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Wassermanagement 02.07.2021, 08:00 Uhr

Alternativen bei Wassermangel

Ein gutes Wassermanagement, insbesondere aufgrund jüngster Trockenperioden, erfordert ein Konzept, in dem der Einsatz von Trinkwasser durch Betriebswasser ergänzt wird. Schon heute ist ersichtlich, dass dies auch davon abhängt, welche ökologischen und ökonomischen Möglichkeiten eine Kommune oder Region hat.

Bewässerung der Taunusanlage in Frankfurt am Main. Demnächst könnte sie ressourcenschonend aus den ständigen Grundwasserhaltungen einigerBüro- und Bankhochhäuser, die bisher ungenutzt in die Regenwasserkanalisation eingeleitet werden, gespeist werden. Foto: König

Bewässerung der Taunusanlage in Frankfurt am Main. Demnächst könnte sie ressourcenschonend aus den ständigen Grundwasserhaltungen einigerBüro- und Bankhochhäuser, die bisher ungenutzt in die Regenwasserkanalisation eingeleitet werden, gespeist werden.

Foto: König

Herrscht in der Wurzelschicht der Vegetation überdurchschnittlich lange Wassermangel, sprechen wir von Dürre. Wissenschaftlich korrekt ausgedrückt, laut Definition des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung UFZ in Leipzig, bedeutet das: Dürre herrscht, fällt die aktuelle Bodenfeuchte unter das langjährige 20-Perzentil, also den Feuchtewert in einer Zeitspanne von durchschnittlich fünf Jahren.

Diese für uns in Deutschland außergewöhnliche Situation gab es im Frühjahr und Sommer 2018. Folgen waren Niedrigwasser in den Flüssen, Ernteausfälle und Waldbrände. Ähnlich die Jahre 2019 und 2020. Einige Wasserversorger schlugen Alarm. Sie hatten so wenig Trinkwasser verfügbar, sodass bei einer weiter anhaltenden Dürre der nötige Bedarf nicht abgedeckt werden könnte. So gab es in deren Versorgungsgebieten das Verbot, Wasser aus Flüssen und Seen zu entnehmen oder mit Trinkwasser Außenanlagen und Sportflächen zu bewässern.

Wasserkrise möglich

In der Zeitschrift „EUWID Wasser und Abwasser“ vom 23.06.2020 bekannte der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies, der Glaube, dass es nach zwei schlechten Jahren wieder besser werde, habe sich als falsch erwiesen. Es gelte jetzt, schnell zu handeln. „Die ersten Anzeichen einer Wasserkrise sind da – auch wenn Niedersachsen ein wasser­reiches Land ist und bleibt“, sagte der Minister. Notwendig sei ein sektorenübergreifendes Wassermanagement, ein Bündel von Maßnahmen aus bisherigen Vorhaben und neuen Konzepten. Dazu gehöre der Bau von Speicherbecken und Zisternen, die Nutzung von Brauchwasser für Bewässerungszwecke sowie wassersparende Beregnungstechnik in der Landwirtschaft.

Unterirdischer Regenspeicher aus Betonfertigteilen, wie sie am Stadion Nürnberg eingebaut wurden. Die Berechnung der wirtschaftlich sinnvollen Größe erfolgt durch Computersimulation.

Foto: Mall

Zisternen können helfen

Zwei Jahre zuvor hatte die Umweltstiftung NatureLife, Ludwigsburg, Städte wegen absehbarer Zunahme von Hitzesommern auf­gerufen, zur Trinkwassersicherung für Krisenzeiten Regenwasser-Großzisternen anzulegen beziehungsweise zu fördern. Auch seien Städte als Träger der Bauleitplanung gefordert, vor dem Bau und der Sanierung von Gewerbeimmobilien für rechtlich verbindliche Regelungen zum Bau solcher Speicher zu sorgen.

