – dank feiner elektrischer Signale – ohne externe Sensoren in der Lage, Störungen im Betrieb selbst zu erkennen.
Eine Mikropumpe, die durch das Self-Sensing des Fraunhofer EMFT in der Lage ist, Blasen in der Pumpkammer zu erkennen.
Foto: Fraunhofer EMFT/Bernd Müller
Ob in der chemischen Industrie, der Medizintechnik oder Biotechnologie: die präzise Dosierung von Flüssigkeiten und Gasen mit Mikropumpen ist für viele Anwendungen essenziell. Ein häufiges Problem bei solch hochpräzisen Dosieraufgaben stellen allerdings winzige Gasblasen dar, die sich im Betrieb kaum vermeiden lassen. Diese können Dosierfehler verursachen, was gerade in sensiblen Bereichen wie der Medizintechnik schnell gefährlich werden kann. Traditionell erfordert die Überwachung solcher Dosierprozesse externe Sensoren, was die Kosten für die Dosiersysteme in die Höhe treibt und die Miniaturisierungsmöglichkeiten begrenzt.
Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT in München arbeitet an einer neuartigen Lösung, die komplett ohne externe Sensorik auskommt: einer Mikropumpe mit integrierter Eigensensorik-Technologie, dem sogenannten „Self-Sensing“. Bei diesem Ansatz überwacht die Pumpe (18 mm im Durchmesser und 2 mm dick) selbst ihren Zustand, indem sie mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Piezoeffekt (Kasten) ihr eigenes Ansteuersignal analysiert.
Präzise Fehler detektieren
Mittels dieser Technologie können Fehlerzustände wie eine Gasblase in der Pumpkammer, ein Katheterverschluss oder ein sich ändernder Gegendruck detektiert werden. Die EMFT-Fachleute kombinieren für dieses Self-Sensing ihrer Pumpe zwei piezoelektrische Effekte: den indirekten piezoelektrischen Effekt für die mechanische Auslenkung von Aktuatoren und den direkten piezoelektrischen Effekt, der in Druck- und Bewegungssensoren genutzt wird. Es werden also Aktuator- und Sensor-Eigenschaften des piezoelektrischen Effektes gleichzeitig genutzt. Die Kombination beider Effekte ermöglicht die Eigensensorik dieser Pumpen.
Durch fluid-mechanische Kopplungen durch den indirekten Piezoeffekt erzeugt der Sensorstrom charakteristische „Fingerabdrücke“ im Self-Sensing-Signal, das lastfrei verstärkt gemessen wird. Dabei ändert sich der Pumpkammerdruck p(t), dies erzeugt Ladungsverschiebungen I(t), die als „Fingerabdrücke“ gesehen werden können, was gerade in der Pumpkammer passiert.
Geringer Platzbedarf
Zur Analyse der komplexen Signalformen kommt Maschinelles Lernen (ML) zum Einsatz. Die Fachleute habe ML-Algorithmen in die Treiberschaltung integriert, um den Platzbedarf minimal zu halten. Der Vorteil: Ohne externe Sensorik wird das Mikrodosiersystem wesentlich kompakter und auch kostengünstiger. Das eröffnet auch neue Möglichkeiten, sowohl medizinische Einwegprodukte wie tragbare Medikamentendosiersysteme, als auch implantierbare Dosiersysteme, die Insulin im Abdomen kontrolliert abgeben, zu entwickeln.
Gleichzeitig punktet die Eigensensorik mit einer erhöhten Betriebssicherheit: So kann die Pumpe sofort auf Anomalien wie Gasblasen oder Störungen wie Gegendruck und Katheterverschluss reagieren, was Sicherheit und Performance erhöht.
Aktuell wird die vom Fraunhofer EMFT entwickelte Mikropumpe in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Rapa Healthcare aus Selb in Oberfranken transferiert, vom Industriepartner werden serienreife Herstellungsprozesse entwickelt.
Einige Medizintechnik-Anwender testen die Mikropumpen mit der Self-Sensing-Technologie bereits für mehrere kritische Anwendungen, um beispielsweise Störungen der Dosierung zu erkennen und zu kompensieren. In zahlreichen Tests hat sie ihre Machbarkeit und Effektivität schon unter Beweis gestellt und bietet eine solide Grundlage für die weitere Entwicklung und Implementierung in spezifischen Anwendungsprojekten.
Für detailliertere Informationen steht das Entwicklungsteam am Fraunhofer EMFT gern zur Verfügung.
Dr. Martin Richter leitet die Abteilung Mikropumpen am Fraunhofer EMFT




