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Kritische Metalle im Kreislauf 30.10.2025, 16:00 Uhr

Schwarzmasse soll in der EU bleiben

Die EU will kritische Metalle aus gebrauchten Batterien in der EU halten. Sie hat dazu Schwarzmasse, ein metallhaltiges Pulver beim Batterierecycling, als gefährlichen Abfall eingestuft. Dieser Abfall darf seit Juni nicht mehr in Nicht-OECD-Länder wie China exportiert werden. Dennoch gelangen immer noch große Mengen Schwarzmasse genau dorthin. Das ist auch hausgemacht: Es wird kaum kontrolliert und Kapazitäten, um diese Metalle wiederzuverwerten, fehlen.

Blick auf das Werk von Accurec Recycling in Krefeld. Auch das zweite Werk steht in Nordrhein-Westfalen: in Mülheim an der Ruhr. Foto: Accurec Recycling

Blick auf das Werk von Accurec Recycling in Krefeld. Auch das zweite Werk steht in Nordrhein-Westfalen: in Mülheim an der Ruhr.

Foto: Accurec Recycling

Schwarzmasse ist ein Zwischenprodukt beim Recycling von Batterien, auch von Lithium-Ionen-Batterien. Diese Masse enthält große Mengen an kritischen Metallen wie Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan und ist daher eine begehrte Rohstoffquelle. Diese Metalle, die für Batterien, Elektroautos sowie weitere zahlreiche Hightech-Anwendungen unverzichtbar sind, lassen sich zurückgewinnen: Hat eine Batterie eines E-Auto oder eines Geräts ihr Nutzungsende erreicht, wird sie für das Recycling zunächst mechanisch zerkleinert. Dabei fällt ein dunkles Pulver an: Schwarzmasse (siehe Kasten am Ende).

In ihr steckt der Löwenanteil der wertvollen Metalle, die sich mit aufwendigen pyro- und hydrometallurgischen Verfahren zurückgewinnen lassen. Die EU hat für die wertvollen Metalle in der Verordnung über Batterien und Altbatterien im Juli 2023 Recyclingquoten vorgegeben: Beim Lithium liegt die Quote in 2028 bei 30 %, bis 2032 sollen es 50 % sein; Kobalt und Nickel müssen bis 2032 zu 95 % wiedergewonnen werden.

Für die EU sind diese Quoten wichtig. Die Wirtschaft ist auf diese Rohstoffe angewiesen, da sie zum Großteil aus wenigen Regionen stammen, die zudem geopolitisch heikel sind: Lithium aus China, Nickel aus Russland, Kobalt aus dem Kongo. Die Abhängigkeit schlägt sich in massiven Preisschwankungen nieder: So hat sich der Lithiumpreis im Jahr 2022 zeitweise verzehnfacht.

Schwarzmasse wird exportiert

Um diese Rohstoffe in der EU zu halten, hat die EU im März 2025 das Abfallverzeichnis hinsichtlich batteriebezogener Abfälle aktualisiert: Seit dem 9. Juni 2025 gilt Schwarzmasse als „gefährlicher Abfall“. Seitdem darf dieser Abfall nach einem internationalen Abkommen – dem Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle – nicht mehr in Nicht-OECD-Länder wie China oder Indien ausgeführt werden. Nicht nur das: Vom 9. November 2026 an ist die Ausfuhr von Schwarzmasse in OECD-Staaten außerhalb der EU wie Großbritannien, die Schweiz und die USA und auch innerhalb der EU nur mit Genehmigung möglich.

Beide Verbote sollen sicherstellen, dass die in der EU zurückgewonnene Batterierohstoffe künftig in der EU recycelt und hier in den Wirtschaftskreislauf eingespeist werden. Diese Einstufung führt zwar auch zu höheren Anforderungen etwa beim Transport und im Arbeitsschutz. Dennoch begrüßt die Recyclingbranche diese Entscheidung.