Die Stiftung NatureLife fördert seit 1997 Projekte in der Region Stuttgart und im Ausland. Bereits 2009 hatte die Europäische Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen, die fundierte unabhängige Informationen über die Umwelt bereitstellt, gewarnt: „Die Wasserknappheit ist ein immer häufiger auftretendes und beunruhigendes Phänomen, das mindestens 11 % der europäischen Bevölkerung und 17 % des EU-Gebiets betrifft“. Dazu gehören seit Langem Ballungsräume auch in Deutschland, die ohne Fernwasserleitungen aus dem Umland selbst in normalen Jahren nicht mehr existieren könnten.

Doch wie geht es weiter, wenn die Ressourcen in den dafür angezapften Regionen nach einigen trockenen Jahren erschöpft sind?

Betriebswasser spart

Australien ist bekannt für chronischen Wassermangel und Restriktionen: Dort kommt es regelmäßig zum Verbot, Rasenflächen aus dem öffentlichen Netz zu bewässern. Sydney präsentierte nach massivem Druck von Greenpeace im Jahr 2000 die erste Sommerolympiade mit konsequentem Einsatz von Betriebswasser. Das ist gefiltertes Regenwasser sowie aufbereitetes Grau- und Abwasser, dessen Qualität zur Bewässerung und Toilettenspülung ausreicht. Die Hälfte des erforderlichen Trinkwassers konnte so auf den Sport- und Erholungsflächen des Olympiaparks Jahr für Jahr, auch nach der Veranstaltung, eingespart werden.

Diese Entwicklung setzte sich bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 fort: Südkorea hatte ein Gesetz erlassen, das die Betreiber von Stadien mit mehr als 2 400 m² Dachfläche zur Sammlung des anfallenden Regenwassers verpflichtet. Daher wird es an den ehemaligen Austragungsstätten in bis zu 900 m³ großen unterirdischen Speichern gesammelt, was etwa sechs Wochen zur Bewässerung des Stadionrasens reicht.

In Seoul, wo auch umliegende Rasenspielfelder und Außenanlagen sowie Toilettenspülungen in der Arena versorgt werden, wird Grundwasser eingesetzt. Allerdings handelt es sich dabei um ökologisch unbedenkliches Drainagewasser, das das ganze Jahr über von U-Bahn-Schächten abgepumpt werden muss. Und dazu kommt Grauwasser, welches als Beckenüberlauf in einer benachbarten Schwimmhalle ebenfalls ganzjährig anfällt.

Zur Fußball-WM 2006 in Deutschland mussten sämtliche Spielstätten nach FIFA-Reglement die Sitzflächen überdachen und gemäß kommunalen Richtlinien das anfallende Regenwasser bewirtschaften.

Foto: König

FIFA & Kommunen

Zur Fußball-WM 2006 in Deutschland mussten sämtliche Spielstätten nach FIFA-Reglement die Sitzflächen überdachen und gemäß neuen kommunalen Richtlinien das anfallende Regenwasser komplett auf den Stadion-Grundstücken bewirtschaften. Das Ableiten in den öffentlichen Kanal war laut Baugenehmigung, und Abwassersatzung der jeweiligen Kommune nicht mehr gestattet. In Berlin, Nürnberg und Stuttgart wird der Niederschlag seither vorwiegend genutzt, in Frankfurt komplett versickert. In Hamburg, Hannover, Köln und München wurden ähnliche Konzepte realisiert. Berlin hat 1 400 m³ nutzbares Speichervolumen, Nürnberg 900 m³ und Stuttgart 350 m³.

War anfänglich noch großer Wasser­bedarf für Toilettenspülung vorhanden, haben die meisten dieser Stadien heute wasserlose Urinale – und damit mehr Vorrat als zuvor für die Bewässerung. Falls in trockenen Zeiten die Regenmengen aufgebraucht sind, wird in der Regel aus eigenen Brunnen nachgespeist.

