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Lebensstil 22.09.2025, 07:00 Uhr

4-P-Regel für mehr Nachhaltigkeit im Alltag

Forschende der DTU haben die Umweltauswirkungen alltäglicher Entscheidungen untersucht und geben Verbrauchenden damit einen Leitfaden an die Hand, um nachhaltiger zu leben. Von Ernährung über Mobilität bis hin zu Wohnraum haben sie berechnet, wie sich der ökologische Fußabdruck effektiv verringern lässt, ohne auf Komfort verzichten zu müssen.

Ein gläserner Erdball auf einem Waldboden

Eine dänische Studie hat untersucht, wie sich ein grüner Lebensstil fördern lässt.

Foto: SmarterPix/rfphoto

In einer Welt, in der die natürlichen Ressourcen knapp werden und der Klimawandel immer bedrohlicher wird, sehnen sich viele Menschen nach einem nachhaltigeren Lebensstil. Doch oft fällt es schwer zu beurteilen, welche Entscheidungen im Alltag tatsächlich einen spürbaren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Forscher und Forscherinnen der Technischen Universität Dänemark (DTU) haben die Auswirkungen verschiedener Aktivitäten auf den Planeten untersucht. Ihr Ziel: Verbrauchern und Verbraucherinnen einen praktischen Leitfaden an die Hand zu geben, mit dem sie ihre Umweltbelastung reduzieren können, ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass vor allem in den Bereichen Ernährung, Mobilität, Konsum und Wohnen Potenzial für mehr Nachhaltigkeit schlummert.

Um ein Maß für einen akzeptablen ökologischen Fußabdruck pro Person und Jahr zu definieren, orientierten sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an sechs Umweltkategorien: Funktionelle Biodiversität, Klimawandel, Landnutzung, Eutrophierung der Meere, Ressourcennutzung und Wasserverbrauch. Anschließend berechneten sie, wie stark verschiedene Alltagsaktivitäten dieses jährliche „Emissionsbudget“ belasten. „Das ist so, als würden wir ein Lebensmittelprodukt kaufen und auf dem Etikett stünde nicht nur, wie viel Eiweiß und Zucker und so weiter es enthält, sondern auch, wie viel man davon essen darf, wenn man gesund bleiben will. Wir versuchen, dasselbe zu tun, indem wir Informationen darüber bereitstellen, welche Auswirkungen eine Handlung auf den Planeten hat“, erklärt Teddy Serrano, Doktorand an der DTU und Mitautor der Studie.

Nachhaltige Ernährung: Weniger Fleisch, mehr Pflanzen

Die Studienergebnisse verdeutlichen, dass unsere Ernährungsgewohnheiten einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt haben. Eine durchschnittliche omnivore Ernährung überschreitet gleich in drei Kategorien das vertretbare Jahresbudget: Funktionelle Biodiversität (384 %), Klimawandel (101 %) und Landnutzung (149 %). Wer hingegen auf eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise umsteigt, kann seine Klimabilanz deutlich verbessern und den Anteil am jährlichen Klimawandelbudget auf 33 % beziehungsweise 22 % senken. „Unsere Studie macht darauf aufmerksam, dass wir unseren derzeitigen Lebensstil grundlegend ändern müssen, wenn wir die Auswirkungen auf die Umwelt nachhaltig reduzieren wollen“, sagt Serrano.

Doch nicht nur bei der Ernährung, auch in puncto Mobilität können Verbraucher und Verbraucherinnen durch bewusste Entscheidungen viel für die Umwelt tun. Wer täglich 28 Kilometer mit einem durchschnittlichen Benzin- oder Dieselauto zurücklegt, hat bereits nach einem Jahr sein gesamtes Klimawandelbudget aufgebraucht (129 % bzw. 110 %). Ein Umstieg auf ein kleines Elektrofahrzeug reduziert diesen Wert immerhin auf 50 %, allerdings ist der Ressourcenverbrauch aufgrund der Batterie deutlich höher. Noch nachhaltiger ist es, für kürzere Strecken ganz auf das Auto zu verzichten: Ersetzen Pendler und Pendlerinnen ihren täglichen 22-Kilometer-Weg zur Arbeit mit dem Benzinauto durch ein E-Bike, sinkt ihr Anteil am Klimabudget von 62 % auf nur noch 5 %.

Nachhaltig wohnen und konsumieren

Auch Wohnsituation und Konsumverhalten bergen Potenzial für mehr Nachhaltigkeit. Kleinere Wohnungen benötigen weniger Baumaterialien und Heizenergie, was sich positiv auf die Umweltbilanz auswirkt. Beim Kauf von Kleidung und anderen Konsumgütern empfiehlt es sich, auf Qualität statt Quantität zu setzen und Produkte möglichst lange zu nutzen. Eine weitere Stellschraube ist der Wasserverbrauch: Wassersparende Armaturen, die Nutzung von Regenwasser für die Gartenbewässerung oder der Verzicht auf häufiges Duschen reduzieren den persönlichen Wasserfußabdruck spürbar. Mit der „4-P-Regel“ gibt das Forscherteam eine praktische Orientierungshilfe: Planes (Flugzeuge – wenig fliegen), Places (Wohnraum – je kleiner desto besser), Plates (Ernährung – pflanzliche Kost ist nachhaltiger) und Pedals (Fahrrad statt Auto) sind demnach die effektivsten Ansatzpunkte für einen nachhaltigeren Lebensstil.

Die Studie bewertet insgesamt 23 Alltagsaktivitäten in sechs Umweltkategorien und berücksichtigt dabei den gesamten Lebenszyklus. So fließen beispielsweise bei der Bewertung einer Autofahrt nicht nur die direkten Emissionen, sondern auch die Umweltkosten für Herstellung, Verschrottung und Straßenabnutzung ein. Als Referenzjahr dient 2050, basierend auf den Bevölkerungsprognosen der Vereinten Nationen. Die Berechnungen geben somit einen Ausblick, wie sich unser Lebensstil in den nächsten 25 Jahren entwickeln müsste, um im Einklang mit den planetaren Grenzen zu bleiben.

Jeder Beitrag zählt auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit

Auch wenn die Ergebnisse der DTU-Studie auf den ersten Blick entmutigend wirken, da sie verdeutlichen, wie weit der derzeitige Lebensstil vieler Menschen von einem nachhaltigen Ideal entfernt ist, so zeigen sie doch auch, dass jeder Einzelne durch bewusste Entscheidungen einen Unterschied machen kann. Ob fleischlose Ernährung, Verzicht auf Flugreisen, kleinerer Wohnraum oder Fahrrad statt Auto – all diese Veränderungen tragen dazu bei, den ökologischen Fußabdruck Schritt für Schritt zu verkleinern. Niemand muss von heute auf morgen sein gesamtes Leben umkrempeln. Vielmehr geht es darum, schrittweise nachhaltiger zu werden und die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Umwelt stärker in unsere Entscheidungen einzubeziehen.

Von Julia Klinkusch