Denn zurzeit landet ein erheblicher Teil der Schwarzmasse aus der EU in Asien, vor allem in China und Südkorea. Branchenfachleuten zufolge verlassen derzeit jährlich rund 15 000 t Schwarzmasse die EU – Tendenz bislang steigend. Damit gehen wertvolle Rohstoffe der EU-Wirtschaft in großem Stil verloren. Denn aus 1 t Schwarzmasse lassen sich Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan im Gegenwert von – je nach Marktlage – 2 500 bis 7 500 € extrahieren. Ein Vergleich: Recyceltes Polyethylenterephthalat (PET), das stark nachgefragte Ausgangsmaterial für neue PET-Getränkeflaschen, bringt um die 1 000 €/t.

Schwarzmasse, zurückgewonnen aus Batterien.

Foto: Accurec Recycling

EU: Recyclingkapazitäten fehlen

Ein Grund für die Ausfuhr ist, dass Recycling in Asien nicht zuletzt wegen staatlicher Subvention günstig ist, und daran, dass in der EU Recyclingkapazitäten fehlen. Zwar sind mehr als 20 Unternehmen in das Geschäft mit dem Batterierecycling eingestiegen, häufig unterstützt durch EU-Förderprogramme. Doch viele Vorhaben stecken in der Planung, sind nie über Ankündigungen hinausgekommen oder scheiterten – teils mit spektakulären Insolvenzen wie im Fall des schwedischen Batterieproduzenten Northvolt.

Ganz anders in Asien: China und Südkorea verfügen bereits über Recyclingkapazitäten von mehreren Hunderttausend Tonnen jährlich. Die dortigen Anlagen verarbeiten Schwarzmasse in großem Stil hydrometallurgisch zu chemischen Vorprodukten für neue Batterien – ein Wettbewerbsvorteil, der die Industrie in der EU zunehmend unter Druck setzt.

Bislang gelingt es nur einem Unternehmen in der EU, die gesamte Kette des Recyclings industriell zu betreiben: Accurec aus Krefeld. Mit einem patentierten Verfahren verwertet die Firma Lithium-Ionen-Batterien genau so wie einfache Gerätebatterien, erzeugt in einer innovativen Kombination aus pyro- und hydrometallurgischen Verfahren zunächst Schwarzmasse und gewinnt daraus Endprodukte wie Lithiumcarbonat (Li2CO3) sowie Nickel-Kobalt-Metalle zurück.

Schlupflöcher schließen

Damit der wertvolle Rohstoff Schwarzmasse nicht weiter in großem Stil abfließt, braucht es engmaschige Kontrollen der Recyclingströme sowie bessere Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Behörden müssten dazu den Verbleib jeder erzeugten Tonne Schwarzmasse nachverfolgen können. Auch sind Schlupflöcher zu schließen – etwa, wenn Unternehmen Schwarzmasse als „Produkt“ deklarieren, um Exportauflagen zu umgehen. So wird nach Branchenkenntnissen nach wie vor aus dem Batterierecycling gewonnene Schwarzmasse trotz der Neueinstufung größtenteils auf diese Weise nach China und Südkorea exportiert.

Dafür gibt es zwei Gründe: zum einen die fehlenden Kapazitäten in der EU, zum anderen einen hohen Ankaufreiz: Denn Schwarzmasse als günstige Sekundärquelle für Batteriemetalle senkt die Herstellungskosten asiatischer Batterien zusätzlich.

Rohstoffquelle Altbatterien.

Foto: Accurec Recycling

Gefahr für die EU-Kreislaufwirtschaft

Die anhaltenden Exporte schwächen nicht nur die Versorgungssicherheit. Sie untergraben auch die EU-Vision einer zirkulären Wirtschaft: Denn Investitionen in Recyclinginfrastruktur bleiben aus, wenn wichtige Rohstoffquellen weiterhin nach Asien abwandern. Ob die EU ihre Ziele erreicht, hängt davon ab, ob es gelingt, heimische Kapazitäten aufzubauen – und ob Unternehmen wie Accurec die Nische zu einem echten industriellen Standard in Europa machen können. Denn nur wenn Schwarzmasse hier bleibt, kann der Rohstoffkreislauf bei Batterien geschlossen werden und nur so wird die europäische Wirtschaft unabhängiger von geopolitischen Risiken.

Von Dr. Beate Kummer

Dr. Beate Kummer ist Director Public Affairs and Sustainability bei der Christ & Company GmbH & Co. KG
kummer@christ-company.com