Interessant ist folgender Vergleich: Während Berlin mit 21 000 m² nur die Hälfte des Daches in den Speicher entwässert und die andere Hälfte direkt in unterirdischen Versickerungsanlagen, so genannten Rigolen, versickert, lässt Nürnberg den Niederschlag der kompletten Dachfläche von 37 000 m² über den Speicher laufen, und kommt so mit einem kleineren Volumen aus – weil sich dieses durch die wesentlich größere Sammel­fläche bei einem vergleichbaren Niederschlagsereignis deutlich schneller füllt. Allerdings sind dafür längere Sammel- und Überlauf-Leitungen notwendig.

Breitensport fehlt Regen

Im Breitensport, bei kleinen Vereinen ohne Tribünendach oder bei Freizeiteinrichtungen ohne Gebäude fehlen die typischen Regensammelflächen. Doch die Sportrasenflächen sind genauso groß wie beispielsweise im Olympiastadion von Berlin. Die Standardgröße eines Fußballfeldes beträgt hier wie dort 7 140 m². Und ein kleiner Verein muss wie ein Bundesligaclub je Bewässerung 100 – 150 m³ kalkulieren, um im Interesse der Rasenfestigkeit ein möglichst weit nach unten reichendes Wurzelwachstum zu erzielen.

Wenn aber die Dachfläche nicht 42 000 sondern nur 420 m² beträgt, was tun? Regenwasser von anderen Flächen sammeln oder andere Wasserquellen erschließen, so könnte das Motto lauten, falls Trinkwasser gespart werden soll und man in Trockenzeiten von Bewässerungsverboten der öffentlichen Wasserversorgung unabhängig sein möchte.

Eine alternative Wasserquelle für Sportvereine ist möglicherweise die Oberflächenentwässerung des eigenen Geländes sowie das Zurückführen des Wassers aus den Spielfelddrainagen. Das „Zuviel“ bei kräftigen Niederschlägen landet so im Regenspeicher. Beides geschieht seit 2000 in den Sportanlagen der Universität Würzburg, reicht aber nicht aus. Erst mit zusätzlichem Brunnenwasser wird eine optimale Bewässerung gewährleistet.

Ein Gedankenspiel: Regenwasser von Dachflächen der Nachbarn ist eine Möglichkeit, wenn es große Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft gibt und deren Regenwasser nicht genutzt wird. Für die Regenableitung müssten sie Niederschlagsgebühr bezahlen, falls eine Bewirtschaftung nicht möglich ist. Dieses Wasser abzugeben dürfte für die Nachbarn interessant sein.

Schematische Darstellung eines Regenwasserspeicher mit vorgelagertem Filterschacht im Zulauf (li.) sowie unterirdischer Versickerung des Überlaufs. Entnahme mit Unterwassermotorpumpen, die das Regenwassercenter versorgen.

Foto: Mall

Ressourcen für Parkanlagen

Das Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart führt in enger Kooperation mit den Grünflächen- und Tiefbauämtern der Städte Stuttgart und Frankfurt am Main eine Gesamtschau der urbanen Wasserbilanz durch. Konkret erfasst das Projekt „Interess I“ Aufkommen, Verfügbarkeit und Qualität urbaner alternativer Wasserressourcen systematisch und flächendeckend. Darunter sind Abläufe der (meist im Überlauf mit Trinkwasser betriebenen) Wasserspiele und Springbrunnen in Stuttgart (mehr als 250) und eine Vielzahl von an die Kanalisation angeschlossenen kleinen Drainagen und Quellaustritten. Auch die Grundwasserhaltungen für einige Büro- und Bankhochhäuser in Frankfurt, die bisher ungenutzt in die Regenwasserkanalisation entwässern, werden dokumentiert

Die Erhebungen zeigen, dass in beiden Städten bisher ein großes Potenzial alternativer Wasserressourcen nicht nur ungenutzt vorhanden ist, sondern eher noch als Problem für die Stadtentwässerung auftritt, in dem diese „Abwässer“ die freien Kapazitäten der Kanalisation bei Stark- regenereignissen verkleinern.

Konkret wird im Rahmen des „Pilotgebietes Wallanlagen“ in Frankfurt die Nutzung von Wasser aus der Grundwasserhaltung eines Bankhochhauses im Umfang von 50 000 m³ monatlich für die Bewässerung der Wallanlagen untersucht. Damit könnte eine nachhaltige Win-Win-Situation für den Hausbesitzer, die Stadtentwässerung der Stadt Frankfurt am Main sowie dem Grünflächenamt erreicht werden und, nicht zuletzt, für den urbanen Wasserhaushalt ebenso wie für das Stadtklima.

Alternative Wasserquellen

Wird Regenwasser genutzt und dafür ein Speicher geplant, kann die wirtschaftlich sinnvolle Größe durch Computer­simulation ermittelt werden. Die Berechnung bieten einige Speicherhersteller wie die Firma Mall Umweltsysteme aus Donaueschingen auf ihrer Unternehmenswebsite kostenfrei an. Wird mit Trinkwasser nachgespeist, ist zur Absicherung des Trinkwassernetzes der so genannte „Freie Auslauf“ vorgeschrieben, also zwingend erforderlich.

In anderen Fällen, wenn zum Beispiel bei leerem Regentank Brunnenwasser zum Einsatz kommt, genügt unter Umständen ein Rohrtrenner. Vorgeschrieben ist der Einsatz geeigneter Sicherungseinrichtungen nach DIN 19 88-100 in Verbindung mit DIN EN 1717, um Trinkwasser vor Verunreinigungen zu schützen. Bewässerungsspezialisten geben dazu Auskunft.

Klare Kennzeichnung nicht erdverlegter Leitungen: Um eine eine Verwechslung von Betriebs- und Trinkwasser zu vermeiden, sind die verschiedenen Leitungen gemäß Trinkwasserverordnung und DIN 1989 zu Regenwassernutzungsanlagen unterschiedlich farblich markiert.

Foto: König

Kosten

Da sind einmal Investitionskosten: Ein Speicher mit 120 m³ nutzbarem Wasservolumen inklusive Filter, Pumpen, Lieferung und Montage, jedoch ohne Erdarbeiten muss mit mindestens 60 000 Euro plus Mehrwertsteuer kalkuliert werden. Zuschüsse kann es in Hamburg und Bremen eventuell geben, ebenso in einigen Kommunen der anderen Länder. Bundesweit bieten die Landessportbünde Unterstützung an mit dem Förderprogramm „Sportstättenbau“ (Bau, Kauf und Sanierung von Vereinssportanlagen inklusive Wasserspeicher- und Bewässerungstechnik).

Hinzu kommen Betriebskosten: Für Inspektion sollte 1 %, für Wartung 3 % der Investition pro Jahr veranschlagt werden. Als weitere Betriebskosten kommt der Pumpenstrom dazu. Mögliche Einsparungen hängen von der Situation vor Ort ab. Stichworte sind Wasser- oder Niederschlagsgebühren, Vorschriften gemäß Abwassersatzung, Baugenehmigung und so weiter.

Praxisbeispiel

2004 kalkulierten die Planer beim Nürnberger Stadion Mehrkosten für die Regenwassernutzung gegenüber der reinen Versickerung von 220 000 Euro, jährliche Einsparungen für Wassergebühren von 11 900 Euro abzüglich Wartungs- und Stromkosten von 1 500 Euro. Damit ergab sich rechnerisch eine Amortisation von etwa 20 Jahren. Ein Jahr später war in Publikationen sogar von zehn Jahren zu lesen. Kleine Vereine sollten sich vor einer Umstellung der Sport­flächenbewässerung von Trinkwasser auf Betriebswasser vom Wasserversorgungsunternehmen bestätigen lassen, dass bei deutlicher Reduzierung der bezogenen Trinkwassermenge keine unzulässige Stagnation in der Zuleitung droht und keine Bereitstellungsgebühr oder andere Zuschläge erhoben werden. 

 www.mall.info

Von Klaus W. König

Klaus W. König
Freier Journalist
mail@klauswkoenig.com
Foto: Armin Buhl